Abenteuer des Werner Holt
und der Felswand hatte. Die Erregung schnürte ihm die Kehle zu. Auf einmal war auch Wolzow da. Meißner, um Holt im Auge zu behalten, hatte sich um seine eigene Achse gedreht. Als er Wolzow sah, sagte er noch einmal: »Nanu … Da sind die Herren ja beide!«
»Hast wohl die Suse erwartet?« fragte Wolzow und grinste. Schritt für Schritt ging Holt auf Meißner zu, die Pistole noch immer in der Tasche. Wolzow hielt sich, scheinbar unbeteiligt, ein paar Schritte abseits. Holt stand nun unmittelbar vor Meißner. Er sagte: »Die Suse kommt nicht. Bist uns auf den Leim gegangen. Den Brief hab ich geschrieben.« Meißner sagte, mit einer Stimme, die vor Wut zitterte: »Ach … So ist das! Anders habt ihr euch wohl nicht getraut?« Holt zog die Pistole aus der Tasche, richtete sie auf Meißner und sagte: »Einen schönen Gruß von der Ruth Wagner!«
Meißner wich langsam zurück. Holt folgte ihm. Meißner blickte starr auf die Waffe. Seine Stimme war auf einmal brüchig. »Was wollt ihr?«
»Nur eine Kleinigkeit«, sagte Holt.
»Achtung!« schrie Wolzow gellend. Holt trat instinktiv einen Schritt zur Seite, wie ein Schatten flog Meißner an ihm vorbei, der Schuß knallte durch die Dämmerung, und über das Bein, das Wolzow ihm stellte, schlug Meißner in die Farnwedel. Wolzow kniete schon auf seinem Rücken. Meißner bäumte sich auf, aber Wolzow hielt ihn nieder und schlug ihm zwei-, dreimal die Faust ins Gesicht, das zur Seite gewendet auf dem feuchten Boden lag.
»Ich werde dir helfen!« sagte Wolzow. »Werner, bind ihm die Füße!« Holt zog den Gürtel aus der Lederhose und band Meißners Beine. Sie drehten ihm beide Arme auf den Rücken und schnürten ihm auch die Ellenbogen zusammen. Dann schleiften sie ihn durch den Farn zur Felswand, wo sie ihn aufrecht, ans Gestein gelehnt, hinsetzten.
Es war dunkel. Wolzow leuchtete ihm mit der Taschenlampe ins Gesicht. Die Unterlippe war aufgeplatzt und dick geschwollen.
»Was wollt ihr?« fragte Meißner mühsam. Wolzow zog den Schein aus der Tasche und las: »… ›heimliches Liebesverhältnis gehabt und sie in schwangerem Zustand durch Drohungen eingeschüchtert und fortgejagt‹ …« Während Wolzow las, hob Meißner den Kopf. Sein Gesicht zeigte Schrecken, Furcht und Wut.
»So. Das wirst du erst einmal unterschreiben«, forderte Wolzow.
»Und … wenn ich nicht unterschreib?«
»Du wirst unterschreiben. Du weißt, es gibt da eine Menge netter Sachen, wenn einer nicht will.«
Schweigen.
»Und wenn ich doch nicht unterschreib?«
Wolzow antwortete nicht. Er nahm eine Zigarette, reichte auch Holt die Schachtel, aber Holt schüttelte den Kopf. »Dann bringen wir dich ’n Stück in den Wald und knallen dich ab.« Das klang so gleichgültig, daß Holts Hände zu zittern begannen. »Du hast fünf Minuten Bedenkzeit. Komm, Werner!«
Sie entfernten sich. Am Waldrand flüsterte Holt: »Und wenn er sich weigert?« – »Er
wird
unterschreiben, verlaß dich drauf! Er hat nicht die Nerven.«
»Und wenn er doch nicht … wollen wir ihn wirklich …?«
»Was bleibt uns denn anderes übrig?« Wolzow war immer noch gleichgültig. »Wir können ihn doch nicht laufen lassen! Wir haben gar keine Wahl! Überfall auf ’n HJ-Führer, bewaffnet! Noch dazu, wo er jetzt weiß, daß wir die Geschichte mit der Wagner kennen. Wenn wir ihn umlegen, dann fingier ich ’n Selbstmord, da haben wir eine Chance, daß man uns nicht erwischt. Aber wenn er uns anzeigt, geht’s uns dreckig. Komm jetzt, die fünf Minuten sind um.«
Holt ging an Wolzows Seite zum Felsen zurück. Mord. Kaltblütiger Mord! dachte er.
»Na? Hast du dir’s überlegt?«
»Ich unterschreib nicht«, sagte Meißner.
Wolzow schlug ihm die Faust ins Gesicht. Meißner schrie: »Verbrecher! Banditen!« Wolzow rief wütend: »Willst du wohl das Maul halten!«, faßte ihn unter den Achseln und stemmte ihn hoch. Dann schlug er abermals zu, und ein drittes Mal. Meißner sank zusammen und stöhnte: »Und wenn ihr mich totschlagt!«
»Sieh seine Taschen durch«, sagte Wolzow kalt, »man darf unseren Brief nicht bei ihm finden!« Holt griff in die linke, dann in die rechte Brusttasche, fand den Brief und steckte ihn ein. »Bind ihm die Beine los«, befahl Wolzow. Sie faßten ihn links und rechts an den Armen. Er sträubte sich. Sie schleiften ihn tiefer in den Wald. Mit einem Fußtritt hackte Wolzow ihm beide Beine unter dem Körper weg. Meißner stürzte zu Boden.
»Jetzt ist Schluß!« Wolzow setzte ihm die Mündung der
Weitere Kostenlose Bücher