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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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wenn er unmittelbar davor ist.« Zwischen Sperre und Wald blieb beiderseits der Straße ein schmaler Streifen Wiese, links sumpfig, von Eis bedeckt. Ein paar Volkssturmmänner standen unbeweglich auf der Fahrbahn.
     
    Der Gefreite lenkte den Wagen nach rechts auf die Wiese hinab, fuhr um die Sperre herum und am Waldrand ins Unterholz. Holt, die Maschinenpistole um den Hals, folgte Wolzow. »Wer kommandiert hier?« Am Waldrand sah Holt einen Schuppen, wie ihnWaldarbeiter zu benutzen pflegen. Aus der Tür trat eine Gestalt, bei deren Anblick Wolzow zu grinsen begann. Vetter brach in Gelächter aus.
    Es war ein kleiner und dicker Mann von fünfzig Jahren, der da herankam. Er trug eine quittegelbe Uniform mit der Hakenkreuzbinde, bunte Norwegerhandschuhe und eine Schirmmütze. Da er ohne Mantel war, fror er. Seine Ohren standen ein wenig ab und sahen weiß aus. Sein Gesicht war rot und blau gefroren. Aus den Augen liefen Frosttränen. Am Arm baumelte ein Stahlhelm.
    »Na, Sie?« sagte Wolzow.
    Der Mann wußte nicht, was er von Wolzow halten sollte. Auf den weißen Tarnmänteln waren keine Rangabzeichen zu sehen. Er entschloß sich zu grüßen. »Heil Hitler! Melde Blockwart Kühl mit zwölf Mann Volkssturm auf Feldwache!«
    Vetter meckerte los. »Kühl!« rief er. »Mensch, Blockwart Kalt müßten Sie heißen, Eiskalt!« Wolzow schüttelte den Kopf. »Was wollen Sie hier? Sind Sie etwa der ›Verband‹ Volkssturm?«
    Der Blockwart sah von einem zum anderen, empört über Vetters Spott, und doch hilflos. »Wir sind die Nachhut einer Volkssturmeinheit, die heute morgen abgezogen ist. Wir haben Befehl, hier die Panzer aufzuhalten.« Wolzow musterte den Blockwart, von den Füßen bis zum Kopf, dann flog sein Blick über die Volkssturmmänner, Gestalten in blaugrauen Mänteln, mit dem langen Gewehr 98 und Panzerfäusten bewaffnet. Er schüttelte den Kopf. »Mensch, Kühl! Sie werden hier zermanscht!« Der Blockwart sagte frierend: »In dieser entscheidenden Stunde gibt es keine Rücksicht auf den einzelnen! Deshalb werden wir …« – »Abhauen«, sagte Wolzow. »Schnell abhauen werden Sie! Lassen Sie sich in die Oderlinie stecken, dort macht’s die Masse. Hier kommt es auf den einzelnen an! Los, ich gebe Ihnen den Befehl, Sie ziehn sich auf die Oderlinie zurück.«
    »Befehl?« Der Blockwart, das erkannte Holt, schwankte zwischen Mißtrauen und Hoffnung. »Wer sind Sie denn?« – »Leutnant Wolzow«, sagte Wolzow, ohne mit der Wimper zu zucken, »von der Panzerjagd-Divi…« Er schwieg mitten im Wort, hob das Gesicht und fuhr mit der Hand unter den Kopfschützer, um besserhören zu können. »Weg!« schrie er und sprang mit Riesensätzen zum Wald. Holt warf sich neben Vetter ins Unterholz, aber die zwölf Volkssturmmänner und der Blockwart standen noch erschrocken auf der Chaussee, als schon eine Maschine über die Wipfel raste, hochzog, wendete und steil auf die Straße hinabstieß, aus allen Rohren feuernd. Eine zweite Maschine fegte die Straße entlang, Panzersperre und Volkssturmmänner verschwanden in Rauch und Feuer, Geschosse klatschten in den Asphalt. Die beiden Schlachtflieger rasten in Richtung Oder davon.
    Holt lief zur Straße. Die Volkssturmmänner standen verstört um einen Gefallenen. Der Blockwart war schweißnaß und zitterte. In der Ferne dröhnte Artilleriefeuer. Wolzow fuhr den Blockwart an. »Vielleicht glaubst du mir jetzt! Haut ab!« Und als der Blockwart noch immer ratlos von einem zum anderen sah, schob sich der Gefreite in den Vordergrund. »Willst du sie wirklich wegschicken?« – »Hast du was dagegen?« – »Ich? Dagegen? Bewahre!« Er zwinkerte. »Bloß, weil es heißt, du möchtest hier gewaltig kämpfen …« – »Deswegen will ich das Kroppzeug doch los sein! Das vermanscht mir doch bloß die Disposition!«
    »In Ordnung!« Der Gefreite steckte zwei Finger in den Mund und pfiff gellend. Dann brüllte er: »Achtung! Lassen Sie antreten, Mann!« – »Kann er prima«, sagte Vetter. Der Blockwart ließ antreten. »Die Panzerfäuste bleiben hier!« rief Wolzow. »Melde mich ab«, sagte der Blockwart stramm, und seine Glieder bebten. »Heil Hitler! Rechts um … Marsch!« Sie sahen den Gestalten nach, die mit gesenkten Köpfen durch den Dunst zogen.
     
    Wolzow untersuchte die Panzersperre. »Hat das Ding überhaupt einen Sinn?« fragte Holt zweifelnd. Der Asphalt war aufgerissen. In den Unterbau der Straße hatte man zwei Reihen starker Baumstämme gerammt. Der Zwischenraum war mit

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