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Abendstern - Roman

Abendstern - Roman

Titel: Abendstern - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Bibliothek verwandelt wurde, aber als dann die neue Bibliothek gebaut wurde, haben sie es wieder in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt. Jedenfalls im Großen und Ganzen.«
    Es standen ein paar Tische und Stühle im Raum, und jemand hatte versucht, mit antiken Lampen, Tonkrügen und Schnitzereien eine gemütlich altmodische Atmosphäre zu erzeugen. Quinn hatte gehört, dass die Historische Gesellschaft oder der Gartenbauverein hier
ihre Treffen abhielten. Bei Wahlen gaben die Bürger hier ihre Stimme ab.
    »Ein steinerner Kamin«, sagte sie. »Das ist zum Beispiel ein hervorragender Platz, um etwas zu verstecken.« Sie klopfte gegen einzelne Steine. »Außerdem gibt es hier einen Speicher. Essie sagte, er wird als Lagerraum benutzt. Speicher sind wahre Fundgruben.«
    »Warum sind solche Gebäude eigentlich immer so kalt und unheimlich, wenn keiner drin ist?«, fragte Layla.
    »Wir sind doch drin. Kommt, wir fangen oben an«, schlug Quinn vor. »Und dann arbeiten wir uns langsam nach unten.«
     
    »Speicher sind wahre Fundgruben«, sagte Cybil zwanzig Minuten später, »für Staub und Spinnen.«
    »So schlimm ist es doch gar nicht.« Quinn kroch über den Fußboden, weil sie hoffte, auf ein loses Dielenbrett zu stoßen.
    »Aber auch nicht besonders schön.« Layla stand mutig auf einem Stuhl und überprüfte die Balken. »Ich verstehe nicht, warum die Leute ihre Lagerräume nicht genauso regelmäßig säubern wie alles andere.«
    »Früher war es sauber. Sie hielt es sauber.«
    »Wer …«, begann Layla, aber Cybil brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. Stirnrunzelnd blickte sie Quinn an.
    »Ann Hawkins?«
    »Ann und ihre Söhne. Sie hat sie nach Hause gebracht und hier auf dem Speicher mit ihnen gelebt, bis sie alt genug waren, unten ein Zimmer zu bewohnen.
Aber sie blieb hier. Sie wollte hoch oben sein, um einen Ausblick zu haben. Sie wusste zwar, dass er nicht kommen würde, aber sie wollte trotzdem nach ihm Ausschau halten. Sie war glücklich hier, einigermaßen glücklich. Und als sie hier starb, war sie bereit zu gehen.«
    Abrupt hockte Quinn sich hin. »Ach, du lieber Himmel, war ich das?«
    Cybil musterte Quinns Gesicht. »Das weißt nur du.«
    »Ja, ich glaube schon.« Sie presste die Fingerspitzen an die Schläfen. »Verdammt, ich habe schreckliche Kopfschmerzen. Ich habe alles in meinem Kopf gesehen, so klar wie in einem Film. Jahre schrumpften zu Sekunden. Ich habe es gefühlt. Das ist doch bei dir auch so, oder?«
    »Oft«, erwiderte Cybil.
    »Ich habe gesehen, wie sie in ihr Tagebuch geschrieben und ihren Söhnen die Gesichter gewaschen hat. Ich habe sie lachen und weinen sehen. Ich habe sie am Fenster stehen und in die Dunkelheit blicken sehen. Ich habe …« Quinn legte eine Hand aufs Herz. »Ich habe ihre Sehnsucht gespürt. Es war … brutal.«
    »Du siehst nicht gut aus.« Layla berührte sie an der Schulter. »Wir sollten nach unten gehen, damit du etwas trinken kannst.«
    »Ja. Ja, wahrscheinlich.« Sie ergriff Laylas Hand und stand auf. »Vielleicht sollte ich es noch einmal versuchen, damit wir mehr erfahren.«
    »Du bist schrecklich blass«, sagte Layla. »Und, Liebes, deine Hand ist eiskalt.«

    »Das ist genug für heute«, stimmte Cybil zu. »Zwing dich nicht.«
    »Ich habe nicht gesehen, wo sie die Tagebücher versteckt hat. Ich habe es nicht gesehen.«

17
    Es war nicht der richtige Zeitpunkt, über einen zerbrochenen Stein zu sprechen, dachte Cal, als Quinn ihm aufgeregt von ihrer Reise in die Vergangenheit berichtete.
    Er überlegte, ob er das Thema anschneiden sollte, als sie ihn in ihr Arbeitszimmer zerrte, um ihm die neuen Tabellen zu zeigen, die Layla angelegt hatte.
    Er vergaß es, als er mit ihr im Bett lag und sich alles so richtig anfühlte, als sie sich mit ihm bewegte.
    Danach war es zu spät, darüber zu sprechen, weil sie sich an ihn schmiegte, um mit ihm einzuschlafen.
    Vielleicht vermied er das Thema ja, aber vermutlich lag es nur daran, dass er die Dinge gerne zur richtigen Zeit und am richtigen Ort tat. Er hatte sich am Sonntag extra freigenommen, um mit der ganzen Gruppe zum Heidenstein zu wandern. Das, so dachte er, war die richtige Zeit und der richtige Ort.
    Aber dann vereitelte die Natur seinen schönen Plan.
    Misstrauisch schaute er sich die Wetterberichte an, die für das Wochenende schwere Schneestürme voraussagten.
Seiner Erfahrung nach konnten sich auch Meteorologen irren, er war selbst dann noch nicht überzeugt, als es am Vormittag zu

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