Abenteuer des Werner Holt
drei Feldwebeln, ein paar Kraftfahrern und einem Dutzend konfuser Offiziere, befand sich in Auflösung. Vor dem Haus standen Lastwagen mit laufenden Motoren. Wolzow fragte. Einer schob sie zum anderen ab. Schließlich schickte man sie in ein Zimmer zu einem Major.
Der Major telefonierte, mit hochrotem Gesicht. »Aber ich sage Ihnen doch, zwischen hier und dem Russen ist nichts! Nein! Kein Panzerkorps, nur Volkssturm! Nein! Wer das sagt, ist ein Narr! Nein! Keine Nachrichten! Die letzten Nachrichten sind überholt! Nein! Da sind Sie falsch unterrichtet! Korps Nehring kämpft sich von Kalisch auf die Oder zurück! Nein! Die Russen sind mitten dazwischen! Nein! Da sind Sie falsch unterrichtet! Saucken steht noch weiter östlich als Nehring! Nein! Sie sind auf Breslau angesetzt. Nein! Wenn sie die Oder überhaupt erreichen, dann vielweiter nördlich! Nein! Von hier bis Oppeln ist ein Loch! Nein, Oppeln kann jede Stunde fallen! Nein! An der Oder soll die neue Linie aufgebaut werden, Ohlau–Brieg–Oppeln … Nein! Ich muß hier weg, sofort!«
Er horchte und musterte Holt und Wolzow. Dann rief er ins Mikrophon: »Was? Nein? Gut! Nein! Schluß!« Er warf den Hörer auf den Tisch und schrie: »Was wolln Sie!« – »Wir suchen die Panzerjagddivision, Herr Major«, sagte Wolzow. Der Major brüllte unbeherrscht: »Aber doch weiß Gott nicht hier! Suchen Sie, wo Sie wollen, aber doch nicht hier!« Handbewegung im Kreis. »Hier gibt es Wald, Eis, Schnee, Sumpf und Russen! Gleich gibt es so viel Russen, wie Sie wollen!« Er brüllte immer lauter: »Ja, bin ich denn unter Narren gefallen? Ich hab keine Zeit! Raus! Es gibt überhaupt keine Panzerjagddivision, das ist Narretei!«
Wolzow grinste, und das Grinsen schien den Major merkwürdigerweise zu beruhigen. Er fragte leiser, in zitternder Nervosität: »Was wollen Sie? Ich hab keine Zeit.« – »Panzerjagdkommando, motorisiert«, sagte Wolzow, »gut bewaffnet, Herr Major, wir brauchen einen Kampfauftrag, Karten und etwas Benzin. Wenigstens einen Tip, wo wir hinsolln.«
»Sie sind ein Narr!« schrie der Major wieder. »Karten?« Er sah sich um. »Hier, Karten, da haben Sie! Haun Sie ab mit Ihren Karten!« Er schmiß Wolzow einen dicken Packen vor die Füße. »Benzin? Auf dem Hof ist Benzin! Das Benzin tanken morgen die Russen!« – »Und wo sollen wir hin?«
»Ins Narrenhaus!« schrie der Major und tastete mit fliegenden Händen über sich hin, vom Hals zum Koppel, vom Koppel zum Kragen. Dann legte er beide Hände an die Schläfen. »Fahrn Sie nach Ohlau, oder nach Brieg, oder nach Oppeln, melden Sie sich bei Major Lindner! Raus!«
Draußen sagte Wolzow kopfschüttelnd: »Als Stabsoffizier müßte er sich etwas mehr in der Gewalt haben!« – »Das kann heiter werden«, sagte Holt. Der Gefreite holte Benzinkanister vom Hof. »Zurück nach Breslau, ob wir den Burgkert wiederfinden!« befahl Wolzow und studierte die Karte.
In Breslau gab es eine »Auffangstelle«, dort hieß es: »Sie kommenin eine Alarmkompanie!« Wolzow protestierte so lange, bis sie vor einen Oberstleutnant gerieten. »In Klein Nieritz liegt ein Divisionsstab, die 17. P. D. Zeigen Sie erst mal Ihre Papiere!« – »In Klein Nieritz gibt es keine 17. P. D! Ein Major hat uns zu einem Major Lindner geschickt!« – »Major Lindner? Der ist doch in Klein Nieritz!« So ging es weiter. Ein Hauptmann mit dem Gesicht eines Gallenleidenden, trüben Augen, gelber Gesichtsfarbe sprach in gequältem Ton: »Keine Ahnung, Major Lindner liegt mit seinem Stab in Oels, falls da nicht schon der Russe ist! Zur Kampfgruppe Buchert müssen Sie! Zeigen Sie mal die Papiere!« Sie sind alle verrückt geworden, dachte Holt. »Von der Panzer-Ersatz- und Ausbildungsabteilung 26? Da gehören Sie doch zur 11. P. D.! Die liegt auch hier irgendwo!« – »Nein, Herr Hauptmann.« – »Keine Ahnung«, schrie der Hauptmann. »Funker? Panzerfunker? Hier wird eine Kampfgruppe aufgestellt. Sie bleiben hier. Die Panzer sind noch nicht da!« Aber im nächsten Zimmer drückte ein Offizier mit müder Bewegung die nötigen Stempel auf die Papiere, ohne viel zu fragen. Sie erhielten freie Fahrt Richtung Oberschlesien. »Beeilen Sie sich! Überall werden die Brücken gesprengt!«
Der Gefreite schlug frierend die Arme um den Körper. Es schneite und stürmte. Gomulka unterhielt sich mit ein paar alten Soldaten. Dann fuhren sie los, am westlichen Ufer stromaufwärts. Bald erreichten sie eine kleine Stadt. Sie hielten bei dem großen
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