Abenteuer Jakobsweg - Höhen und Tiefen einer langen Reise (German Edition)
diesem Augenblick für mich so viel mehr. Ich war auf dem Weg!!
Von nun an wurde es grüner, ich ließ die Stadt allmählich hinter mir und sah immer wieder Markierungen, die mir den rechten Weg wiesen. Er führte mich durch kleinere Ortschaften, in denen Kölsch gesprochen wird, kurze bewaldete Abschnitte und leuchtend gelbe Rapsfelder. Ich staunte, wie weit die Natur schon ist, es war doch gerade erst Ostern. Kurz vor Mittag erreichte ich Brühl, es war inzwischen ordentlich warm geworden, jedoch immer noch sehr diesig. Die Kölner Skyline zeichnete sich nur schemenhaft ab. Auf einer schattigen Parkbank konnte ich endlich meine erste Pause einlegen. Welch eine Wohltat, den Rucksack abzunehmen. Dieses Biest ist schwerer, als ich mir das vorgestellt habe. Hoffentlich stimmt, was in einem Outdoorbuch zu lesen war, und zwar, dass nach ein paar Tagen der Gewöhnungseffekt einsetzt. Will mal darauf vertrauen... .
Eine halbe Stunde Rast habe ich mir gegönnt, mehr wollte ich nicht, sonst hätte womöglich die Trägheit Besitz von mir ergriffen und mir das Weiterwandern zusätzlich erschwert. Immerhin habe ich es geschafft, etwas zu dösen, ohne viel nachzudenken. Wahrscheinlich war ich zu kaputt dafür.
Nur ein paar Minuten war ich wieder auf den Beinen, da hätte ich in der lebhaften Fußgängerzone am liebsten die nächste Pause eingelegt. Das Weißbier auf den Tischen der Straßencafés lachte mich verführerisch an, doch ich wusste mich zu beherrschen. Also setzte Ich meinen Weg fort, passierte das prächtige Barockschloss Augustusburg und gelangte über die Hauptstraße zurück in die Natur. Die Sonne knallte inzwischen gehörig, trieb den Schweiß aus allen Poren. Der Streckenverlauf wurde nun immer schöner, so wie die kleinen Ortschaften, die ich durchquerte. In einer davon erweckte mein Durchmarsch echte Aufmerksamkeit. Eine plaudernde Herrenrunde unterbrach seine Konversation über die fußballerischen „Glanzleistungen“ des 1. FC Köln, um treffend festzustellen: „Ey, guckt mal, der da vorn geht wohl den Jakobsweg.“ Ein anderer Herr wartete mit einer schlauen Frage auf: „Was trägst du denn da mit dir rum? Ist das ein Jesusstab?“. Der Typ schien sich aber nicht wirklich zu interessieren, daher blieb ich ihm eine Antwort schuldig und beließ es bei einem knappen Gruß. Kurz darauf erreichte ich einen wunderschönen Laubwald, in dem ich fast allein war und dem fröhlichen Gesang der Vögel lauschte. Lediglich einem älteren netten Ehepaar mit ihrem Enkelkind begegnete ich nach einer Weile. Die beiden rüstigen Senioren waren sehr redselig und wollten mir gleich mehrere regionale Wanderwege empfehlen. Die solle ich auch unbedingt mal laufen, so deren Appell. Nett gemeint, aber ich denke, ich habe mit meinem Weg erst mal genug zu tun. Freundlich signalisierte ich, weitergehen zu wollen und verabschiedete mich. Bis kurz vor Weilerswist bot mir der Wald sein natürliches Dach als Sonnenschutz. Auf den letzten 2 km über Nebenstraßen sehnte ich meinen heutigen Zielort dann förmlich herbei, ich spürte nun mit jedem Schritt meine Energie schwinden. Endlich, auf dem Kirchplatz wartete eine Bank auf mich, auf die ich danieder sank, allerdings nur zum Durchschnaufen, schließlich musste ich mir noch ein Quartier suchen. Den Rucksack erneut zu schultern, kostete Überwindung, aber was hatte ich für eine Wahl? Beim ersten Hotel machte ich schnell kehrt, 58,- EUR für ein Zimmer waren weit mehr, als ich auszugeben bereit bin. Auch das nächste Hotel war entschieden zu teuer, aber der Inhaber, ein Guildo-Horn-Verschnitt mit Hornbrille, gab mir einen großzügigen Rabatt. Damit konnte ich mich angesichts fehlender Alternativen arrangieren. Die nächstgelegene Unterkunft befindet sich etwa 45 Fußminuten entfernt, liegt obendrein völlig abseits des Weges. No way - nicht heute!
Stattdessen genoss ich es, mich erschöpft auf mein Bett fallen zu lassen. Dass das Zimmer auch den reduzierten Preis nicht wert ist, die Möbel dick angestaubt sind, stört mich nicht die Bohne. Das Bett ist sauber und hat eine gute Matratze, das ist viel wichtiger. „Guildo“, der mir beim Einchecken etwas zu viel redete, berichtete mir unter anderem von einem deutschen Pilgerehepaar, das ebenfalls auf dem Weg nach Santiago ist und in der letzten Woche bei ihm übernachtet hat. Aha! Nach einer wohltuenden Dusche habe ich mich beeilt, im „schmucken“ Stammtischlokal des Ortes eine ordentliche Mahlzeit zu mir zu
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