Abenteuer im Ferienlager
Rücklichter in einer Einfahrt verschwanden.
Er stieg ab, lehnte das Rad in einem dunklen Winkel an die Wand, lief an einer Backsteinmauer weiter, lockerte sich, um seinen Atem zu beruhigen, und erreichte die Einfahrt. Sie führte auf einen Hof, der von den Rückfronten zweier Häuser und einem flachen Garagentrakt begrenzt wurde.
Tarzan presste sich an die Mauer und verharrte.
Der Wagen war in die zweite Garagenbox gerollt. Eben wurden die Scheinwerfer ausgeschaltet. Ein Schlag fiel zu. Ein Mann kam aus der Dunkelheit, lachte leise und riss ein Streichholz an.
»Diesmal, Nils, habe ich Terror gemacht.«
»Klasse! Hoffentlich schnallt die Alte endlich, was läuft.«
Die Stimme des zweiten kam von links. Tarzan schob den Kopf etwas vor. Jetzt sah er ihn. Erkannt hätte er ihn nicht – dazu war es zu dunkel. Aber an die Stimme erinnerte er sich: Es war Nils Thiessen.
Der Fahrer hatte sich eine Zigarette angesteckt. Die Glut leuchtete auf.
Für einen Moment hatte auch das Streichholz sein Gesicht erhellt. Demnach handelte es sich um einen jungen Burschen – wenig älter als Nils — mit zwei Pfund Kraushaaren. Sie vergrößerten den Umriss seines Kopfes aufs Doppelte.
»Hast du das Geld mit?«, fragte der Krauskopf.
»Hundert, wie abgemacht.«
Ein Geldschein raschelte.
»Mein Alter wird allmählich ungeduldig«, sagte Nils. »Seit einem halben Jahr läuft das Theater. Die Alte graust sich, denkt aber nicht ans Verkaufen.«
»Wir waren zu sanft. Wir müssen auf den Putz hauen, dass ihr vor Schiss die morschen Knochen zittern. Jedenfalls habe ich vorhin durch die Flüstertüte gestöhnt wie die armen Seelen von anno dunnemals.
»Und?«
»Sie hat überall Licht gemacht.«
»Mensch, Jens! Das macht sie doch immer. Das wirkt nicht. Okay, morgen Nacht bin ich wieder dabei. Und diesmal machen wir sie fertig. Sie muss endlich kapieren, dass sie in der Ecke hier nichts mehr zu suchen hat. Morgen dringen wir ins Haus ein. Vorher zerstören wir die Lichtleitung. Dann ist es dunkel bei ihr. Wenn sie eine Kerze anzündet – die wird ausgeblasen. Ich habe Nachschlüssel. Durch die Hintertür geht’srein. Wir nehmen die Phosphor-Kostüme. Und dann machen wir sie reif fürs Irrenhaus.«
»Und wenn sie um Hilfe telefoniert?«, fragte der krausköpfige Jens.
»Gut, dass du daran denkst. Bevor wir ihr auf den Hals kommen, mache ich das Telefon unbrauchbar. Ich weiß, welches Teilchen man aus dem Hörer rausschrauben muss. Hinterher installiere ich das wieder. Zerstören dürfen wir den Apparat nicht. Gespenster richten keinen Sachschaden an.«
»Höchstens einen Dachschaden«, lachte Jens und tippte an seinen Krauskopf. »Und den besorgen wir der Alten. Also dann, um elf bei dir, ja?«
»Um elf«, bestätigte Nils Thiessen. »Wir fahren mit deinem Wagen.«
Mehr hörte Tarzan nicht. Lautlos zog er sich zurück. Das Blut klopfte in seinen Schläfen. Sein Gemüt war in Aufruhr. Am liebsten hätte er sich auf die beiden Ganoven gestürzt. Aber das wäre unklug gewesen. Denn er hatte keinen Beweis.
Einer alten Frau so zuzusetzen! dachte er. Die sind unmenschlich. Verbrecher! Aber diesmal haben sie sich verrechnet.
Dann kehrte Tarzan um.
Bei Oma Truels brannte hinter allen Fenstern Licht. Das sah Tarzan freilich erst, als er das Haus fast erreicht hatte. Der Nebel war immer noch dicht.
Karl und Klößchen kamen an die Tür und ließen ihn ein.
»Ihr fehlt nichts. Ist gesund, hat aber Beruhigungstropfen nehmen müssen«, verkündete Klößchen. »Hast du was erreicht?«
»Das erzähle ich gleich.«
Oma Truels saß mit Gaby in der Bauernküche. Die Hängelampe über dem Tisch war tief heruntergezogen.
»Tut mir Leid, dass wir zu spät gekommen sind«, sagte Tarzan. »Diesmal war’s ja nur ein Gespenst. Und lange hat sich’snicht aufgehalten, wie? Immerhin, Oma Truels, weiß ich jetzt, wie das Gespenst heißt: Jens. Es ist ungefähr so alt wie Nils Thiessen, kriegt 100 Mark pro Auftritt und hat einen Krauskopf wie ein Berberlöwe, der lange nicht beim Frisör war. Wie geht es, Oma? Hast du Herzbeschwerden?«
»Nein, nein!« Oma Truels’ Augen blitzten. »Die Tropfen wirken schon. Aber... ich meine, der Spuk ist nicht echt...? Keine echten Geister?«
»Keine Geister, keine Gespenster, keine übersinnliche Erscheinung, kein Nachtmahr. Sondern der verbrecherische Versuch vom bösen Thiessen, dich aus deinem Haus zu verjagen. Die beiden Faschings-Gespenster kommen morgen wieder.«
Oma Truels ballte ihre
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