Abenteuer mit Archimedes, Pythagoras & Co.
Wald.
»Was ist los?«, fragte ich.
»Habt ihr das nicht gesehen?«, fragte sie unsicher.
»Da!«, schrie Olli und deutete in die Bäume.
Eine Bewegung! Da noch eine und hinter uns auch.
Olli sah jemanden mit Holzmaske, ich entdeckte eine Gestalt mit langen Krallen. Wir beschleunigten unseren Schritt erst würdevoll, dann hastig.
»Da drüben!«, schrie Olli, deutete in den Wald und raste los. Tanja und ich kopflos hinterher.
Dabei geschah etwas Seltsames. Obwohl ich rannte, so schnell ich konnte, schien mir jeder Schritt endlos zu dauern. Ich sah, wie sich mein Bein hob und über den nächsten Ast am Boden sprang, dabei erkannte ich die Astlöcher, die Käfer, ein paar Blätter, all das nahm ich wahr, während sich mein Zeitlupenbein langsam auf den Boden zu bewegte. Bald verschwand die Illusion, und ich spürte nur noch meine Lunge stechen.
Außer Atem erreichten wir die Waldgrenze und verlangsamten den Schritt. Keinesfalls durften wir in unserem Aufzug mit pumpenden Lungen in Wollebach auftauchen, denn ein Prinz musste Würde bewahren. Auf der Saalebrücke rasteten wir und schmissen Steinchen in den Fluss, bis wir uns von dem Schrecken erholt hatten.
»Stellt euch vor, das wäre der Fluss der Zeit«, ermunterte uns Olli zum Spiel. »Man springt hinein und wird in die Zukunft getragen.«
»Man paddelt zurück und trifft Einstein und Newton«, sagte Tanja.
Ich blickte nachdenklich in die Wellen. Etwas stimmte nicht mit Ollis Vergleich.
»Angenommen, das Ufer, die Bäume, ja eigentlich alles fließt auch.«
Die beiden starrten mich an. »Häh?«, sagte Olli.
»Die ganze Welt fließt genauso schnell wie der Fluss, mit dem Fluss sozusagen. Wie würde das aussehen?«
»Blödsinn!« Olli schnaufte. »Wenn alles gleich schnell fließt, dann bewegt sich nix! Irgendwo muss es schließlich vorbeiplätschern, oder?«
Tanja warf die Stirn in Falten und stimmte Olli zu.
»Genau!«, rief ich. »Ohne stehendes Ufer kein Fluss. Wo aber fließt dann die Zeit vorbei?«
Olli schaute mich verblüfft an, sagte aber nichts.
»Du hast die Zeit mit einem Fluss verglichen«, sagte ich zu ihm. »Vergangenheit zur Gegenwart zur Zukunft.«
»Vielleicht eher umgekehrt?«, warf Tanja ein. »Die Zukunft fließt in Richtung Gegenwart und verliert sich in der Vergangenheit?«
Ich winkte ab. »Unerheblich. Da alles miteinander fließt ...«
»Steht alles«, beendete Tanja meinen Gedanken.
Die Kirchturmuhr schlug zwei.
Olli schnaufte wieder. »Pipapo Blödsinn. Da hat es gerade gebimmelt, Zeit vergeht also.«
Wir spazierten weiter und diskutierten unterwegs, was wo vorbeifloss und entsprechend verging oder auch nicht, ohne jedoch zu einem Ergebnis zu gelangen.
»Wie seht ihr denn aus?«, fragte uns eine alte Dame mit einer Einkaufstasche in der Hand. »Geht ihr zum Fasching?« Um den Kopf hatte sie ein grünes Tuch geschlungen und die Füße steckten in Wanderstiefeln.
Wir stellten uns als Wollebachritter, Wollebachrittsie und Wolleprinz vor und wünschten ihr einen schönen Tag.
»Ritter?«, fragte sie erstaunt. Sie drückte Olli ihre Tasche in die Hand und forderte ihn auf, seine Ritterlichkeit zu beweisen. Olli hob ächzend die Tasche an. »Da sind Wackersteine drin«, jammerte er. Ich nahm ihm einen Henkel ab und gemeinsam bewegten wir die Last. Wir begleiteten die alte Dame und sie hörte gar nicht auf, unsere Hilfsbereitschaft zu loben. »Wenn doch nur alle Jugendlichen so wären wie die Herren Ritter!« Sie ließ ein keckerndes Lachen hören und wir hofften, dass wir ihr Heim bald erreichten. Sie wohnte nur ein paar Häuser von Tanja entfernt, und so konnten wir uns bei Tanja von unserem Rennen durch den Wald erholen.
Bei Limo und Keksen saßen wir an ihrem Wohnzimmertisch und verglichen, was wir von den Monstern im Wald gesehen hatten. Dabei unterschied sich unsere Wahrnehmung gewaltig. Tanja hatte nur Schatten bemerkt, die weit entfernt von uns durch den Wald gehuscht waren, Olli blutrünstige Monster mit Hörnern, Schlangenzungen und Schuppenpanzern. Ich lag irgendwo in der Mitte.
»Wir müssen herausfinden, wie lange wir den Wasserhahn anlassen müssen«, brachte ich die Wollebachritter wieder zu unserem Problem, bevor wir den ganzen Nachmittag mit Monsterschilderungen vertrödelten.
»Ganz einfach. Wenn wir wissen, wie schwer Wasser ist, wissen wir auch, wie lange wir den Hahn offen halten müssen.«
»Warum wiegen wir nicht einfach fünf Kilo Wasser ab und tragen die hoch zur Burgruine?«, schlug Olli
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