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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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groß!«
    Beim Fourier führte Vetter das große Wort. »Rücken Sie mal die guten Sachen raus, Herr Feldwebel, Schoka-Kola, und solche Päckchen ›Für Panzerkämpfer im Großeinsatz‹!« – »Für meine Freiwilligen ist das Beste gut genug«, log Wolzow, »das hat der Major gesagt!« Der Feldwebel stieg schimpfend in den Keller.
     
    In der Stube wühlte Vetter in Schokoladen- und Zigarettenpäckchen. »Leute, genießt den Krieg, der Frieden wird furchtbar sein!« Wolzow schärfte Handgranaten. Holt saß dabei und las in der Zeitung, in der ein Butterklumpen eingewickelt gewesen war. »Völkischer Beobachter«. »Vom Einsatz unserer Ostkämpfer« las er. In seiner heimlichen, nagenden Angst versuchte er zu glauben, was da stand. Es sind also ganz minderwertige Kämpfer, die Russen! Ich bin gut ausgebildet, bin jung und kräftig. Wer soll es schaffen, wenn nicht wir jungen Kerle?
    Ein Fußtritt warf die angelehnte Stubentür auf. Zwischen den Spinden stand Oberfeldwebel Burgkert, die schwarze Uniform voll Orden. Er sah grau aus, verfallen, auf seiner Stirn glitzerten Schweißtropfen. Er sagte mit kratziger Stimme: »Ihr geht mit mir raus?« Dann setzte er sich an den Tisch und spielte mit Wolzows Pistole. Er bekam einen Schweißausbruch, seine Hände zitterten. »Ich war auf ’m Dach bei den Funkern«, sagte er heiser. »Die haben die ganze Nacht Hilferufe aufgefangen. Keine Front mehr.Alles eingekesselt. Unsere 11. P. D. steckt beim Korps Nehring, das ist bei Kalisch eingeschlossen.« – »Ich weiß«, sagte Wolzow gleichgültig. »Sie haben einen Spruch aufgefangen, von irgendeiner Kampfgruppe. ›Gott sei unserer Seele gnädig!‹ Die haben alle die Nerven verloren!«
    Ein Gefreiter trat ein, ein kleiner, untersetzter Mann, der von einem zum anderen blickte. »Gefreiter Horbeck.« Er setzte sich. Holt erkannte ihn wieder. Der Gefreite hatte nach der Weihnachtsfeier am Tor der großen Fahrzeughalle gestanden, der einzig Nüchterne im Chaos der Betrunkenen. Holt sah, wie er Gomulka überrascht zunickte und dann Wolzow und Vetter musterte, er glaubte dabei in dem Blick der grauen Augen einen Ausdruck verborgener Wachsamkeit zu beobachten, der unversehens in Gleichgültigkeit hinüberwechselte. »Ich bin der Fahrer.« Der Gefreite fragte, nun mit allen Zeichen prächtiger Laune: »Na, ist die Charge reif?«
    »Was?« fragte Vetter.
    »Ich meine: seid ihr fertig?« Wolzow zog sich ein neues, leuchtendes Ordensband durchs Knopfloch. Holt und Vetter hatten die Flakschießabzeichen angesteckt. »Meins ist weg«, sagte gleichmütig Gomulka, der blaß und stumm dabeisaß. »Ihr bekommt eigene Marschpapiere!« sagte Burgkert. Sie gingen zur Schreibstube.
    Leutnant Wehnert redete von Taten. Seine Augen waren blauer denn je. »Taten werden gebraucht!« Er endete: »Mit Gott, Kameraden!«
    Auf dem Hof wartete das Auto, ein offenes, achtsitziges Fahrzeug mit leichtem Verdeck, wie es die Polizei für Einsatzkommandos benutzte. Kindchen lud die Panzerfäuste auf. Der Gefreite Horbeck stand dabei, rauchte und machte keine Anstalten zu helfen. Er trug keine Tarnbekleidung und war nur mit einem Karabiner bewaffnet. Aber er schleppte einen prall gefüllten Rucksack, mehrere Decken, Zeltbahnen, Zeltstäbe und einen großen Kochkessel mit.
    »Was willst du mit dem ganzen Mist?« fragte Wolzow.
    Der Gefreite wandte bei dieser Frage flüchtig den Kopf. EinZug von Mißtrauen stand in seinem Gesicht, aber das mochte Täuschung sein, denn nun schlug er Wolzow auf die Schulter und rief: »Wirst schon sehen.«
    Holt beobachtete es. Er dachte: Was ist das für einer?
    Es dunkelte. Niemand kümmerte sich um sie. Der Ausbildungszug war zum Infanteriedienst ausgerückt. Burgkert setzte sich ganz hinten zu Wolzow. Sein Baß dröhnte. Wenn er aus der Feldflasche trank, verbreitete sich Schnapsgeruch. Gomulka hatte vorn neben dem Gefreiten Platz genommen, hinter ihnen saß Holt. Am Kasernentor prüfte der Posten umständlich die Papiere. Der Fahrer schaltete. Holts Blick streifte einen Wegweiser: »Görlitz 58 km«.
     
    Fahrt durch die Nacht. Holt zog die Decke über die Knie. Die Winterkälte pfiff eisig durch das dünne Verdeck. Schnee fiel. Es stürmte. Als Holt sich umwandte, sah er Burgkert zur Seite gegen Wolzow gesunken. Beide schliefen. Der Kopf des Gefreiten stand als schwarze Silhouette vor der Windschutzscheibe, durch die der Schnee leuchtete. Der Gefreite sprach mit Gomulka, und nun hob er den rechten Arm vom Lenkrad und verstellte

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