Abendstern - Roman
die über die glatte Fläche rollten, Jubelrufe von Spielern und Zuschauern. Es roch nach Bier und Wachs und dem klebrigen orangefarbenen Käse, der zu den Nachos serviert wurde,
die jemand auf einer der benachbarten Bahnen gerade kaute.
Zeitlos amerikanisch, dachte sie und entwarf im Geiste bereits einen Artikel über die Erfahrung. Ein jahrhundertealter Sport - das musste sie recherchieren -, gute, saubere Familienunterhaltung.
Sie hatte das Gefühl, dass sie es relativ schnell begriff, warf allerdings manchmal absichtlich daneben, damit Cal ihre Haltung korrigieren konnte.
Dabei überlegte sie, dass sie in ihrem Artikel vielleicht doch eher erwähnen sollte, wie sexy Bowling war. Unwillkürlich musste sie grinsen.
Dann passierte es. Sie ließ die Kugel los, und sie rollte auf der Mitte der Bahn entlang. Überrascht trat sie einen Schritt zurück und drückte die Hände an den Kopf.
»Oh. Oh. Sehen Sie nur! Sie wird …«
Es gab einen Krach, und dann flogen die Pins in alle Richtungen.
»Oh, mein Gott!« Quinn hüpfte hoch. »Haben Sie das gesehen? Haben Sie …« Außer sich vor Freude drehte sie sich um. Er grinste sie an.
»Oh, Sie Bastard«, murmelte sie. »Ich schulde Ihnen zehn Dollar.«
»Sie lernen schnell. Möchten Sie es noch einmal probieren?«
Sie trat auf ihn zu. »Ich glaube, ich habe mich … verausgabt. Aber ich komme gerne an einem anderen Abend für Lektion Nummer zwei vorbei.«
»Ja, das wäre schön.« Sie setzten sich nebeneinander und zogen die Bowlingschuhe aus. »Ich bringe Sie ins Hotel.«
»Gut. Danke.«
Er holte seine Jacke und sagte zu dem Jungen hinter der Schuhtheke: »Ich bin in zehn Minuten wieder da.«
»Es ist so still«, sagte Quinn, als sie nach draußen kamen. »Hören Sie doch nur, wie still es ist.«
»Der Lärm beim Bowlen gehört zum Spaß dazu, und die Ruhe danach ist die Belohnung.«
»Wollten Sie jemals etwas anderes machen, oder sind Sie schon mit dem glühenden Wunsch auf die Welt gekommen, eine Bowlingbahn zu führen?«
»Einen Familienvergnügungspark«, korrigierte er sie.
»Wir haben ein ganzes Center - Flipper, Skeeball, Videospiele und einen Bereich für Kinder unter sechs. Bei uns kann man private Partys geben - Geburtstagspartys, Junggesellenpartys, Hochzeitsempfänge …«
»Hochzeitsempfänge?«
»Ja, klar. Bar-Mizwas, Jubiläen, Unternehmensfeiern.«
Das gab definitiv eine Menge für einen Artikel her, dachte sie. »Viele Arme an einem einzigen Körper.«
»Das könnte man so sagen.«
»Warum sind Sie nicht verheiratet und ziehen die nächste Generation groß?«
»Bisher bin ich der großen Liebe noch nicht begegnet.«
»Ah.«
Trotz der klirrenden Kälte war es ein schöner Spaziergang. Cal passte seine Schritte mühelos ihren an, und der Atem stand ihnen weiß vor dem Mund.
Er hatte so eine lockere Art und hinreißend schöne
Augen, und es gab entschieden Schlimmeres, als sich die Füße in Stiefeln abzufrieren, die eher schick als praktisch waren.
»Kann ich Sie morgen erreichen, wenn mir eine drängende Frage einfällt, die ich Ihnen unbedingt stellen muss?«
»Ich bin unterwegs«, erwiderte er. »Aber ich kann Ihnen meine Handynummer geben, wenn …«
»Warten Sie.« Sie kramte in ihrer Tasche und zog ihr Handy heraus. Im Gehen drückte sie auf ein paar Tasten. »Sagen Sie.«
Er rasselte seine Nummer herunter. »Eine Frau, die nicht nur in den Tiefen ihrer Tasche sofort findet, was sie sucht, sondern auch noch mit elektronischen Geräten umgehen kann, erregt mich.«
»Ist das etwa eine sexistische Bemerkung?«
»Nein. Meine Mutter weiß immer, wo alles ist, aber die Fernbedienung begreift sie nicht. Meine Schwester Jen kann mit allen technischen Dingen umgehen, ist aber nicht in der Lage, irgendetwas unter zwanzig Minuten Suchen zu finden, meine andere Schwester, Marly, findet nichts und lässt sich sogar von ihrem elektrischen Dosenöffner einschüchtern. Und Sie, Sie können alles.«
»Ich war schon immer die reinste Sirene.« Sie steckte ihr Handy wieder in die Tasche und stieg mit ihm die Treppe zum Hotel hinauf. »Danke für Ihre Begleitung.«
»Gern geschehen.«
Es war einer dieser Momente, das spürte sie ganz deutlich. Sie fragten sich beide, ob sie sich nur die Hand
schütteln oder der Neugier nachgeben und einen Kuss wagen sollten.
»Lassen Sie uns lieber auf der sicheren Seite bleiben«, beschloss sie. »Ich muss zugeben, Ihr Mund gefällt mir, aber wenn ich jetzt damit anfange, vergesse ich am Ende,
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