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Abenteuer mit Archimedes, Pythagoras & Co.

Abenteuer mit Archimedes, Pythagoras & Co.

Titel: Abenteuer mit Archimedes, Pythagoras & Co. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Zeidler
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Rätselregeln fest.

Fünf Minuten Wasser
    Platsch!
    Eine Ewigkeit verging.
    Plitsch!
    Die Zeit dehnte sich endlos zwischen den Tropfen.
    Platsch!
    Ich schaute auf die Uhr. 1.35 morgens!
    Plitsch!
    Schrecklich! Ich wälzte mich auf die andere Seite und versuchte, das Tropfen aus dem Badezimmer zu verdrängen. Presste ich mir das Kopfkissen auf die Ohren, war mir bald zu warm, steckte ich die Finger in die Ohren, lag ich unbequem, und das Tropfen einfach nicht zu beachten, funktionierte nicht.
    Platsch!
    Wieder einer! Hastig versuchte ich einzuschlafen, bevor der nächste Tropfen fiel, jedoch ohne Erfolg. Das nächste
Plitsch!
drang mit einem Krach an mein Ohr, der selbst Schneewittchen geweckt hätte. Meine Beine lagen schwer auf der Matratze und fühlten sich an, als habe sie jemand mit Eisen ausgegossen.
    Platsch!
    Wie viel Wasser konnte noch in der Leitung sein? Das Badezimmer war sicher schon überschwemmt. Hörte Opa nichts? Oder Oma? Endlich fand ich genug Kraft, mich aus dem Bett zu wuchten und halb im Delirium ins Badezimmer zu schlurfen, wo ich den Wasserhahn fest zudrehte.
    Mit einem letzten Blick auf die Uhr ließ ich mich wieder in die Kissen zurücksinken. 1.40 Uhr morgens. Die letzten fünf Minuten hatten sich wie Jahre gedehnt. Glücklich, dass noch so viel Nacht übrig war, schlummerte ich ein.
    Einen Schnarcher später brummte unten die Kaffeemühle. Ich richtete mich müde auf und fühlte mich wie ein zerknautschtes Taschentuch. Es konnte einfach nicht mehr Zeit vergangen sein als ein paar Herzschläge, seit ich dem Wasserhahn die Platscherei abgewöhnt hatte. Doch das hereinfallende Sonnenlicht und der Wecker sprachen eine andere Sprache: 8.15 Uhr morgens.
    Am Frühstückstisch erzählte ich Opa von dem tropfenden Wasserhahn. Der versprach, sich gleich darum zu kümmern. Wahrscheinlich eine spröde Dichtung.
    »Meinst du, die Sarazenenbäume wachen auf, bevor die Sommerferien vorbei sind?«
    »Sicherlich«, brummte Opa.
    »Ich bin nur noch eine Woche bei euch, die ist mir nichts dir nichts rum«, jammerte ich. »Schade, denn es waren richtig spannende Sommerferien.«
    Oma goss mir Kakao nach und lächelte gütig. »Gerade hast du noch davon erzählt, dass dir fünf Minuten wie ein ganzes Jahr vorgekommen sind. Demnach bist du noch einige gefühlte Jahrzehnte bei uns.«
    Ich runzelte die Stirn. Wollte Oma mich veralbern? »Das ist doch etwas ganz anderes!«, protestierte ich.
    »Wirklich?«, fiel Opa ein. »Letzte Nacht zwischen eins und zwei kann ich mich an gar nichts erinnern. Das war die kürzeste Stunde meines Lebens.«
    »Weil du den Wasserhahn nicht gehört hast.«
    »Dehnt ein Wasserhahn die Zeit?«, fragte Oma.
    Ich schaute verblüfft drein. Konnte das möglich sein?
    Opa betrachtete den Kalender an der Wand. »Bald ist der sechste August. Auf der Westerburg war das ein Feiertag, und ich bin mir sicher, dass die Sarazenen um diese Zeit herum erwachen.« Er zwinkerte mir verschmitzt zu. »Bis dahin sollte der Turm bemannt sein, und zwar mit wachen Wachen.«
    »Der von der Ruine?«, fragte ich.
    Opa nickte. »Eben der.«
    In den letzten Wochen hatte sich Wollebach verwandelt. Als ich am Beginn der Sommerferien hier angekommen war, fand ich ein verschlafenes Dorf vor, wo die meisten Kinder verreist und die meisten Erwachsenen gelangweilt waren. Seit Tanja, Olli und ich aber das Geheimnis der Sarazenenbäume entdeckt hatten, veränderte sich die Stimmung. Zuerst tauchten Zeichen in den Schaufenstern auf, mit Fingerfarbe gemalt: ein Geweih unter einem Schwert, das Wappen der Westerritter.
    Die Bewohner Wollebachs schienen aufzuwachen. Einige trugen nun Lederwämse oder seltsam ausladende Hüte mit Federn zur Zier, allzu eng wirkende Stoffhosen und Hemden mit Puffärmeln. Von allen wurden wir Wollebachritter freundlich gegrüßt. Herr Berisha hieß nun Minnesänger Berisha, Frau Ursel nannten wir Silberfee, der Holzschnitzer Herr Würde trat nur noch als Magnus Abrakadabrus auf. Selbst die drei Nervensägen Sprosse, Hängeschulter und Fetti ließen uns dieser Tage in Ruhe.
    Seit vorgestern flatterte eine bunte Fahne vom Rathausturm, ebenfalls mit einem Schwert und einem Geweih bestickt.
    Opa traf ich nun immer seltener. Wir aßen zusammen, aber sonst war er unterwegs. Dinge organisieren, wie er sagte. Ich sah ihn ab und zu mit anderen in den Wald fahren oder mit Werkzeug in einer Scheune verschwinden. Für mich hatte er nur noch wenig Zeit, aber das verstand ich, denn das Schicksal Wollebachs

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