Abenteuer mit Archimedes, Pythagoras & Co.
schienen etwas in sich zusammenzusacken, als er antwortete: »Was soll ich tun? Die Kühe sind so gezüchtet. Wenn ich ihnen kein DHMO gebe, gehen sie mir ein. Da stecken die großen Firmen dahinter.«
Ich schaute ihn ungläubig an. »Sie sagen, Ihre Kühe brauchen das Gift?«
»Wie der Süchtige das Koks.« Nun hob er beschwichtigend die Hände. »Seid beruhigt, es ist größtenteils ungefährlich, solange ihr es nicht einatmet.«
»Was passiert dann?«, fragte Olli.
Herr Buchfäller fuhr sich mit dem Zeigefinger über die Kehle. »Das ganze Trara ist sowieso übertrieben. Wenn DHMO so giftig wäre, würdet ihr hier nicht sitzen. Oder trinkt ihr etwa nicht vom Wasserhahn?«
»Ich schon, Olli nicht. Der bevorzugt Sprudel.«
»Siehst du«, sagte Herr Buchfäller. »Da nimmst du die überhaupt größte Dosis DHMO in dich auf und bist immer noch quietschfidel. Wenn ihr mir nicht glaubt, fragt doch Professor Keller. Also, lasst den angeblichen Skandal ruhen und geht wieder spielen. Piraten, Ritter, Rennfahrer oder hockt euch vor eure Konsole.«
Damit schob er uns vor die Tür.
Unsere Milch hatten wir nicht getrunken.
Olli schlug sich mit der Faust in die flache Hand. »Den haben wir ertappt! Hast du gesehen, wie er gezittert hat?«
»Wer ist Professor Keller?«, fragte ich und kramte Opas Zettel mit den Adressen hervor.
»So ein Naturmensch. Der passt auf die Wälder und Wiesen auf, glaube ich.«
Wir fanden Professor Keller am Bach. Er stand mit Gummistiefeln darin und fuhr mit einem Kescher im Wasser herum. Auf dem Kopf saß ein Anglerhut, der die graue Haarflut nur mäßig bändigte.
»Hallo, junge Forscher, was treibt euch zu meinem Feuchtbiotop?« Er rieb die Brille trocken und trat ans Ufer.
»Feucht-was?«, antwortete Olli.
Professor Keller lachte. »So ist das, wenn man sein Leben lang an der Universität Ökologie gelehrt hat: Die Sprache verknotet sich.«
Ich räusperte mich. »Wir haben eine Frage zu Dihydro...«
Sein Handy klingelte und unterbrach mich.
»Einen Augenblick«, sagte er und nahm den Anruf an. »Keller!« Er lauschte, warf uns einen amüsierten Seitenblick zu und verabschiedete sich wieder.
»Das war dein Opa. Der sorgt sich wohl um dich. Worum geht es?« Er leerte den Kescher in den Bach und gemeinsam schlenderten wir zu seinem Haus. Olli klärte ihn unterwegs auf.
»Dihydromonogenoxid?«, fragte er.
Wir setzten uns hinter Professor Kellers Haus auf die Wiese.
»Seid ihr durstig?«
Wir schüttelten den Kopf.
»DHMO ist, was wir Wissenschaftler einen unsichtbaren Killer nennen. Tausende sterben jährlich daran, die meisten, weil sie es inhalieren.«
»Inhalieren?«, fragte Olli.
»Einatmen.«
»Das hat der Buchfäller auch gesagt«, flüsterte ich Olli zu.
»Es ist geruchlos, farblos, geschmacklos und nicht brennbar, es existiert in fester, flüssiger und gasförmiger Form. Kommt ihr mit der festen Form zu lange in Kontakt, kann das zu Gewebeschäden führen. Kommt ihr mit der flüssigen Form in Kontakt, kann das zu schweren Verbrennungen führen.«
»Warum tut denn niemand etwas dagegen?«, fragte ich.
Professor Keller seufzte und zuckte hilflos mit den Schultern.
»Ich bin Wissenschaftler und erforsche Dihydrogen-Monoxid. Ich sammele Daten und noch mehr Daten, bis es irgendwann zu spät ist. Das tun wir Wissenschaftler. Wisst ihr, dass DHMO wichtiger Bestandteil von saurem Regen ist? Es lässt Metall korrodieren ...«
»Was?«, warf Olli ein.
»Verrosten. Man nutzt es in Nuklearkraftwerken und Automotoren. Es ist aus der chemischen Welt kaum mehr wegzudenken. Das Seltsame ist, dass die aufgeklärte Bevölkerung uneins ist, ob man DHMO nun bannen soll oder nicht.«
»Sind die alle dumm?«, fragte Olli.
Ich gab ihm einen Rippenstoß. »Nein, hast du nicht zugehört? Die sind aufgeklärt.«
Professor Keller fuhr fort: »Ich habe in einer Umfrage hundert Prozent aller Befragten befragt.« Er lächelte verschmitzt.
»So viele!«, rief Olli ehrfürchtig.
»Was meint ihr: Sollte DHMO verboten werden?«
Olli rief: »Ja!« Ich sagte: »Ich weiß nicht einmal, was das Zeug eigentlich ist!«
Professor Keller nickte mir anerkennend zu. »Nun etwas zum Hintergrund der Chemikalie: DHMO ist laut neuesten Forschungen extrem gefährlich. Es trägt zur Erosion bei und greift die Gesundheit an. Es wurde in den Vernichtungslagern der Nazis benutzt und in Gefängnissen im Irak, Libyen, Nordkorea, Syrien und Iran. Trotz wissenschaftlich fundierter Giftigkeit wird die allgemeine
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