Abendstern - Roman
Flasche Wein, Q.« Sie erschauerte. »Vielleicht sollten wir auch noch ein paar Kerzen anmachen, nur für alle Fälle. Es kommt mir schon so … dunkel vor.«
Vermutlich überließen sie ihm das Wort, weil es sein Haus war, dachte Cal. Als schließlich alle wieder um den Tisch saßen, suchte er nach den richtigen Worten.
»Wir haben schon besprochen, was damals in der Nacht auf der Lichtung passierte, als wir Kinder waren. Quinn, du hast ja einen Teil davon selbst mitbekommen, als wir da waren.«
»Ja. Allerdings sollten Cyb und Layla es auch sehen, sobald das Wetter zulässt, dass wir dorthin gehen.«
Er zögerte nur einen winzigen Augenblick lang. »Ja, einverstanden.«
»Es ist aber kein Spaziergang über die Champs-Élysées«, kommentierte Gage. Cybil zog eine Augenbraue hoch.
»Wir schaffen das schon.«
»Es gab noch einen anderen Aspekt in jener Nacht, über den wir bisher noch nicht gesprochen haben.«
»Mit niemandem«, warf Fox ein.
»Es ist schwer zu erklären, warum. Wir waren erst zehn, die Hölle brach los, und … Na ja.« Cal legte seinen Teil des Steins auf den Tisch.
»Ein Stück Stein?«, sagte Layla.
»Blutjaspis.« Cybil schürzte die Lippen und wollte schon danach greifen, hielt aber inne. »Darf ich?«
Gage und Fox legten ihre Teile daneben. »Nur zu«, ermunterte Gage sie.
»Drei Teile von einem.« Quinn ergriff den Stein, der ihr am nächsten lag. »Das stimmt doch, oder? Es sind drei Teile eines Steins.«
»Eines Steins, der abgerundet, geschliffen und poliert wurde«, fuhr Cybil fort. »Wo habt ihr die Teile her?«
»Wir hielten sie auf einmal in der Hand«, erwiderte Cal. »Als der Boden nicht mehr bebte, hielt jeder von uns seinen Teil in der Hand.« Er blickte auf seine Hand und dachte daran, wie er den Stein umklammert hatte, als ob sein Leben davon abhinge.
»Wir wussten nicht, was es war. Fox hat nachgeschaut. Seine Mutter hatte Bücher über Steine und Kristalle. Blutjaspis, das stimmt«, sagte Cal.
»Er muss wieder zusammengefügt werden, oder?«, meinte Layla. »Er muss wieder ganz sein.«
»Das haben wir schon versucht. Die Bruchkanten sind glatt«, erklärte Fox. »Sie passen zusammen wie Puzzleteile.« Cal ergriff die drei Teile und drückte sie zusammen.
»Aber es bewirkt nichts.«
»Vielleicht weil du sie zusammenhältst.« Quinn streckte neugierig ihre Hand aus, und Cal legte ihr die Teile auf die Handfläche. »Sie sind nicht … verschmolzen ist wohl das richtige Wort.«
»Das haben wir auch probiert. Cal hat es mit Superkleber versucht.«
»Normalerweise hätte das die einzelnen Teile zusammenhalten müssen«, verteidigte sich Cal. »Aber ich hätte genauso gut Wasser nehmen können. Es hielt einfach nicht. Wir haben alles Mögliche versucht, aber nichts hat genützt. Sie verändern noch nicht einmal die Temperatur.«
»Nur während der Sieben, da werden sie heiß«, fuhr Fox fort. »Nicht zu heiß, aber doch ziemlich warm.«
»Habt ihr in dieser Zeit versucht, sie zu verbinden?«, fragte Quinn.
»Ja, aber auch da hatten wir kein Glück. Wir wissen nur, dass Giles Dent diesen Stein als Amulett um den Hals trug, als Lazarus Twisse in jener Nacht den Mob auf die Lichtung führte. Ich habe es gesehen. Und jetzt besitzen wir den Stein.«
»Habt ihr es schon einmal mit Magie versucht?«, fragte Cybil.
Cal zuckte zusammen und räusperte sich.
»Ach, Cal, bleib locker«, ermahnte Fox ihn. Er schüttelte den Kopf. »Ja, klar. Damit haben wir es auch versucht. Ich habe mir Formeln aus Büchern zusammengesucht, und Gage hat auf seinen Reisen mit ein paar praktizierenden Hexen gesprochen, die uns Rituale genannt haben.«
»Aber ihr habt sie nie jemandem gezeigt.« Quinn legte die Steine vorsichtig auf den Tisch, dann ergriff sie ihr Weinglas. »Niemandem, der vielleicht etwas über die Geschichte gewusst hätte.«
»Nein, das sollten wir nicht.« Fox zuckte mit den Schultern. »Ich weiß, es klingt blöd, aber wir durften damit nicht zu einem Geologen oder einem Zauberer oder so gehen. Ich …«
»Fox war sich sicher, dass das tabu war, und daran hielten wir uns.« Cal blickte seine Freunde an. »So haben wir es bis heute gehalten. Wenn Fox der Meinung gewesen wäre, dass wir sie euch nicht zeigen sollen, dann hätten wir es nicht getan.«
»Weil du es am stärksten fühlst?«, fragte Layla Fox.
»Ich weiß nicht. Vielleicht. Ich glaubte, glaube noch, dass wir in jener Nacht überlebt haben, weil jeder von uns ein Stück von dem Stein hatte.
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