Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
Vom Netzwerk:
feuern, in kurzen Stößen.
    Holt flüchtete zwischen die Gartenbüsche. Aber auch auf dem Hof schoß es, hinter ihm im Garten, ganz nahe, überall. Er lief auf die Straße, lief nahe der Mauer am Schulhaus entlang, warf sich zu Boden und kroch zur Tür hin. Vor dem Eingang lag einer der Posten, der andere auf der Schwelle. Holt kroch über ihn hinweg ins Treppenhaus. Dort lag Rößler, unbeweglich.
    Holt schrie: »Nicht schießen!« Er rollte sich zur Seite aus dem Schußwinkel des Maschinengewehrs, das seine Feuerstöße durch den Eingang ins Schulhaus schickte. Ununterbrochen fetzten Geschosse gegen die Wände. Oben, in der Vorhalle, blitzten in regelmäßigen Abständen die Abschüsse eines Karabiners auf.
    Holt kroch, eng an die Wand gedrückt, die wenigen Stufen hoch und fand in der Halle endlich Deckung hinter dem Mauervorsprung. Wo die Tür ins Wachlokal führte, kniete Wolzow, in Hemdsärmeln und barhäuptig, und sandte Schuß auf Schuß durch die Tür ins Freie. Holt sah Vetter aus dem Wachlokal eine geöffnete Patronenkiste zu Wolzow hinschieben.
    Wolzow lud. Er brüllte zu Holt hinüber, und bei dem Lärm der Schüsse konnte man sich nur schreiend verständigen: »Hast du’s geschafft, Werner? Zum Hoftor! Dort steht bloß der Kranz!«
    »Wo ist Sepp?« schrie Holt zurück. Wolzow deutete mit dem Ellenbogen ins Wachlokal. »Streifschuß im Gesicht! Vetter hat ihn verbunden!«
    Holt rechnete: Gilbert, Christian, Sepp und ich, sind vier. Rößler tot: fünf. Die Straßenposten tot: sieben. An der Hoftür einer: acht. Schwedt und Schwerdtfeger standen auf dem Hof, die sind wohl auch gefallen: zehn. Fehlen sechs Mann.
    »Wo sind denn die anderen?« schrie er. Wolzow ließ sich von Vetter einen geladenen Karabiner reichen und gab das leergeschossene Gewehr zurück. Er deutete mit dem Daumen über die Schulter. Die breite Holztreppe, die ins Obergeschoß führte, lag dem Eingang unmittelbar gegenüber. Ununterbrochen klatschten Geschosse in die Holzstiegen. Wolzow schoß wieder. Im Blitzen der Abschüsse sah Holt auf den zersplitterten Stufen drei regungsloseGestalten liegen, eine vierte lag am Fuß der Treppe in der Halle. Zehn und vier sind vierzehn. »Und Lesser und Böttcher?« schrie er. Wolzow antwortete zwischen zwei Schüssen: »Sind oben. Die traun sich nicht über die Stiegen runter!« Eine Kugel schlug dicht vor seinem Gesicht in den Mauervorsprung, der Putz stiebte. »Vetter, meinen Helm!« schrie Wolzow. Vetter reichte ihm den Stahlhelm.
    Holt sprang endlich die Treppe hinunter zur Hoftür. Zu seiner Rechten führte die Kellertreppe hinab. Auch durch die geöffnete Hoftür schlugen ununterbrochen Schüsse herein und klatschten in die Mauer. Kranz stand eng an den Türrahmen gepreßt und schoß auf den Hof hinaus. Er hörte, als das Schießen einen Augenblick nachließ, wie Böttcher im Obergeschoß laut »Obacht!« rief, dann fiel in der Halle klirrend ein Gegenstand zu Boden.
    Holts Auge hatte sich an die Finsternis gewöhnt. Wolzow fischte mit dem Gewehrlauf ein in Papier gewickeltes Päckchen zu sich heran, las und warf es Holt hin. Dann begann er wortlos wieder zu feuern. Holt hob das Päckchen auf, ein Schlüsselbund fiel zu Boden. Er drückte sich tief in die Ecke zwischen Hof- und Kellertür, entzündete ein Streichholz und las: »Befehl vom Oberfeldmeister. Sofort die Gefangenen erschießen! Schlüssel anbei. Böttcher.«
    Holt warf das Streichholz weg. Die solln lieber sehn, daß sie runterkommen, dachte er. Er drehte den Zettel in den Händen. Er sah Kranz noch immer eng an den Türpfosten gepreßt und dann und wann einen Schuß zum Brunnen hinüberfeuern. Von der Straße her schoß das Maschinengewehr wütend seine Feuerstöße durch die Tür. Die Treppe war der Kugelfang. Da kommt keiner runter, dachte Holt, der Lesser nicht, der Böttcher nicht. Er warf den Karabiner auf den Rücken.
    Während er sich die Kellertreppe hinabtastete, begann sein Herz vor Angst wie rasend zu schlagen. Er zog die Parabellum und entsicherte sie. An der Mauer entlang fühlte er sich zu der Eisentür hin. Als er sie gefunden hatte, stand er und horchte. Er mußte sich erst beruhigen, so sehr zitterte er vor Angst und Aufregung. Von oben drangen gedämpft die Schüsse zu ihm herab.Er zog den Schlüssel und öffnete. Das Licht eines Kerzenstummels fiel auf ihn.
    Der Hausmeister stand schützend vor seiner Tochter. Holt stieß hervor: »Ihr müßt weg hier! Aber ich kann euch nicht rauslassen, sonst erschießen

Weitere Kostenlose Bücher