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Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
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in acht! Es sind bloß Choristinnen, ich hab sie nicht gern im Haus, aber die Männer brauchen jemanden zum Tanzen.« Er blieb allein.
    Er ließ keinen Blick von ihr. Sie trug ein Hausgewand aus brauner Seide, einen weiten und langen Hosenrock mit schlichtem Kasack, dessen Ärmel so weit waren, daß sie oft bis zur Schulter zurückfielen und dann die weißen, nackten Arme zeigten. Das Haar war zu einem griechischen Knoten hochgebunden. Als einzigen Schmuck trug sie in den Ohrläppchen ein paar kleine glitzernde Steine. In Holt glomm ein Funke Eifersucht auf all die Männer, die sie hier umgaben. Er neidete ihnen jedes Lächeln und jedes Wort.
    »Kamerad, da wolln wir mal!« Das war der bleiche Unteroffizier, und er reichte Holt ein Glas mit Kognak. Ringsum tanzte man zur Musik des Plattenspielers. »Urlaub?« fragte der Unteroffizier mit schwerer Zunge. »Oder hier im Einsatz? Ich … bin auf Fronturlaub … Wissen Sie was?« Er trank. »Zappenduster! Mensch … Kamerad …« Er wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. »Ich geh in drei Tagen wieder an die Ostfront … Prost!« Die Gläser waren frisch gefüllt. »Kamerad … es ist wirklich zappenduster! Die Welt ist so sehr verjudet, daß sie uns schließlich doch unterkriegen!«
    Frau Ziesche stand plötzlich bei ihnen und sagte mit heller Stimme, nicht ohne Schärfe: »Hab ich dir nicht verboten, vom Krieg zu reden? Geh tanzen!« Der Unteroffizier durchmaß mit unsicheren Schritten das Zimmer. Frau Ziesche setzte sich zu Holt und sagte in gespieltem Groll: »Sie sind ungezogen! Es gehört sich, daß man mit der Dame des Hauses tanzt!«
    »Ich kann nicht tanzen«, gestand er. Sie rief den Mädchen am Plattenspieler zu: »Einen Foxtrott!« Dann nahm sie ihn an der Hand und führte den einfachen Schritt vor. Er begriff schnell. »Geht ja ausgezeichnet«, meinte sie. Mit klopfendem Herzen hielt er sie im Arm, vorsichtig und behutsam, als sei sie aus Porzellan.Mit der Rechten fühlte er durch die Seide hindurch ihr Schulterblatt. Die Platte war abgelaufen. Er bat ungestüm: »Noch einmal … bitte!« Er geriet, in den Tanz vertieft, unaufhaltsam in einen Zustand von Erregung und Begeisterung. Er zog sie leicht und dann ein wenig fester an sich und erschrak darüber.
    Als auch dieser Tanz, viel zu schnell, beendet war, erschien sie ihm unnahbarer denn je. Eifersüchtig sah er sie mit einem anderen tanzen. Man reichte eine Platte mit belegten Broten herum. Ölsardinen! Aber er lehnte ab, obwohl er hungrig war. Schließlich setzte er sich zu den Choristinnen, ließ sich einen Kognak und gleich noch einen zweiten einschenken, aber das Geschwätz der Mädchen, die geschminkten Gesichter, es war ihm alles zuwider.
    Er raffte sich auf und bat Frau Ziesche abermals um einen Tanz. Der Kognak gab ihm den Mut, einen der Schauspieler, der ihm zuvorzukommen drohte, einfach beiseite zu schieben. Sie lachte. »Siehst du, Fritz, die tapferen Krieger werden vorrangig behandelt!« Er sah auf sie herab. In seinem Blut kreiste der Alkohol. Wenn ich mit ihr allein wär, ich würde sie küssen! Es gab einen dumpfen Fall, Gläser zersplitterten, die Choristinnen kreischten. Der Unteroffizier war hingestürzt und lag nun auf dem Parkett. Zwei der Schauspieler hoben ihn auf. Frau Ziesche wandte kaum den Kopf. »Bringt ihn ins Bad! … Er ist betrunken«, sagte sie zu Holt. »Er hat so sehr Angst vor der Front, daß er sich dauernd betrinkt!« Sie sah auf die Uhr. »In zehn Minuten werfe ich die Bande raus!«
    Im Radio tickte der Drahtfunk. Dann sagte der Sprecher: »… feindliche Kampfverbände im Anflug auf das Reichsgebiet …« Gefechtsschaltung! dachte Holt. Fort! Ein Auto anhalten … dann schaff ich’s! Aber er sah die Angst in Frau Ziesches Gesicht … Ich bleibe! Es war üblich, aber nicht Vorschrift, bei Alarm den Ausgang abzubrechen. Ich bleibe!
    Die Gäste polterten die Treppe hinab, man schleppte den bezechten Unteroffizier in eines der Autos. Frau Ziesche kommandierte inzwischen das Pflichtjahrmädchen: »Lassen Sie das Geschirr! Bringen Sie die Koffer in den Keller!« Sie ließ sich im Pelz in einen Sessel fallen. Die Sirenen gaben Voralarm. Holtöffnete in dem finsteren Zimmer alle Fenster. Kalte Luft drang in die verrauchte Wohnung. Im Haus hörte man die Leute in den Keller laufen.
    Frau Ziesche war hilflos und ängstlich wie ein Kind. »Wer soll das aushalten! Die dauernden Alarme! Zum Verzweifeln!« Holt sagte: »Warum bleiben Sie hier in Essen?« – »Mein Mann

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