Abenteuer des Werner Holt
Feuer, die Turm-MGs blitzten dünn, aber schon umfloß ihn in feurigen Bächen brennendes Benzin … »Gruppe!« Er zerbarst in gewaltiger Detonation.
Die Stille war so beängstigend, daß Holt ein Schauer der Furcht über den Rücken lief. Der Horizont im Westen verblaßte, es war dunkel, der flackernde Schein der brennenden Panzer drang bis an die Kanone. Vetter stand neben der Höhenrichtmaschine, halb in die Knie gehockt, patschte sich mit beiden Händen auf die Schenkel und lachte wie ein Irrer, und plötzlich begann er zu kreischen: »Wir siegen … paßt auf … wir siegen!« Wolzow erhob sich von seinem Sitz, nahm den Helm ab und schrie, mit einem Flackern in den Augen: »Ich mach die ganze Kompanie fertig …! Alle mach ich fertig!« Holt taumelte ein paar Schritte zur Seite. Er bückte sich. Da lagen zwei der jungen Panzersoldaten neben einem Patronenkorb, und die Splitter einer Sprenggranate hatten sie bis zur Unkenntlichkeit entstellt.
Sie liefen den Bergen entgegen. Hinter ihnen brannten die Panzer. Der Weg stieg an, dann führte er wieder hinab ins Tal. Die beiden Soldaten blieben zurück. Wolzow merkte es erst, als sie wieder ein Dorf erreichten, wo überall weiße Fahnen aus den Fenstern hingen. »Die Schweine wollen alle nicht mehr«, fluchte Wolzow. Ein Gehöft, nahe am Walde, war leer und verlassen. Sie drangen in das unverschlossene Wohnhaus ein. »Wir bleiben!«
Wolzow stapfte die Treppe hoch und warf sich angekleidet, mit verdreckten Stiefeln in ein Bett. Holt übernahm die Wache. Er liefzwischen den Weidenbüschen und dem ersten Gehöft auf und ab. Es wurde empfindlich kalt. Dann dämmerte der Morgen. Fern summte ein Motor. Holt lief ins Haus und jagte die Holztreppe hoch. »Sie kommen!« Ein Auto rollte die Straße entlang, ein offener, viereckiger Wagen, und darin saßen, Gewehre zwischen den Knien, Soldaten mit runden Helmen und khakifarbenen Uniformen. Holt floh durch die Küche, über den Hof. Vom Tor her fielen Schüsse. Wolzow und Vetter blieben im Schutz der Scheunenwand stehen und schossen zurück. Als Holt den nahen, schützenden Wald erreicht hatte, krachte eine Handgranate. Er sah sich um. Die Scheune stand in hellen Flammen. »Das war ich!« sagte Vetter. »Ich hab eine Handgranate ins Stroh geschmissen.«
Sie wanderten nach Nordosten und wichen allen Dörfern aus. Wolzow vertiefte sich in die Karte. Wieder stieg ein Berghang vor ihnen an. Vom Kamm sahen sie einen Fluß, der sich in Schleifen durch die Berge wand. An seinem Ufer lag ein Flecken. Eine weiße Steinbrücke überspannte das Gewässer.
Sie näherten sich vorsichtig der Brücke. Dort lehnte ein Soldat am Geländer, legte den Kopf in den Nacken und trank aus einer Flasche. Die Bewegung war unverkennbar.
Oberfeldwebel Burgkert grinste. Er war schwer betrunken, schwenkte die Schnapsflasche und sagte: »Die Rekruten!« Er ging mit ihnen stadtwärts »Division ›Schlageter‹«. Er trank. »Spähtrupp-Unternehmen. Den Spähtrupp haben die Jabos gefressen. Aber ich hab wieder ein Auto.« – »Sind hier Truppen?« fragte Wolzow. – »Ja. Ich«, sagte Burgkert. Vetter feixte. Burgkert fuhr fort: »Ich warte, bis sie kommen, dann jag ich die Brücke hoch. Zwanzig Panzerfäuste.« – »Zündung?« fragte Wolzow. – »Elektrisch. Haben die Pioniere gemacht, eh sie getürmt sind.«
Burgkert hatte sich in einer Villa verschanzt. In dem dicht bepflanzten Vorgarten waren Löcher ausgehoben, von dort konnte man bis hin zur Brücke sehen. Sie nisteten sich in einem großen Parterrezimmer ein. »Die Leute sind fuchsteufelswild. Die haben kochendes Wasser stehn. Aber nicht für die Amis«, sagte Burgkert.
Holt ging ein Stück in den Flecken hinein. In den Straßen standen Menschen vor den Häusern. Überall wehten weiße Fahnen. Holt begriff nur langsam, daß erhobene Fäuste, Flüche und Verwünschungen, daß die Ausbrüche von Haß ihm galten, seiner Anwesenheit, seinen Absichten. Enge Gassen, dachte er, Fachwerkhäuser, sie haben ja recht, ein paar Panzerfäuste, und der halbe Ort brennt ab! Aber weiter reichte sein Denken nicht mehr. Mein Schicksal, ihr Schicksal … Mag es seinen Lauf nehmen.
In der Villa schlief Burgkert einen schweren, betrunkenen Schlaf. Holt legte sich auf den Teppich.
»Sie sind da!« schrie Wolzow. Burgkert fuhr hoch, trank noch einmal und reichte auch Holt seine Feldflasche. Vetter und Wolzow lagen in den Löchern vor der Villa. Auf der Chaussee, dicht vor der Brücke, hielt ein Sherman,
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