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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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Kommando«, rief Wolzow. »Vetter, Posten verständigen, die werden vorläufig nicht abgelöst!Zöllner und Meermann, Schulze holen!« Vetter ging durch die Tür. Wolzow rief: »Arbeitsmann Vetter, wollen Sie nicht den Befehl wiederholen?« – »Jawohl«, sagte Vetter verdattert. – »Ich bin mit Truppführer anzureden!« – »Jawohl, Truppführer!« – »Los, ab! … Ordnung muß sein«, schrie Wolzow. »Wir räumen die Zimmer im Erdgeschoß aus.«
    Der erste Zug rückte ein. Das Haus dröhnte von Hammerschlägen. Sie nagelten von innen die herausgerissenen Türen gegen die Erdgeschoßfenster. Irgendwer befahl, auch die Flügel der Eingangs- und der Hoftür dazu zu verwenden. »Hauptsache, sie können uns keine Bomben durch die Fenster schmeißen«, sagte Unterfeldmeister Rischka, der den ersten Zug befehligte. Gegen Abend kehrten Lesser und Böttcher zurück. Wolzow meldete sich bei ihnen im ersten Stock. Als er die Treppe wieder herabkam, sagte er zu Holt: »Kannst die Parabellum tragen, er hat nichts dagegen.« Am Abend war auch Böhm wieder da, und Holt sah ihn hinter dem Oberfeldmeister in den Keller steigen. Wolzow brachte die Nachricht: »Die beiden werden morgen der SS übergeben.« Holt antwortete nicht.
    Endlich wurde es ruhig im Haus. Der erste Zug unter Rischka übernahm mit je zwei Trupps die Bahnhofswache und den Streifendienst in der Stadt und rückte ab. Der zweite Zug wurde zur Brücken- und zur Quartierwache eingeteilt. Am späten Abend holte Böhm noch einen der beiden Trupps von der Schulwache zur Brücke. »Drei Trupps an die Brücke …«, sagte Gomulka, »und nur ein Trupp für die Schule?« – »Sie faule Sau!« schrie Böhm. »Da werden Sie eben nur alle drei oder vier Stunden abgelöst, ich brauch die Leute! Die Brücke ist wichtiger als das Quartier, der Oberfeldmeister hat das so befohlen!« Widerstrebend ließ er den Obervormann Rößler zurück. Wolzow stellte drei Doppelposten auf, vor dem Eingang auf der Straße und im Hof. Der dritte patrouillierte durch das Schulgelände.
     
    Sie saßen im Wachlokal, Wolzow, Holt, Gomulka, Vetter, auch der Obervormann Rößler, ein ruhiger Mensch, der nur manchmal im Jähzorn üble Schimpfwörter hervorstieß. Wolzow rauchte einedicke Zigarre und kommentierte die Tagesereignisse. »Wir sind vierzehn Mann hier, dazu Böttcher und Lesser. In der Nacht soll der dritte Zug zurückkommen, dann sind wir genug Leute.« Vetter meinte: »Also, diese Nervosität, so was! Wenn sie so aufgeregt sind, dann gibt es meistens überhaupt nichts.«
    Holt verließ das Wachlokal. Das Gerede war ihm zuwider.
    Er stand einen Augenblick an der Haustür und sah die beiden Posten unbeweglich im Dunkel … Er dachte an das Mädchen im Keller; dieser Gedanke quälte ihn wie ein körperlicher Schmerz. Ich hätte sie erschossen, dachte er. Er war unfähig, damit fertig zu werden. Er warf sich im Obergeschoß ins Stroh, aber er fand keinen Schlaf.
    Elf Uhr löste er mit Gomulka den Streifenposten ab. Gomulka schärfte den anderen ein: »Daß ihr nicht etwa auf uns schießt!« Sie liefen langsam ihre Runde, die Straße vor dem Schulhaus entlang, durch den Garten um den Hof herum und auf der anderen Seite wieder zur Straße. Der Zaun beiderseits des Schulhauses war niedergelegt worden. Sie schwiegen und horchten angespannt in die Dunkelheit.
    Es war Mitternacht. Sie verließen den Schulgarten und traten auf die Straße. In der Stadt, ganz nahe, knallte ein Schuß. Holt erstarrte. Eine wüste Schießerei begann. Rasche, dünne Feuerstöße aus Maschinenpistolen, dazwischen in immer dichterer Folge Gewehrschüsse. Beim Eingang brüllte es: »Steh!« Dann knallte es auch dort. Gomulka lief los, zum Eingang hin. Holt hörte hinter sich hastende Schritte durch das Gebüsch des Gartens brechen. Er schoß. Vor ihm in der Dunkelheit blitzte das Mündungsfeuer einer Maschinenpistole. Jenseits des Schulplatzes, wo die Straße zwischen den Häusern stadtwärts führte, setzte heftiges Feuer ein, verstummte, flackerte wieder auf. Nun fielen auch aus dem Schulhaus Schüsse.
    Holt hörte Schritte über das Pflaster hallen, jemand lief von der Stadt her auf den Garten zu, stürzte hin und schrie: »Hiiiilfe!« Holt war mit ein paar Schritten bei dem Gefallenen, der auf dem Bauch lag, den Kopf hob und röchelte: »Die Stadtwache … Die Streifen … Alles …« Dann klirrte der Kopf mit dem Helm aufdas Pflaster: Am Straßenausgang jenseits des Schulplatzes begann ein Maschinengewehr zu

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