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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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Sie!«
    Er versuchte, sich zu rechtfertigen, aber der Trotz überzeugte nicht einmal ihn selbst. »Mit dem Kompaß durch den Wald. Wozu haben wir das gelernt? Und Schießen; oder die Eskaladierwand, an der sie mich schon im Jungvolk gedrillt haben … Das haben wir hier alles mal durchprobiert.« Er schaute mißtrauisch auf Uta.
    Sie sah ihn nachdenklich an. »Bitte …«, sagte er leise, beinahe kläglich, »fahren Sie nach Berlin zu Generalmajor Wolzow. Wenn Sie alles erzählen, hilft er uns, daß wir nicht eingesperrt werden.«
    »Eigentlich«, entgegnete sie, »sollten Sie Ihre Untaten allein ausbaden.« Das Wort »Untaten»war wieder der blanke Spott. »Was haben die denn davon, wenn sie uns einsperren?« meinte Holt. »Die solln uns endlich in den Krieg lassen. Da ist das doch alles erlaubt.« Sie schüttelte den Kopf. »Erzählen Sie mir alles. Die ganze Geschichte, von Anfang an.« Holt erzählte. Sie sagte, als er fertig war: »Gut. Ich fahre. Aber …« – »Was aber?« – »Nichts.« Sie erhob sich. Er ging neben ihr her, den schmalen Pfad zwischenSumpf und Wald entlang; er schob die Hand unter ihren Oberarm. Sie duldete es. »Ich bin Ihnen so dankbar …«, begann er stockend. Sie spottete: »Sentimentalitäten stehen dem Bandenräuber schlecht an!« – »Ich denk immerfort an Sie …«, sagte er beharrlich, »Tag und Nacht denk ich an Sie …« – »Und wenn Sie mit Ihrem Räuberdasein in den Bergen eins erreicht haben«, erwiderte sie, »so dies, daß ich gleichfalls öfter an Sie denken muß.« Er zog ihren Oberarm fester gegen seine Brust. »Sie haben mich ganz durcheinandergebracht …« – »Was Peter sicherlich sehr interessieren wird«, sagte sie lachend. Tatsächlich, da saß Wiese am Waldrand. Kühl und distanziert sagte sie: »Nächsten Samstag, am gleichen Platz.«
     
    »Ich glaube, es ist bald Schluß mit dem Leben hier«, sagte Gomulka. »Eigentlich schade, nicht?« Holt gab keine Antwort. Er war eine Nacht lang allein durch den Wald gestreift, von einer neuerlichen, quälenden Unruhe erfüllt. Sein Interesse am Lagerleben, an Jagd und Fischfang war erloschen. Ich hätte jeden Tag Uta besuchen können, dachte er … Er gab sich uferlosen Tagträumen hin, wenn er faul in der Sonne lag. Er liebte es, früh aufzustehen.
    Am Samstagmorgen lief er vor Sonnenaufgang aus der Höhle, kletterte durch die Felsen und legte sich in den eiskalten Bach. Dann brach er auf. Er verbarg sich am Fluß im Weidengehölz und schlief bis zum Abend.
    Er las in Utas Gesicht, daß sie Erfolg gehabt hatte.
    Sie ließen Wiese warten und liefen am Waldrand entlang. »General Wolzow hat getobt«, erzählte sie. »Dann hat er wohl eingesehen, daß er seinen einzigen Neffen nicht im Gefängnis enden lassen kann. Er will mit dem Oberstaatsanwalt telefonieren und dieser Tage herkommen. Nächste Woche sollen Sie sich der Polizei stellen.« – »Das ist ja nun keine sehr angenehme Lösung«, sagte Holt mißmutig. »General Wolzow«, entgegnete Uta streng, »hat gesagt: Wenn Sie sich nicht seiner Anweisung fügen, verliert er das Interesse an seinem Neffen und macht keinen Finger mehr krumm.« Sie faßte Holt am Arm. »Überreden Sie die anderen! Der General sorgt bestimmt dafür, daß Ihnen nichts geschieht. Abernun machen Sie endlich Schluß mit dieser … versetzten Romantik. Und noch etwas Wichtiges.« Sie sprach leise und eindringlich. »Sie dürfen den Überfall auf den Hof nicht zugeben! ›Das sind die Jungen nicht gewesen!‹ hat der General gesagt, denn eine solche Affäre könne auch er nicht geradebiegen. Sie müssen leugnen und leugnen, falls man es Ihnen überhaupt zur Last legen sollte.«
    Dies alles interessierte Holt schon gar nicht mehr. Das Abenteuer war Vergangenheit. Die Gegenwart war Uta. Die Zukunft war der Krieg.
    Er schaute zur Seite. In den letzten Wochen war viel geschehen. Ein verzauberter Augenblick, eine ländliche Nacht, und der Schleier war endgültig zerrissen. Sie ging neben ihm, ihre Schönheit war keine Aureole mehr, die sie unnahbar machte. War sie nicht aus Fleisch und Blut wie er? Er faßte ihre Hand, und sie ließ es geschehen. »Schönen Dank auch …«, sagte er, unbeholfen. »Hoffentlich … haben Sie nun keine gar zu schlechte Meinung von mir!«
    Sie warf einen flüchtigen Blick auf ihn. Er sagte: »Damals, bei Wieses … Ich dachte, man darf Sie nur von ferne bewundern … Sie dürfen es mir nicht übelnehmen, wenn ich …«
    »Still!« rief sie. »Was fällt Ihnen ein?« Und

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