Abendstern - Roman
dich ist es klar, und ich wünschte, es wäre nicht so. Wenn du glaubst, dass diese Schriftstellerin die Antworten finden kann, dann unterstütze ich dich natürlich dabei.«
»Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Darüber bin ich mir noch nicht im Klaren.«
»Na ja. Ich schaue mal bei Cy nach dem Rechten. So langsam kommen die ersten Abendgäste.«
Er stand auf und blickte sich um. Er hörte die Echos aus seiner Jugend und die Rufe seiner Kinder. Er sah seinen Sohn als Jungen mit den beiden anderen Jungen, die für Cal wie Brüder waren, an der Theke sitzen.
»Es ist schön hier, Cal. Es lohnt sich, dafür zu arbeiten. Es lohnt sich, dafür zu kämpfen.«
Er klopfte seinen Sohn auf die Schulter und ging weg.
Sein Vater hatte die ganze Stadt gemeint, dachte Cal, nicht nur das Center. Doch Cal machte sich große Sorgen, dass der Kampf eine wahre Höllenschlacht würde.
Er fuhr direkt nach Hause. Der meiste Schnee war schon geschmolzen. Am liebsten wäre er zu Quinn gegangen, um zu erfahren, worüber sie und seine Urgroßmutter geredet hatten. Aber es war wohl besser, dachte er dann, wenn er bis morgen wartete. Auf dem Weg zum Heidenstein konnte er es wahrscheinlich besser aus ihr herauskitzeln.
Er blickte zum Wald. Der Weg wäre schlammig, nachdem der Schnee geschmolzen war.
Ob der Dämon sich dort aufhielt? Hatte er einen Weg
gefunden, die Sieben zu umgehen? Vielleicht, aber heute Nacht nicht. Er spürte ihn heute Nacht nicht. Und das tat er immer.
Allerdings musste er zugeben, dass er sich weniger ausgeliefert fühlte, wenn er im Haus war und wenn er das Licht eingeschaltet hatte.
Er ging durch das Haus zur Hintertür, öffnete sie und stieß einen Pfiff aus.
Lump ließ sich Zeit, wie immer. Er schleppte sich aus seiner Hundehütte und ließ sich sogar zu leichtem Schwanzwedeln herab, bevor er die wenigen Stufen zur Veranda hinaufkletterte. Dann lehnte er sich seufzend mit seinem ganzen Gewicht an Cal.
Und das, dachte Cal, war Liebe. Das hieß in Lumps Welt: Willkommen zu Hause, wie geht es dir?
Er streichelte und kraulte das dichte Fell, kratzte ihn hinter den Ohren, während Lump ihn seelenvoll anblickte. »Na, wie geht es dir so? Hast du heute alles erledigt? Was hältst du davon, wenn wir uns ein Bier holen?«
Gemeinsam gingen sie ins Haus. Cal füllte den Hundenapf, während Lump höflich wartend dabeisaß. Allerdings vermutete Cal, dass ein großer Teil seiner guten Manieren auf reiner Faulheit beruhte. Als er die Schüssel vor ihn auf den Boden stellte, fraß Lump langsam und absolut konzentriert.
Cal nahm sich ein Bier aus dem Kühlschrank und öffnete es. Dann lehnte er sich an die Theke und trank den ersten Schluck, der das Ende eines langen Arbeitstages signalisierte.
»Ich habe im Moment eine ganze Menge Scheiße am
Hals, Lump. Hätte ich Quinn vielleicht besser davon abhalten sollen hierherzukommen? Aber ich bin mir nicht sicher, ob das funktioniert hätte, weil sie ihren eigenen Kopf hat. Vielleicht hätte ich besser anders reagieren sollen, es als lächerlich abtun sollen. Ach, ich weiß nicht.«
Er hörte, wie die Haustür aufging, und dann rief Fox: »Hallo!« Er hatte Hühnchen und Pommes mitgebracht. »Ich will ein Bier.«
Er stellte das Essen auf den Tisch und holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank. »Das war ja eine ziemlich abrupte Aufforderung, mein Sohn! Ich hätte heute Abend ja auch ein heißes Date haben können.«
»Du hattest seit zwei Monaten kein heißes Date mehr.«
»Ich hebe mir das auf.« Fox trank einen Schluck, zog seine Jacke aus und warf sie über einen Stuhl. »Was ist los?«
»Ich erzähle es dir beim Essen.«
Da seine Mutter es ihm nachdrücklich beigebracht hatte, begnügte sich Cal auch bei seinem besten Freund nicht mit Papptellern, sondern stellte zwei Porzellanteller auf den Tisch. Dann setzten sie sich und aßen Brathühnchen mit Pommes Frites, die sie brüderlich mit Lump teilten.
Er erzählte Fox alles, von der Feuerwand über Quinns Traum bis hin zu dem Gespräch, das sie mit seiner Urgroßmutter geführt hatte.
»Für Februar haben wir den Scheißkerl schon ganz schön oft gesehen«, sinnierte Fox. »Das war noch nie so. Hast du letzte Nacht was geträumt?«
»Ja.«
»Ich auch. Ich habe noch einmal den ersten Sommer geträumt. Nur dass wir nicht rechtzeitig in die Schule gekommen sind, in der sich nicht nur Miss Lister aufhielt, sondern alle.« Er rieb sich mit der Hand übers Gesicht und trank einen Schluck Bier. »Alle aus der
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