Abenteuer des Werner Holt
der Polizei wegholen, wenn ich hingeh. Mein Vater ist Bakteriologe, weißt du, so wie Robert Koch … Er war Hochschulprofessor und dann in der Industrie. Er hat immer nur seine Arbeit im Kopf, das heißt, zu mir war er ja ganz nett … Aber Mutter sagt, er ist ein Menschenfeind und ganz weltfremd.« Er schwieg, es gab noch mehr zu sagen, aber eigentlich ging das niemanden etwas an, auch Wolzow nicht. »Und schließlich hat mich meine Mutter fortgelassen, jetzt bin ich eben hier.« – »Ein Glück«, entgegnete Wolzow, »sonst wär ich jetzt relegiert.« Daß Holt ihn erst soweit getrieben hatte, übersah er. »Übrigens«, brummte er, »das wollte ich dir noch sagen: Daß du mich rausgerissen hast, ich vergeß dir das nie! Wenn du mich jemals um etwas bittest«, sagte er mit einer mürrischen Feierlichkeit, »so erinner mich an diese Stunde, und ich will ein Lump genannt werden, wenn ich nicht alles für dich tu …« Holt sagte schnell: »Wenn wir zusammen in den Krieg kommen, dann wollen wir zusammenhalten wie … Hagen und Volker. Es ist gut, wenn man im Krieg einen Freund hat.« Wolzow knurrte etwas Unverständliches. Er nahm den Krummsäbel und hieb auf den Totenschädel, der krachend in Stücke sprang. Dann warf er den Säbel in die Ecke. »Zwei alte Krieger wie uns, die trennt nur der Tod!«
3
Die Badehaube bereitete Holt Kopfzerbrechen genug. Schließlich erinnerte er sich, daß Veronika Dengelmann angeblich noch vor zwei Jahren regelmäßig geschwommen sei … Am anderen Morgen, beim Frühstück, fingen die Schwestern wieder von Herrn Wenzel an. Holt erwiderte auf alle Bitten hinterhältig: »Nein. Sie würden mir ja auch keinen Gefallen tun.« – »Aber natürlich! Jeden Gefallen würden wir …« – »So? Dann geben Sie mir Ihre Badehaube.«
»Meine Badehaube?« Sie kam sich veralbert vor. Er stand schon auf. Sie rief: »Gewiß … Gewiß doch!« Wie schön das geklappt hat, dachte er. Eh dieser Knabe einzieht, bin ich bei der Flak.
Veronika brachte die Kappe. »Was wollen Sie bloß damit?« – »Also meinetwegen, schreiben Sie Ihrem Herrn Wenzel, ich bin einverstanden.« Eulalia atmete auf. Aber Veronika fand keine Ruhe: »Was wollen Sie um Gottes willen mit meiner Badehaube?« – »Eine Geranie werd ich hineinpflanzen«, sagte Holt. Er lief zur Badeanstalt.
Er saß in seiner Kabine und wartete, krank vor Aufregung, bis er die Marie Krüger im Badeanzug über die Liegewiese gehen sah. Er versteckte die Badekappe hinter dem Rücken. Sie gab ihm freundlich die Hand. »Heut müssen Sie mit mir schwimmen«, sagte er und hielt ihr die Badehaube hin.
Sie nahm ihm zerstreut die bunte Mütze aus der Hand. Dann stopfte sie das Haar unter den Gummi und sagte endlich: »Ich muß mich im Spiegel sehn.« Er folgte ihr über die Wiese. Schweigend ging sie voran, die hölzerne Treppe hinauf und dann den Gang zwischen den Kabinenreihen entlang. Sie bückte sich nach dem Schlüssel, der irgendwo versteckt war, und stieß die Tür weit auf. Dann trat sie in den kleinen Raum. Holt lehnte sich an den Türpfosten.
Sie stand vor dem Spiegel und setzte die Mütze auf, wortlos, mit flinken Bewegungen, setzte sie wieder ab und hockte sich quer auf die kleine Bank, hob die Füße auf den Sitz, zog die Beine dicht an den Körper und schlang die Arme um die Knie. Sie sah ihn an,seitlich an die Kabinenwand gelehnt, zusammengerollt wie eine Katze. Zwischen den engen Wänden herrschte ein dämmriges Halbdunkel; ein Lichtstrahl zauberte ein paar spitze Lichter in ihre Pupillen.
Holt hatte Angst. Aber der Gedanke, er könne sich lächerlich machen, trieb ihn doch den einen Schritt zu ihr hin. Er beugte sich hinab und küßte sie flüchtig auf die Lippen, die sie ihm entgegenhob. Dann richtete er sich auf, enttäuscht: die Bücher, die Träume hatten gelogen!
Sie lachte. Ihre Zähne blitzten. Sie stand auf und trat ganz dicht an ihn heran; sie schlang beide Arme um seinen Hals und küßte ihn. Er erwachte, er faßte mit beiden Händen ihre Schultern. Sie löste sich von ihm und trat einen Schritt zurück, aber er zog sie aufs neue an sich; er zwang ihr rasch die Arme auf den Rücken, er strich über ihre Schulter, ihren nackten Arm, er suchte ihre Brust. »Du tust mir weh«, sagte sie leise … Erst als auf dem Gang Schritte laut wurden, gab er sie frei. Die Schritte verloren sich. Sie trat aus der Kabine.
Er ging an ihrer Seite zum Ufer zurück, dann schwamm er mit ruhigen Stößen in den Fluß hinaus. Erst weit
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