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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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Armeepistole auf die Stirn. Da begann Meißner zu schreien: »Aufhören! Nimm den Revolver weg!« Er kreischte langgezogen: »Aufhören! Hilfe!«
    Wolzow preßte die Mündung der Waffe fester gegen seine Stirn. »Willst du unterschreiben?« Meißner schrie: »Ja doch … Ja! Nimm die Pistole weg!«
    Sie richteten ihn auf und banden ihn los. Wolzow leuchtete mit der Taschenlampe, in der anderen Hand hielt er die Pistole. Meißner unterschrieb. »Setz noch das Datum hin«, befahl Wolzow, »heut ist der 24. Juli 43. Den Tag sollst du dir merken!« Er stecktedie Pistole weg und schob den unterschriebenen Schein sorgfältig in die Brieftasche. »Steh schon auf, Mensch! Es kann losgehen. Jetzt begleichen wir zwei unsere Rechnung.«
    Holt sah, wie Wolzow auf den großen, blonden Burschen losschlug, der sich nur kurze Zeit zur Wehr setzte und bald wieder hinfiel. Wolzow trat ihn mit Füßen. Schließlich beugte er sich über die bewegungslose Gestalt, drehte sie auf den Rücken und leuchtete in das entstellte Gesicht. Meißner, in tiefer Bewußtlosigkeit, röchelte schwer.
    »Los, Werner, jetzt weg!«
    Der Himmel hatte sich bewölkt. Der Wald war nachtdunkel. Sie gingen eilig. »Hättest du ihn wirklich erschossen?« fragte Holt. »Ja, was denkst denn du?« antwortete Wolzow erstaunt.
    Dann, in der Wolzowschen Villa, die dunkel und menschenleer in der Nacht stand, saß Holt, den Kopf in die Hände gestützt.
    Einer lag jetzt zerschlagen und blutend im Walde. Ich bin viel zu weich. Ich muß härter werden! Mir graut vor Wolzow. Er hat, was mir noch fehlt: diese »Mörderkaltblütigkeit mit gutem Gewissen«, von der ich gelesen hab. Wie will ich den Krieg bestehn? Ich muß härter werden.
    Draußen schlug die Tür. Wolzow nahm sein Gepäck auf. Sie gingen langsam durch die Gassen zum Fluß hinab. Wolzow schleppte eine Aktentasche voll Bücher mit. Er sprach von seinen Plänen. »Wir werden die Zeit gut ausnützen. Nachtorientierungsmärsche, viel Sport, viel Scheibenschießen. Wir müssen unser militärisches Wissen erweitern. Wir müssen unsere kriegerischen Tugenden festigen.« – »Ja, Gilbert«, sagte Holt.
     
    8
     
    Holt und Gomulka schossen sich seit Tagen mit den Gewehren ein. Zemtzki hatte die Vormittagswache. Der Posten konnte vom Gipfel aus viele Kilometer weit das Gelände überblicken. Vetter, auf einem Klappstühlchen vor der Höhle, pfiff sich eins. Er putzte Pilze. In der Höhle, deren Eingang erweitert worden war, hingein Kessel mit Wasser über dem Feuer. Gestern hatte Wolzow einen Hasen in der Schlinge gefangen. Vetter, der Küchenbulle, wie Wolzow ihn nannte, konnte den Hasen nicht braten. Vetter hatte Sorgen. Das Fett war aufgebraucht, auch das Brot, mit dem letzten Pfund Roggenmehl kochte er heute Pilzsuppe. Holt und Gomulka schossen unten, in der Schlucht, auf eine kopfgroße, sandgefüllte Blechbüchse. »Es hat keinen Zweck, auf die Jagd zu gehen, ihr vergrämt bloß das Wild«, hatte Wolzow gesagt. »Schießt euch erst ein.« Gomulka ließ den Stutzen donnern, stehend freihändig, er verschwand bei jedem Schuß in einer stinkenden Qualmwolke. »Treffer!« sagte Holt, das Fernglas an den Augen. Gomulka lud und schoß, auf fünfundsiebzig Meter. »Treffer«, sagte Holt, »du triffst jetzt von drei Schuß zweimal, mehr wird’s nicht.« – »Auf was Lebendiges schießt sich’s besser«, sagte Gomulka und setzte den Stutzen ab, »das ist eine alte Weisheit: Jetzt du noch mal.« Sie gingen auf etwa dreißig Meter an die Büchse heran. Holt schoß links. Das Kleinkalibergewehr peitschte, hell und dünn neben dem schweren Stutzen. »Gut, gut«, sagte Gomulka, »ich denke, wir sind soweit.« Sie hängten die Gewehre auf den Rücken und stiegen aus der Schlucht wieder zur Höhe des Kreideplateaus auf.
    Vor der Höhle stand Wolzow, in der Badehose. Holt und Gomulka begannen, die Gewehre zu reinigen. »Bloß Pilzsuppe!« sagte Vetter. »Wenn ihr heute nichts ranschafft, wird ab morgen gefastet.« Wolzow hatte im Bach gebadet, auf seiner Haut standen funkelnde Wassertröpfchen. »Schießt, was euch vor die Gewehre kommt! Man kann auch Krähen essen, in der Suppe. Ich geh heut abend mit Zemtzki los und grab ein paar Rucksäcke Kartoffeln aus. Ich werde mir auch mal die Dörfer ansehen.« Er traf, während er sich ankleidete, immer neue Anordnungen. »Pilze ranschaffen und trocknen. Drüben, hinter der Schlucht, gibt’s bald Blaubeeren, Christian, merk dir das!« Vetter redete Wolzow mit »Chef« an und

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