Abendstern - Roman
abgelegt, deshalb müssen wir alle damit einverstanden sein. Wenn es nicht so wäre, hätte ich …«
»Dann hättest du Quinn deinen schon gezeigt«, beendete Fox den Satz. »Vielleicht hast du ja recht. Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert. Es könnte durchaus sein, dass wir zu sechst sein müssen, um ihn wieder zusammenzusetzen.«
»Es könnte natürlich auch sein, dass der Blutstein genau wie der Heidenstein deshalb auseinandergebrochen ist, weil seine Macht beschädigt oder zerstört wurde.«
»Dein Glas ist immer halb leer, Turner«, sagte Fox. »So oder so, einen Versuch ist es wert. Einverstanden?«
»Einverstanden.« Cal blickte zu Gage, der nur mit den Schultern zuckte.
»Was soll’s.«
Cal rang mit sich, als er in die Stadt fuhr. Er brauchte keinen Vorwand, um bei Quinn vorbeizufahren. Er brauchte auch keinen Termin und keine Verabredung, um an ihre Tür zu klopfen und zu fragen, wie es ihr ging. Und was zum Teufel los war.
Wenn es ihm gelungen war, sie in den letzten Tagen telefonisch zu erreichen, war sie immer beschäftigt. Und im Center war sie seit dem Tag, an dem sie sich in seinem Büro vergnügt hatten, auch nicht mehr vorbeigekommen.
Dabei hatte sie ihm doch gesagt, dass sie ihn liebte.
Das war das Problem. Sie hatte ihm gesagt, dass sie ihn liebte, aber er hatte darauf nicht »Ich auch« erwidert. Aber sie hatte ja auch behauptet, dass sie das gar nicht erwartete. Allerdings hatte er die Erfahrung gemacht, dass man das nicht so wörtlich nehmen durfte.
Jetzt ging sie ihm aus dem Weg.
Sie hatten keine Zeit für Spielchen, immerhin standen wichtigere Dinge auf dem Spiel. Allerdings hätte er sie dann besser von vornherein in Ruhe gelassen. Der Sex hatte es nur noch komplizierter gemacht, schließlich mussten sie objektiv und kaltblütig bleiben und klaren Verstand bewahren.
Und das war man eben nicht, wenn man Sex miteinander hatte. Guten Sex.
Unschlüssig stand er vor der Tür, bis er sich schließlich überwand und klopfte.
Ihre Haare waren feucht. Sie hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, der Duft des Shampoos stieg ihm in die Nase. Sie trug lila Socken, eine schwarze Trainingshose und ein pinkfarbenes Sweatshirt.
»Hi!« Sie strahlte ihn so sonnig und energiegeladen an, dass er sich kaum vorstellen konnte, dass sie schmollte.
»Ich habe gerade an dich gedacht. Komm herein. Himmel, ist das kalt. Ich bin den Winter so leid. Ich
wollte mir gerade eine heiße Schokolade machen. Möchtest du auch eine?«
»Nein. Nein, danke.«
»Aber komm mit in die Küche, damit ich mir eine machen kann.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, gab ihm einen Kuss und ergriff dann seine Hand, um ihn mit sich zu ziehen. »Cyb und Layla waren heute früh mit mir im Studio. Es hat eine Weile gedauert, bis ich Cyb überredet hatte, aber je mehr wir sind, desto sicherer ist es. Es ist auch nichts Seltsames passiert, wenn man mal davon absieht, dass Cyb komplizierte Yoga-Positionen geübt hat. In den letzten Tagen war es in der Welt des Übersinnlichen ruhig.«
Sie nahm ein Tütchen mit Kakaopulver, schlug es kurz gegen ihre Handfläche und riss es dann auf, um den Inhalt in eine Tasse zu geben. »Bist du sicher, dass du nichts willst?«
»Ja, mach dir nur einen.«
»Wir waren hier ziemlich beschäftigt«, fuhr sie fort und füllte die Tasse halb mit Wasser, halb mit fettarmer Milch. »Ich warte auf Nachrichten von meiner Großmutter über die Familienbibel. In der Zwischenzeit haben wir schon einmal Stammbäume gezeichnet, soweit wir sie kennen, und Layla versucht ebenfalls, von ihren Verwandten etwas über ihre Vorfahren herauszubekommen.«
Sie rührte um und stellte die Tasse in die Mikrowelle. »Ich musste die meiste Recherche den anderen beiden überlassen, weil ich einen Artikel fertig schreiben musste. Von irgendwas muss der Mensch schließlich leben. Und? Wie ist es dir ergangen?«
»Du hast mir gefehlt.« Das wollte er eigentlich nicht sagen, und dass es ihm gleich zu Anfang herausgerutscht war, erstaunte ihn. Aber anscheinend war das sein erster Gedanke gewesen.
Ihre Augen wurden weich, und sie lächelte. »Das freut mich. Du hast mir auch gefehlt, vor allem gestern Nacht, als ich so gegen ein Uhr ins Bett gekrochen bin. In mein kaltes, einsames Bett.«
»Ich meinte nicht nur den Sex, Quinn.« Diese Äußerung überraschte ihn fast noch mehr.
»Ich auch nicht.« Sie blickte ihn an und ignorierte das Pling der Mikrowelle. »Du hast mir gefehlt, als ich
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