Abenteuer des Werner Holt
Hingabe, wenn man sein Leben fürs Vaterland opfert … Oder in diesem Büchlein ›Die Stimme der Ahnen‹ vonSörensen, das uns der Knack neulich mitgebracht hat; Ekke hieß der Freiwillige, von dem da erzählt wird. Es hat sich mir wörtlich eingeprägt, wie er geschildert wird: ›halbaufrecht emporgeworfen die Handgranate mit einem Jauchzen in das Maschinengewehrnest schleudernd. Und im Schwung noch von der Kugel getroffen und niedersinken mit dem letzten Gedanken: … das beste für Deutschland …‹«
»Schmeiß den Dreck ins Feuer«, sagte Gomulka, »keine Knochen rumliegen lassen! Die Asche graben wir nachher ein … Und da denkst du nun, es könnte damit auch so sein wie mit der Liebe? Wolzow meint, der Krieg ist ganz unpoetisch. Wissenschaftlich trocken, wie Chemie, sagt er.« – »Aber wenn man sich dann durchgerungen hat, zur Todesbereitschaft und so, wie es bei Beumelburg im ›Frontsoldat‹ steht, kennst du’s?, dann soll ja erst die wirkliche und echte Begeisterung kommen.«
»Ich denke, in einem Jahr wissen wir’s«, sagte Gomulka. Sie streckten sich zum Schlafen aus, Kopf an Kopf. »Es gibt vieles, worüber man mit keinem reden kann«, meinte Holt leise. »Ich dachte früher mal, der Vater wäre dazu da, daß man alles mit ihm besprechen kann.« – »Die Alten«, sagte Gomulka, »wissen nicht, was sie wollen! Erst so, dann so.«
Noch nach Tagen fragte Vetter: »Wie habt ihr das bloß gemacht?« – »Eben abgedrückt und heimgeschleppt«, sagte Gomulka.
Täglich gab es drei Fleischmahlzeiten. Wolzow holte jeden zweiten Tag Kartoffeln. Tagsüber saß er vor der Höhle, studierte seine Lehrbücher der Strategie und brütete über einem Plan, von dem er noch nichts verlauten ließ.
Er war einige Male bei einem weit entfernten Dorf gewesen, in dessen Nähe er aus einem Acker halbreife Kartoffeln ausgrub. Die Felder am Wald wurden oft von Schwarzwild heimgesucht, aber der Vorschlag, dort auf ein Wildschwein zu lauern, wurde verworfen. Der Schuß mußte im Dorf gehört werden.
Wolzow hatte einen anderen Plan. »Los! Wir halten Kriegsrat.«
Irgendwo, einsam im Wald, lag ein einzelnes, kleines Gehöft,berichtete Wolzow. »Sie haben einen Hund, einen ziemlich großen Köter, den muß man abschießen. Dann kann man in Ruhe ein Schwein aus dem Koben holen!« Holt erschrak nun doch. Aber Vetter rief: »Eine Sau? Eine richtige, gemästete Sau?« – »Den Hund abschießen, gut«, sagte Holt. »Aber da hast du zwei Minuten später die Hausbewohner auf dem Hals!« – »Es wohnen ja bloß zwei alte Leute dort«, entgegnete Wolzow. »Es muß ein Forsthaus sein. Die Leute halten zwei Kühe und ein paar Schweine. Drei von uns stechen die Sau ab und schleifen sie weg, zwei Mann halten unterdessen die Alten in Schach. Man kann es auch am Tage machen, wenn die beiden aufs Feld gefahren sind. Sie haben einen Weizenacker, ziemlich weit weg. Ich arbeite es bis ins kleinste aus.«
Holt hörte sich das schweigend an. Der Plan lockte, denn er war abenteuerlich. Immerhin: Einbruch, Raub, bewaffneter Raub sogar … Er sagte sachlich: »Darauf steht Zuchthaus!« Zemtzki schaute Holt erschrocken an.
»Pfeif auf Zuchthaus! Erst müssen sie uns haben!« sagte Wolzow.
»Requirieren … beim Bauern requirieren«, sagte Vetter eifrig, »das ist im Krieg so Sitte! Mein Vater hat mal erzählt, daß die Wehrmacht in der Ukraine … in so einem Dorf … aus sämtlichen Gehöften das Vieh rausgeholt hat, nicht bloß eine Sau, und das wurde dann verladen. Die Leute mußten sich das gefallen lassen. Und wo sie nicht mitgemacht haben, da wurde alles an die Wand gestellt.« – »Da siehst du ja, wie man so was macht!« sagte Wolzow. »Es ist eine gute Nervenprobe für später. Man muß alles, was vorkommen kann, schon mal durchexerziert haben.«
Holt wurde ein Gefühl der Sorge nicht los. Aber Wolzow die Gefolgschaft aufzukündigen, kam nicht in Frage. »Ich mach natürlich mit«, sagte er. Dabei überlegte er schon, wie man den Folgen begegnen könne. Er machte sich nichts vor: er hatte Angst. »Ich setz mich mal einen Tag lang mit dem Fernglas auf eine Kiefer«, hörte er Wolzow sagen, »und spionier alles aus. Die Operation wird erstklassig vorbereitet.«
Holt traf sich mit Peter Wiese. Er verließ das Lager unter dem Vorwand, am Fluß Nachtangeln zu legen.
Wiese brachte allerhand Neuigkeiten. Das Verschwinden der fünf Jungen war noch nicht bemerkt worden. In der Stadt glaubte man sie beim Ernteeinsatz, und Wurm
Weitere Kostenlose Bücher