Abendstern - Roman
Tür, und seine Mutter steckte den Kopf herein. »Hast du einen Moment Zeit für mich?«
»Immer. Willst du ein paar Runden bowlen?«
»Ganz bestimmt nicht.« Frannie liebte ihren Mann, aber sie bemerkte gerne, dass Bowling in ihrem Ehegelübde nicht eingeschlossen war.
»Mit wem gehst du denn zum Mittagessen?«
»Woher weißt du, dass ich zum Mittagessen gehe?« Cal wies auf ihr schickes Jackett, ihre enge Hose und die hochhackigen Stiefel. »Für einen Einkaufsbummel bist du zu elegant.«
»Na, du bist ja ein kluger Junge. Ich muss ein paar Besorgungen machen, treffe mich aber dann mit Joanne Barry zum Mittagessen.«
Cal nickte. Das war Fox’ Mutter.
»Wir sehen uns ja ab und zu, aber gestern hat sie mich extra angerufen, um sich mit mir zu verabreden. Sie macht sich Sorgen. Deshalb wollte ich dich fragen, ob es irgendetwas gibt, was ich wissen sollte.«
»Es ist alles so weit unter Kontrolle, Mom. Ich weiß im Moment noch keine Antworten, sondern habe mehr Fragen, aber das ist schon ein Fortschritt. Du könntest
Fox’ Mom fragen, ob einer ihrer Vorfahren ein Hawkins war.«
»Meinst du, wir sind irgendwie miteinander verwandt? Würde es dir denn etwas nützen, das zu wissen?«
»Es könnte auf jeden Fall nicht schaden, die Antwort zu kennen.«
»Dann frage ich sie. Wie ist es mit dir? Ist alles in Ordnung?«
»Ja.«
»Okay.« Sie erhob sich. »Ich habe noch eine Menge zu tun, bevor ich mich mit Jo treffe.« Sie wandte sich zur Tür, drehte sich aber noch einmal um. »Ich wollte ja eigentlich nicht fragen, aber dazu fehlt mir die Willenskraft. Ist das mit dir und Quinn Black etwas Ernstes?«
»In welcher Hinsicht?«
»Caleb James Hawkins!«
Er hätte gelacht, aber er reagierte immer noch auf ihren strengen Tonfall. »Ich weiß nicht genau. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es unter den gegenwärtigen Umständen klug wäre. Es steht so viel auf dem Spiel.«
»Aber ist nicht immer irgendetwas?«, erwiderte Frannie. Sie legte die Hand auf die Türklinke und lächelte ihn an. »Mein besonnener Junge.«
Als Cal wieder allein war, arbeitete er weiter, aber nach einer Weile erinnerte ihn der Duft vom Grill daran, dass er noch kein Frühstück hatte. Rasch holte er sich eine warme Brezel und ein Coke.
Danach beschloss er, er könne sich eine kleine Pause leisten, um sich noch ein wenig mit Ann Hawkins zu beschäftigen.
Sie war ihm jetzt zweimal in drei Tagen erschienen. Beide Male war es eine Art Warnung gewesen. Früher hatte er sie nur in seinen Träumen gesehen, aber jetzt war es anders, er hatte auch ein anderes Gefühl dabei.
Er wusste, dass Quinn mit den Tagebüchern recht hatte. Es musste mehr davon geben. Vielleicht befanden sie sich ja noch in der alten Bibliothek. Er würde auf jeden Fall gründlich danach suchen. Sollten sie allerdings irgendwie in die neue Bibliothek gelangt sein, dann konnte sich die Suche schnell zu einem Alptraum auswachsen.
Er musste mehr über Ann erfahren, damit sie ihn zu den Antworten führte.
Wo war sie in diesen fast zwei Jahren gewesen? Alles wies darauf hin, dass sie in der Nacht des Feuers auf der Lichtung verschwunden und erst wieder aufgetaucht war, als ihre Söhne zwei Jahre alt waren.
»Wo warst du, Ann?«
Wohin ging eine Frau, die Drillinge erwartete, in den letzten Wochen vor der Geburt? Das Reisen musste äußerst beschwerlich für sie gewesen sein. Es war ja damals schon ohne Schwangerschaft mühevoll genug.
Es hatte natürlich andere Ansiedlungen gegeben, aber soweit er wusste, nichts, wohin eine Frau in ihren Umständen hätte gehen oder auch reiten können. Also musste es ganz in der Nähe gewesen sein. Jemand hatte sie bei sich aufgenommen.
Ob es eine Verwandte gewesen war?
Möglicherweise auch eine Freundin oder eine freundliche alte Witwe, aber Familie war am wahrscheinlichsten.
Es war zwar schwierig, etwas über Ann Hawkins herauszufinden, aber über ihren Vater, den Gründer von Hollow, gab es viel Material.
Er hatte natürlich alles über ihn gelesen, aber nie unter diesem Gesichtspunkt. Jetzt holte er sich alles wieder auf den Bildschirm, was er über James Hawkins gesammelt hatte.
Er war ganz in seine Arbeit vertieft, als die Tür aufging und Quinn, genau wie seine Mutter früher am Morgen, den Kopf hereinsteckte.
»Ach, du arbeitest. Ich störe dich ja ungern, aber …«
»Ist schon okay.« Cal blickte zur Uhr und stellte schuldbewusst fest, dass seine Frühstückspause länger als eine Stunde gedauert hatte. »Ich habe mich
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