Abenteuer des Werner Holt
Steinen und Erde ausgefüllt. Die Erde stammte aus einer kleinen Feldstellung, die am Waldrand ausgehoben worden war, aus Löchern und Gräben.
»Jedenfalls müssen die Panzer stoppen«, erklärte Wolzow nachdenklich. »Der T 34/85 fährt auf der Chaussee fünfzig Kilometer pro Stunde, in diesem Tempo triffst du ins Blaue. Vor der Sperremüssen sie die Straße verlassen und nach links auf die Wiese. Rechts geht es nicht, da ist Sumpf.«
»Das Ding taugt nicht viel«, meinte Holt, »die Bombe hat die Stämme ganz schön schiefgedrückt!«
»Ich hab eine Idee!« Wolzow schritt die Strecke zwischen Sperre und Waldrand ab. »Fünfzig, sechzig Meter, gut! Sie werden einen Marschabstand von fünfzig Metern halten. Nehmen wir an, der erste Wagen rollt vor die Sperre und hält. Den schießen wir ab. Jetzt kommt der zweite aus dem Wald. Den schießen wir auch ab. Jetzt hat höchstens noch ein dritter Platz, merkst du was? Die stecken im Wald, durchfahren können sie ihn nicht, da sind die Stämme viel zu dick. Wir schießen also die ersten drei ab, dann ist die Ausfahrt aus dem Wald verstopft, und wir können sie nachher aus dem Unterholz der Reihe nach abknallen. Laß ruhig eine ganze Kompanie kommen; mit denen wird ein Taktiker wie ich fertig!«
»Hm«, machte Holt. Die Rechnung ging gar zu glatt auf. »Der erste Panzer ist am schwersten abzuschießen«, erklärte Wolzow weiter, »aus moralischen Gründen! Vor dem ersten hat man Angst, wenn es gekracht hat und einer hochgegangen ist, dann sieht es schon besser aus. Ich brauch also was Idiotensicheres, damit der erste erledigt wird. Wir werden ihn verlocken, einfach über die Sperre wegzufahren, und ich leg mich dahinter und spreng Sperre samt Panzer in die Luft …« Er untersuchte noch einmal die Baumstämme. »Los! Von jeder Seite eine Panzerfaust dagegen, daß die Erde runtersackt …« Er kniete schon mit einer Panzerfaust im Straßengraben; die anderen verkrochen sich im Unterholz. Mund auf! Es krachte gewaltig; Holzstämme und Erdreich wirbelten durch die Luft. Der Rauch verzog sich. Durch eine breite Lücke rutschte das Erdreich auf die Straße. »Noch eine von der anderen Seite!« befahl Wolzow. Holt schoß, probeweise aus der verschneiten Feldstellung am Waldrand. Wolzow besah sich zufrieden die Verwüstung. »Jetzt rollt der erste Panzer kurz entschlossen über den Haufen weg!«
Holt fuhr zusammen. Eine ferne, mächtige Detonation erschütterte die Luft, dröhnte sekundenlang und grollte noch langenach. Wolzow fluchte. »Jetzt haben’s die Idioten krachen gehört und haben die Brücke gesprengt!« Holt schrie: »Und wie kommen wir zurück?« – »Irgendwie«, sagte Wolzow. »Das werden wir dann schon sehen.«
Sie schraubten die Köpfe der Panzerfäuste ab, die von den Volkssturmmännern zurückgelassen worden waren und häuften sie samt Sprengkapseln auf den Trümmerhaufen der Sperre. »Handgranaten!« befahl Wolzow. Holt lief zum Auto.
Dort stand der Gefreite und rauchte. Vetter schanzte abseits am Waldrand, er verlängerte den Graben bis ins Unterholz. Holt sagte: »Du könntest ihm helfen!« – »Blinder Eifer schadet nur«, spottete der Gefreite. Dann wurde er unvermittelt ernst. »Hör mal, Holt. Willst du hier wirklich …« Er machte eine Kopfbewegung zur Panzersperre hin; er zwinkerte.
Holt blickte befremdet auf. »Was soll das …«
Der Gefreite sah ihn merkwürdig an. »Na schön«, sagte er. Dann schlug er Holt auf die Schulter. »Nichts für ungut.«
Holt trug die Handgranaten zu Wolzow. Er dachte: Was ist mit dem los? Das ist doch … alles Maske! Er erinnerte sich an die Gesprächsfetzen, die er nachts mit angehört hatte und die nun einen Doppelsinn erhielten … Der ist in Wirklichkeit ganz anders!
Wolzow häufte die Handgranaten auf die Panzerfäuste und betrachtete mit schräggelegtem Kopf sein Werk. »Das haut die ganze Sperre kurz und klein! In dem ersten Panzer möcht ich nicht sitzen!« Er sah zum Himmel. »Schneit wieder, das ist die beste Tarnung.« Er nahm Holt am Arm. »Den Russen werd ich zeigen, was überlegene Taktik vermag! Ich bring die bessere Stellung ins Spiel! Ich nütze das Überraschungsmoment zu meinen Gunsten aus! So kühn, wie ich geplant habe, halten wir hier eine ganze Kompanie auf! Die Sache mit der Panzersperre hätte Moltke eine geniale Aushilfe genannt!« Holt nahm den Helm ab, zog den Kopfschützer ab und fuhr sich durchs nasse Haar. Aber Wolzows Zuversicht riß ihn doch mit. Er erinnerte sich an das
Weitere Kostenlose Bücher