Abenteuer mit Archimedes, Pythagoras & Co.
Rucksack nach. »Den haben wir nicht dabei.«
»Verflixt!«
»Und nun?«, fragte ich. Angst hatte ich keine. Mit Opa konnte mir gar nichts passieren. Wenn wir uns jetzt durch die Büsche schlagen mussten, dann wurde das Abenteuer nur spannender.
Opa setzte sich im Schneidersitz hin und breitete die Karte aus. »Alles halb so schlimm. Wir sind irgendwo auf diesem Berg. Wollebach ist südwestlich von uns. Wir können uns an der Sonne orientieren. Im Osten geht die Sonne auf, nach Süden nimmt sie ihren Lauf, im Westen wird sie untergeh’n, im Norden ist sie nie zu seh’n«, reimte er.
Ich schaute nach oben, sah aber nur Baumwipfel und Wolken.
Opa nickte. »Mir wäre ein Kompass auch lieber«, sagte er, zog eine Sicherheitsnadel aus der Manschette seines Hemdes und bog sie auf. »Ein Glück, dass ich die Knöpfe noch nicht ersetzt habe.«
Nun holte er den Stabmagneten aus seiner Gesäßtasche hervor und begann immer wieder von vorne nach hinten über die Nadel zu streichen. »Ich nenne das Bezirke kämmen. Die Atome in einem Magneten sind nämlich in Einheiten angeordnet, die man Weiss-Bezirke nennt. Wie kleine Hunde nach Leckerli hecheln diese Bezirke nach dem Magnetfeld. Wir müssen sie nur dazu bringen, alle in eine Richtung zu schauen, und schon haben wir aus der magnetischen Nadel eine magnetisierte Nadel gemacht, die selber einen Nordpol und einen Südpol hat.«
»Warum heißen die weiß und nicht schwarz oder grün?«
»Weil Pierre-Ernest, der diese Bezirke Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckt hat, nun einmal Weiss mit Nachnamen hieß.«
»Sieht nicht so aus, als würde sich da irgendetwas tun«, kritisierte ich.
»Wie gesagt, die Atome sind alle ziemlich klein.« Er holte sein Taschenmesser hervor und ließ mich die Nadel daran halten.
»Wow!«, rief ich, als ich spürte, wie es die Nadel zum Messer zog.
»Hast du schon einmal vom Magnetfeld der Erde gehört?«
Ich nickte. »Kompassnadeln zeigen immer nach Norden.«
»Genau. Wir müssen unserer magnetisierten Nadel nur freies Spiel lassen. Reich mir bitte mal die Tupperschüssel, in der wir die belegten Brote hatten.«
Er füllte die Schüssel mit Sprudelwasser aus unserer Wanderflasche und zupfte ein Buchenblatt von einem Baum, auf das er die magnetisierte Nadel legte. »Das ist unser Schiffchen.« Er legte es ins Sprudelwasser, das längst nicht mehr sprudelte, und wartete ab. »Die Nadel kann sich auf dem Schiffchen frei bewegen, das ist sehr wichtig für einen Kompass.«
Es dauerte etwas, doch schließlich stand das Blatt still und die Nadel zeigte unbeirrt in eine Richtung. »Norden«, kommentierte Opa.
Das Sprudelwasser füllten wir wieder in die Flasche, denn vielleicht mussten wir den Kompass noch einmal befragen. Opa gab mir seinen Magneten, den ich in meine Gesäßtasche steckte, und los ging es südwestlich in die Büsche. Keine fünf Minuten später stießen wir auf einen Wanderweg und noch vor zwei Uhr waren wir wieder zu Hause.
Tanja, Olli und ich beschlossen, die Geschichte über den Müllognetismus zu überprüfen. Ein richtiger Wissenschaftler testet nämlich alles, sagte Opa immer, und erst wenn oft genug getestet wurde und wieder und wieder das gleiche Ergebnis herauskommt, darf man etwas glauben. Oder so ähnlich.
Wir trafen uns an der Platane. Jeder brachte ein paar leere Tüten mit. Wir alle trugen Wanderschuhe und Olli hatte sogar einen Wanderstock dabei.
»Am Parkplatz bei der Tankstelle finden wir sicher eine Menge Müll!«
Olli winkte ab. »Viel zu aufwendig. Nicht nur Sarazenenbäume ziehen Müll an, Mülltonnen tun das auch.«
»Du willst anderer Leute Abfall stehlen?«, fragte Tanja. An ihrem Tonfall hörte ich, dass ihr der Gedanke Unbehagen bereitete.
»Das ist Müll, der wurde weggeworfen. Wenn wir den wegnehmen, ist das kein Diebstahl«, verteidigte sich Olli.
Ich teilte Tanjas Bedenken. »Und wenn uns dabei jemand beobachtet?«
Olli schürzte die Lippen. »Hast du nicht erzählt, dein Opa habe die letzten Tage fleißig gesammelt? Wir können uns doch euren Müll ausleihen, oder nicht?«
»Ausleihen?«, fragte Tanja.
»Wir bringen ihn natürlich zurück, wenn ihn die Sarazenenbäume nicht gefressen haben.«
Damit konnten wir alle leben. Opa hatte seine Sammlung in die Abfalltonne entleert und wir entleerten nun wiederum die Abfalltonne. Olli und ich stemmten uns dagegen, bis der stinkende Inhalt der Tonne vor unsere Füße fiel. Tanja sprang zurück und rief »Igitt!«, Olli hielt sich demonstrativ
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