Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abenteuer des Werner Holt

Abenteuer des Werner Holt

Titel: Abenteuer des Werner Holt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Noll
Vom Netzwerk:

    Während der folgenden Tage, da die Batterie nicht feuerbereit war, wollten die Luftwaffenhelfer einmal ausgiebig schlafen. Aber Kutschera erinnerte sich plötzlich daran, daß die Disziplin nachgelassen habe, und verfügte Fußdienst. Am Abend heizten sie den Ofen, daß er glühte, und fielen nach dem Stubendurchgang todmüde in die Betten.
    Da stürzte Zemtzki ins Zimmer: »Die Hamburger kommen! Noch andere! Dreißig Mann!« – »Dreck, verdammter«, rief Wolzow, »los, Männer, raus!« Er übernahm das Kommando und packte erst einmal Ziesche. »Wenn du nicht Neutralität schwörst, sperr ich dich in meinen Spind!« Widerstrebend gab Ziesche sein Ehrenwort, zog sich aber auch an.
    Wolzow organisierte die Verteidigung. Sein Plan, die anrückenden Oberhelfer auf freiem Felde anzufallen, fand keine Unterstützung, obwohl er ihn, in seinem Taschenbuch blätternd, mit klassischen Beispielen untermauerte. Das Malheur mit dem Ofen war nicht mehr rückgängig zu machen. Holt hatte einen Eimer Kohle hineingestopft. Das Feuer raste. Das Rohr glühte bis unter die Decke. Zemtzki berichtete: »Sie haben beimWaffenmeister Tränengaspatronen geklaut!« – »Gasmasken«, befahl Wolzow, »Stahlhelme!« Gomulka hatte sich aus dem Weihnachtsurlaub sein Luftgewehr mitgebracht, knetete Kügelchen aus Kommißbrot und schoß eines probeweise gegen Wolzows Hand. »Ganz schön«, meinte Wolzow, »immer schön in die Fresse, Sepp, dann ist es richtig!« Er verwarf die Klopfpeitschen. »Heute müssen stabilere Sachen her!« Eilig demolierten sie den Lattenrost vor der Baracke. Ein Kasten »Fanta« wurde bereitgestellt; »Fanta« war eine Art Limonade, mit Coffein versetzt. Gomulka kippte den Tisch auf die hohe Kante und verschanzte sich dahinter mit dem Luftgewehr.
    Wolzow und Holt warteten vor der Barackentür. Sie standen in der kühlen Nacht. Holt sagte: »Wie Hagen und Volker im Nibelungenlied.« – »Wirst mal sehen, wie ich die Brüder dresche!« sagte Wolzow.
    Gegen elf zogen sie im Gänsemarsch den Lattenrost entlang. Holt gab Alarm, Wolzow wartete im dunklen Korridor. Als die Hamburger die Tür aufzogen, trat er dem ersten in den Leib, daß er im Fallen zwei andere mitriß. Da die Überraschung mißlungen war, wagte sich keiner als erster an Wolzow heran. Aber ein Bombardement mit Steinen und Lehmklumpen zwang ihn zum Rückzug in die Stube. Er rammte von innen ein Brett unter die Klinke. Der Korridor füllte sich mit Menschen. Vor den Fenstern hörte man Getuschel. Ziesche saß nervös auf seinem Bett.
    Eine Weile blieb alles ruhig. Dann keilten die Hamburger mit einer Spitzhacke die obere Türecke auf, einen Spalt nur, aber doch weit genug, daß Gomulka rasch den Gewehrlauf hindurchstecken und abdrücken konnte. »Aaa!« machte es, und der Spalt klappte wieder zu. »Herrlich, Sepp!« Günsche brüllte draußen wütend: »Noch ein Schuß mit dem Luftgewehr, und wir dreschen euch reif fürs Revier!« – »Abwarten!« rief Wolzow. Holt dachte: Es sind zu viele, es muß schiefgehen!
    Zemtzki drückte sich an Wolzow heran. »Gilbert … Sie haben dich feige genannt!« hetzte er. »Einen Feigling!« Er grinste listig.
    Abermals keilten die Oberhelfer die Tür auf. Gomulkas Schuß ging diesmal fehl, und eine Tränengaspatrone zerklirrte im Zimmer,eine zweite … Sie zogen schon die Gasmasken über die Gesichter. Die Hamburger waren enttäuscht und berieten lange. Wolzow war nun endlich in Wut geraten, zertrat einen Schemel und nahm in jede Hand ein Stuhlbein.
    Schritte polterten auf dem Barackendach. »Verflucht, der Ofen!« rief Gomulka. Die Hamburger kippten Wasser aus dem Löschfaß in den Kamin und legten ein Brett auf den Schornstein. Sogleich begann der überheizte Ofen zu qualmen. Die Stube füllte sich mit Rauch. Sie hielten es unter den Masken eine Weile aus, dann wurde der Sauerstoff knapp. Holt hörte es in den Ohren rauschen, irgendwer, im Rauch nur undeutlich zu erkennen, taumelte schon, Holt und Wolzow rissen die Fenster auf, rissen die Helme, die Gasmasken herunter und atmeten.
    Nun wurden die Fenster gestürmt, aber sie waren gut zu verteidigen. Wolzow und Vetter schlugen mit den Latten drauflos, dazwischen patschte Gomulkas Luftgewehr. Zu spät erkannten sie, daß der Angriff auf die Fenster nur fingiert war. In ihrem Rücken barst das Türschloß, und die Oberhelfer drangen in die Stube.
    Ein paar wurden sofort niedergeschlagen und krochen stöhnend wieder auf den Korridor hinaus. Wolzow hieb, in jeder Hand ein

Weitere Kostenlose Bücher