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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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in die Hose.
    »Es liegt an euch, daß diese Division eine Elitetruppe wird, an der sich das letzte Aufgebot des Bolschewismus die morschen Zähne ausbeißt. Unser Kamerad Wolzow hat sich als erster gemeldet, wie ich das von ihm nicht anders erwartet habe. Wer folgt ihm nach?«
    »Herr Leutnant«, rief Gomulka, »ich melde mich freiwillig zur Panzerjagddivision.«
    Sepp! schrie es in Holt. Sepp!
    »Wer noch?« fragte der Leutnant.
    Panzerjagd im Osten! Und der Sepp meldet sich!
    Vetter beugte sich aus seinem Bett und kratzte sich hörbar unter dem Hemd auf der linken Brust.
    »Der Führer hat befohlen: wer sechs Panzer mit Nahbekämpfungsmitteln vernichtet, erhält das Ritterkreuz.«
    »Waaas?« rief Vetter. »Sechs Panzer … Ritterkreuz? Aber dann, Herr Leutnant, also ich mach mit, und überhaupt!«
    Gilbert, Sepp, Christian … und ich?
    Wolzow blickte zu Holts Bett hoch und sagte: »Werner! Mensch!«
    »Herr Leutnant«, sagte Holt, mit einer fremden Stimme, »ich auch.«
    Aber nun blieb alles still. Der Leutnant sagte: »Ihr vier … Ich hab’s mir gedacht, Kameraden, ich danke euch. Ihr schlaft morgen aus, solange ihr wollt. Zwölf Uhr Schreibstube, Laufzettel holen. Gute Nacht.«
    Holt sprang aus dem Bett. Revetcki stand in der Stube und schrie: »Und die anderen? Die anderen!? Kerls, wollt ihr denn ewig leben?« Holt suchte Briefpapier im Spind. Revetcki schrie: »Ihr sollt es be-reu-en! Die Panzerjagd ist kurz, aber eure Reu ist lang! Ab morgen gewöhne ich euch den Selbsterhaltungstrieb ab, ihr Schweine, ihr trichinösen!« Er warf krachend die Tür zu.
    Holt schrieb. Jemand rief: »Licht aus, wir müssen in drei Stunden raus!« Wolzow, der eine Liste für die Kleiderkammer entwarf, sagte: »Knäblein, halt deine Schnauze!« – »Jawohl!« sagte derStabsgefreite Kindchen befriedigt. Er rief, von seinem Bett her: »Gib’s ihnen feste! Wenn ich nicht
leider
ein steifes Knie hätte, also wie ich hier lieg, so käm ich
sofort
mit!«
    Holt schrieb: »Liebe Gundel! Ich geh morgen an die Ostfront zur Panzerjagd. Ich hab mich freiwillig gemeldet. Ich weiß nicht warum.«
    Er überlegte. Ich tu’s für Dich, wollte er schreiben.
    Für Gundel?
    Er hörte seine eigene Stimme sprechen, und dann die Stimme des Rechtsanwalts Gomulka. Warten, worauf? … Daß der Märchenprinz unser verwunschenes Kind bald befreie …
    Er starrte auf das weiße Papier. Alles falsch, dachte er. Alles falsch.
     
    8
     
    Der Laufzettel schrieb vor: Abteilungsrevier, Kleiderkammer, Waffenkammer, Schießunteroffizier, Fourier, Hauptfeldwebel und so weiter. Der Stabsarzt im Revier untersuchte sie flüchtig. »Kerngesund«, sagte er. »Panzerjagd ist das beste Mittel gegen Alterskrebs.« Die Kleiderkammer war das Klatschzentrum der Abteilung. Ein paar Kommandos seien schon in der Nacht abgegangen, das erfuhren sie hier. Der Kammerunteroffizier brachte, was Wolzow haben wollte. »Der behandelt uns nachsichtig wie Todkranke«, sagte Holt, während er warme Wäsche auf die Arme lud, Pullover, Feldgrau mit kurzen, zweireihigen Blusen aus Wolltuch, Schnürschuhe, Gamaschen, Fäustlinge. Wolzows Liste war lang, Kopfschützer, wattierte Überkleidung, Schneehemden mit Kapuzen. Endlich protestierte der Kammerchef gegen weitere Wünsche, das sei alles gegen die Vorschrift. Wolzow sagte: »Vorschrift? Die Russenpanzer halten sich auch nicht an Vorschriften!«
    Der Waffenmeister berief sich auf Anweisungen. »Jeder eine Maschinenpistole!« Wolzow wies das neue Sturmgewehr zurück, er nannte den Unteroffizier »Mann«. »An der Front gibt’s nirgendwo die dreiviertellange Karabinermunition, Mann! Geben Sie uns die zweiundvierzig!« Vetter bettelte um eine Parabellum. Wolzowpackte die Leuchtpistole ein und ging zur Tür, aber der Waffenmeister brüllte: »Wollen die Herren nicht vielleicht das MG mitnehmen? Darf ich den Herren das MG auf die Stube tragen lassen?« – »Und ich kann’s schleppen«, maulte Holt.
    Kindchen, in seinem Munitionskeller, rief: »Kraftfutter! Schönes Kraftfutter!«, und baute einen Stapel Munitionsschachteln vor ihnen auf. »Zwanzig Gurte, beste Ware, meine Herren, jede dritte Patrone Leuchtspur!« – »Beste Ware, so was!« rief Vetter. Kindchen errötete bis in die großen Ohren. »Wer soll denn das schleppen!« sagte Holt. »Und für die MP noch sechs Magazine! Und Handgranaten!« rief Kindchen. Er brüllte hinter ihnen her: »Und Panzerfäuste! Für jeden eine Kiste! Die lade ich gleich aufs Auto, Dienst am Kunden, ganz

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