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Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters

Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters

Titel: Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Rammstedt
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Als die ersten Schüsse fallen, hoffe ich noch, dass
die ihn lediglich einschüchtern sollen, aber schon beim dritten Knall wird sein
Körper zurückgeworfen. Mühsam und wackelig richtet er sich wieder auf, schirmt
uns weiter ab. Ein weiterer Schuss trifft ihn, er schwankt, fällt aber noch
immer nicht. Er versucht zu bellen. Es reicht nur für ein gurgelndes Fiepen,
Blut läuft aus seinem Mund, aus seiner Flanke. Wieder wird er getroffen, ich
stemme meine Füße gegen ihn, damit er noch halbwegs aufrecht stehen bleibt. Er
dreht seinen Kopf zu mir, sieht mich an,
nicht stolz, nicht verschwörerisch, da ist nur blanke Angst, und ich rede mir
ein, allein deshalb weiterrudern zu müssen, damit er sich nicht ganz umsonst
geängstigt hat. Immer mehr Schüsse verfehlen jetzt ihr Ziel oder verenden vor
uns im Wasser, dann hören sie ganz auf. Wir sind außer Reichweite. Erschöpft
lassen wir die Ruder sinken und richten uns auf. Der Hund sackt in sich
zusammen. Ich kraule seine Flanke, will ihn beruhigen, will ihn trösten,
ihm danken, doch nichts dringt mehr zu ihm durch. »Er ist tot«, sage ich. Sie
nicken, aber das sehe ich nicht.
    Die Dämmerung bricht an. Man hört Vögel, leichte Wellen,
erleichtertes Knarren von Holz. Ich kann Ihren Blick auf mir spüren, während
ich weiter den Hund kraule. Ich spüre Ihre Hand, die kurz meine Schulter
berührt. Ich höre, wie Sie die Ruder ins Wasser schlagen, langsam und
gleichmäßig. Wir nehmen wieder Fahrt auf.
    Es ist noch nicht vorbei, Herr Willis. Auch wenn ich gerade selbst
nicht weiß, ob mir das gefällt. In irgendeiner Richtung liegt wohl das
glückliche Ende, und ich habe nicht die geringste Ahnung, welche das sein
könnte. Wissen Sie es vielleicht? Wenigstens grob? Schreiben Sie es mir?
    Ihr
    Tilman Rammstedt
    Mein ehemaliger Bankberater kochte manchmal für mich. Er war
kein besonders guter Koch, aber das hatte er auch nie behauptet.
Meistens gab es Kartoffeln mit Butter und zum Nachtisch Kartoffeln ohne alles.
Die Küchenuhr tickte. Der Kühlschrank fing an zu brummen und hörte wieder damit
auf. Es blieben Reste.

Sehr geehrter Herr Willis,
    guten Morgen. Es tut mir leid, bei Ihnen ist es noch sehr
früh, aber wir haben wenig Zeit. Wir müssen hier weg. Wir können nicht ewig in
der Mitte des Sees treiben, auch wenn mir das genauso verlockend erscheint wie
Ihnen und ich mir gerade einrede, das hier sei doch auch schon ein ziemlich
glückliches Ende. Der Morgen ist ziemlich schön und die Luft ziemlich klar.
Wenn man nicht allzu genau hinschaut, ist der Hund vielleicht nur ziemlich müde, und wenn man noch ungenauer schaut,
sind wir beide nur ziemlich verloren. Aber ein ziemlich glückliches Ende reicht
leider nicht. Ein ziemlich glückliches Ende erinnert einen immer nur daran, was
alles fehlt, um an einem richtig glücklichen Ende zu sein, und dann ist es im Handumdrehen
ein ziemlich unglückliches Ende, also fast schon ein richtig unglückliches
Ende, zumindest wenn man ganz genau hinschaut.
    Deshalb schüttele ich Sie so energisch, Herr Willis. Sie müssen
sofort aufwachen. Ich brauche Sie bei klarem Verstand. Ihre Augen öffnen sich
aber immer nur für einen winzigen Moment, dann fallen sie wieder zu. Ihr Kopf kippt
nach vorn, Ihre Schultern sacken ein. Ich sage es ungern, Herr Willis, aber Sie
sehen nicht gut aus. Sie sehen sogar ausgesprochen schlecht aus, da kann man so
ungenau schauen, wie man will, und Ihr Bein rechne ich da noch gar nicht mit
ein. Das muss warten, fast alles muss noch warten, nur noch ein wenig, bis wir
uns in Sicherheit befinden.
    Immer wieder schaue ich mich um, die Polizisten sind nirgendwo zu
sehen. Das heißt leider nichts, denn natürlich sind sie nicht einfach
verschwunden, natürlich haben sie Verstärkung angefordert, Taucher, Boote,
vielleicht sogar einen Hubschrauber. So etwas steht denen doch alles zur
Verfügung, das will doch auch mal zum Einsatz gebracht werden, und so eine
Gelegenheit wie wir kommt nicht alle Tage.
    Ich schüttele Sie weiter, spritze Ihnen Seewasser ins Gesicht, gebe
Ihnen ein paar Ohrfeigen. »Aufwachen«, rufe ich. Jetzt sei keine Zeit zum
Schlafen. Sie fahren sich mit der Zunge über die Lippen. Dass Sie Durst haben, krächzen
Sie wahrscheinlich, genau kann ich das nicht verstehen. Kurz heben Sie den Kopf,
lassen ihn wieder sinken, er ist viel zu schwer. Mit einer Hand stütze ich ihn,
mit der anderen flöße ich Ihnen ein wenig Seewasser ein. Es ist nicht besonders
sauber, aber darauf kommt es jetzt

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