Abendstern - Roman
ich es beschlossen habe. Ich muss mir nur noch überlegen, wie ich alles regele.«
»Ich habe schon ein paar Ideen, aber lass mich noch mal drüber nachdenken. Die Blumen sind echt hübsch. Sie heitern einen an so einem Tag richtig auf, oder?«
»Ja, Fox hat sie mir geschenkt. Ich bin ihm vor dem Blumenladen begegnet und habe ihm alles erzählt.« Layla zuckte mit den Schultern. »Eigentlich hat er nur gefragt, wie es mir geht, und schon ist alles aus mir herausgesprudelt.« Sie lachte leise. »Gott, ich habe ihn richtig angefaucht. Er hat mir die Blumen in den Arm gedrückt, die er gerade gekauft hat, und hat mir eine kurze, prägnante Strafpredigt gehalten. Ich habe es vermutlich verdient.«
»Hmm. Und jetzt geht es dir besser?«
»Besser?« Layla trat in ihr kleines Esszimmer und stellte drei Flaschen mit Blumen auf den Klapptisch, den sie auf dem Flohmarkt gekauft hatten. »Auf jeden Fall entschlossener. Ob es besser ist, weiß ich noch nicht.«
»Ich habe etwas für dich zu tun.«
»Gott sei Dank! Es macht mich schon ganz nervös, dass ich so viel freie Zeit habe.«
»Komm mit. Und stell dir ein paar von den Blumen auch in dein Zimmer.«
»Ich dachte, sie sind für das Haus, schließlich hat er sie ja nicht extra für mich gekauft oder …«
»Aber er hat sie dir geschenkt, also nimm dir auch welche mit nach oben. Die Tulpen musste ich ja auch in mein Zimmer stellen.« Um erst gar keine weitere Diskussion aufkommen zu lassen, ergriff Quinn selbst zwei der Töpfe und eine Flasche mit Blumen. »Ach so, Kaffee.«
»Den nehme ich schon.« Layla schenkte Quinn einen Becher ein und nahm sich eine kleine Flasche Wasser. »Was soll ich tun?«
»Bücher lesen.«
»Wir haben die Bücher aus der Bibliothek doch schon gelesen.«
»Wir haben jetzt welche aus Essie Hawkins’ persönlichen Beständen. Ein paar davon sind Tagebücher, ich habe sie mir selbst noch nicht richtig angeschaut«, erklärte Quinn, als sie nach oben gingen. »Ich bin ja auch erst kurz vor dir nach Hause gekommen. Drei Tagebücher stammen von Ann Hawkins, aus der Zeit nach der Geburt ihrer Kinder. Ihrer Kinder mit Giles Dent.«
»Aber Mrs Hawkins hat sie doch bestimmt schon gelesen und sie Cal gezeigt.«
»Ja, das stimmt. Aber wir haben sie noch nicht gelesen, Layla, und wir gehen sozusagen mit frischen Augen daran. Unter einem anderen Blickwinkel.« Sie stellte die Blumen in Laylas Zimmer, dann nahm sie
ihren Kaffeebecher und ging mit Layla in ihr Büro. »Die erste Frage habe ich mir schon notiert: Wo sind die anderen?«
»Die anderen Tagebücher?«
»Ja, denn ich könnte wetten, dass Ann noch mehr geschrieben hat. Wo sind zum Beispiel die Tagebücher aus der Zeit, als sie mit Dent zusammengelebt hat und mit Drillingen schwanger war? Wo sind sie, warum sind sie nicht bei den anderen?«
»Vielleicht sind sie verloren gegangen oder wurden vernichtet.«
»Hoffentlich nicht.« Quinn kniff die Augen zusammen und ergriff einen kleinen, in braunes Leder gebundenen Band. »Ich denke nämlich, dass sie uns auf einige Fragen Antwort geben kann.«
Erst nach sieben kam Cal aus dem Center weg, und auch dann hatte er ein schlechtes Gewissen, weil er seinen Vater allein ließ. Er hatte Quinn am späten Nachmittag angerufen, um ihr zu sagen, er käme so bald wie möglich. Sie hatte geistesabwesend geantwortet, er solle etwas zu essen mitbringen.
Sie müsste sich mit Pizza begnügen, dachte er, als er die Treppe zu ihrer Haustür hinaufging. Er hatte weder Zeit noch Lust gehabt, sich mit ihren neuen Essgewohnheiten auseinanderzusetzen.
Während er an der Tür stand, fuhr ihm ein Windstoß über den Rücken, und er blickte sich unbehaglich um. Irgendetwas kommt, dachte er. Irgendetwas ist im Wind.
Fox machte ihm die Tür auf. »Gott sei Dank, Pizza
und ein weiterer Testosteronträger. Ich war in der Minderheit, Kumpel.«
»Wo ist das Östrogen?«
»Oben. In Bücher und Notizen vertieft. Layla macht Schaubilder. Ich habe den Fehler begangen, ihnen zu erzählen, dass ich eine Standtafel im Büro habe, dann musste ich sie hierher schleppen.« Cal legte die Pizzaschachteln auf die Küchentheke, und Fox nahm sich sofort ein Stück heraus. »Sie haben auch irgendwas von Karteikarten gesagt. Farbige Karteikarten. Lass mich hier nicht mehr allein.«
Cal grunzte nur. Er öffnete die Kühlschranktür und stellte fest, dass Fox den Biervorrat aufgefüllt hatte. »Vielleicht waren wir nie organisiert genug und haben deshalb irgendwas übersehen.
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