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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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sie entzog ihm ihre Hand.
    Am Wege saß Peter Wiese, erhob sich und putzte ein wenig Erde von seiner Kleidung. »Vergessen Sie nicht: am kommenden Donnerstag«, sagte sie. Schon war sie um die Biegung des Weges verschwunden.
    Holt sah ihr erschrocken nach.
     
    9
     
    »Reumütige Rückkehr in die Stadt, freiwillige Auslieferung bei der Polizei … ein bißchen kläglich, dieses Ende, was?« sagte Gomulka. Auch Holt hatte sich alles anders vorgestellt.
    Wolzow hatte nur eine Sorge: »Wenn sie das Gepäck durchsuchen, sind die Pistolen hin!« Er begoß sie schließlich mitWaffenöl, wickelte sie in eine Zeltbahn und versteckte das Paket im Steinbruch. Vetter schlang seit einer Woche nichts als gebratenes Fleisch in sich hinein. »Kein Knöchelchen laß ich übrig«, schwur er. Gomulka erhob sich und nahm den Stutzen. »Kommst du mit?« In der Schlucht verschossen sie die letzte Munition. Sie waren sichere Schützen geworden. In der letzten Nacht saßen sie am Feuer. Wolzow, Vetter und Zemtzki schliefen. »Abschiedsstimmung«, sagte Gomulka. »Da geht aber bißchen mehr zu Ende als bloß das Abenteuer«, erwiderte Holt. »Die Schulzeit, ein ganzer Lebensabschnitt.« Gegen drei Uhr weckten sie Wolzow und die anderen, löschten das Feuer und trugen das Gepäck zum Fluß. Am frühen Nachmittag stießen sie den beladenen Kahn vom Ufer ab. Gomulka saß im Heck und steuerte. Sie trieben mit der Strömung.
    Sie legten bei der Badeanstalt an. Die Rückkehr söhnte mit dem kläglichen Ende des Abenteuers aus. Die Leute liefen zusammen. Da kamen sie, verdreckt, bartstoppelig, bewaffnet und beladen, polizeilich gesucht, gewissermaßen mit einem Steckbrief bedacht. Nur Vetter zitterte, vor der Rache seiner Sippe. Das Gepäck verstauten sie in Holts und Wolzows Badekabinen, dann drängten sie sich durch die Menge und meldeten sich bei der Polizei.
    Sie wurden in eine große Zelle gesperrt. Vergitterte Fenster, sechs Holzpritschen, ein Kübel. Vetter teilte Karten aus.
    Am anderen Tag wurden sie dem Richter vorgeführt. »Den kenn ich«, flüsterte Gomulka, »das ist der Jugendrichter!« Groß und dick saß er hinter einem mächtigen Schreibtisch, kahlköpfig, fetten Gesichts, und musterte die fünf Jungen durch die randlose Brille, wohl eine Minute lang.
    »Pfui Teufel!« sagte er. »Das Vaterland kämpft, blutet, leidet. Fünf junge Menschen desertieren! Treiben sich rum! Pfui Teufel! Fahnenflucht vom Ernteeinsatz! Herumtreiberei! Wilddiebstahl! Jagdfrevel! Tierquälerei! … Zemtzki!« schrie er, mit einem Blick in die vor ihm liegende Akte. »Gestehen Sie! Wer hat das alles angestiftet?«
    »Bitte …«, sagte Zemtzki flehend, und seine blauen Augen blickten unschuldsvoll. »Ich gestehe alles. Ich bin es gewesen!Aber ich bin es nicht allein gewesen, die anderen sind es auch alle gewesen!«
    »Pfui Teufel!« sagte der Richter abermals und schüttelte den kahlen Kopf. »Wolzow! Was haben Sie sich dabei gedacht? Ihre Mutter liegt im Krankenhaus! Ihr Vater ist für Führer und Reich gefallen! Ihr Onkel steht in vorderster Front! Und das Früchtchen treibt sich herum und wildert! Pfui Teufel! Und kein bißchen Reue! Unverschämter Blick, freches Gesicht, aufsässiges Gehabe!« Er neigte den Kopf tief über das Aktenstück und begann vorzulesen, ganz schnell: »Die Jugendlichen Gomulka, Sepp, geboren am 15. Juni 1927, Holt, Werner, geboren am 11. Januar 1927, Vetter, Christian, geboren am 30. April 1927, Wolzow, Gilbert, geboren am 23. März 1927, Zemtzki, Fritz, geboren am 1. Juni 1927, alle hier ansässig, werden auf dem Wege der Strafverfügung gemäß Paragraph 328 StPO wegen unerlaubter Entfernung vom Ernteeinsatz der Hitlerjugend, Herumtreiberei, Jagdfrevel laut Paragraph 292 StGB Abs. 1 und 2, Bildung bewaffneter Banden laut Paragraph 127 Abs. 1 und 2 StGB und wegen ständigen Vergehens gegen das Gesetz zum Schutz der Jugend mit acht Tagen Jugendarrest bestraft. Die Täter sind geständig. Strafmildernd wurde in Betracht gezogen, daß sie in verspäteter Einsicht der Verwerflichkeit ihres Tuns sich selbst dem Gericht gestellt haben. Gegen diese Strafverfügung kann Beschwerde beim Kreisgericht eingelegt werden, auch kann durch schriftlichen Antrag die Entscheidung des Kreisgerichtes angerufen werden, das dann die Hauptverhandlung ansetzen wird.«
    Er klappte den Deckel zu und sagte: »Sie treten die Haftstrafe sofort an.«
    Später sagte Gomulka: »Warum macht er so ein Theater? Meint er, das imponiert mir?« Vetter teilte

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