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Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika

Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika

Titel: Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jule Verne
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beunruhigte den Buschmann. Wollten die Eingeborenen mit Einbruch der Nacht einen neuen Sturmangriff versuchen, oder bereiteten sie sich nur vor, das Lager aufzuheben? Nach aufmerksamer Beobachtung glaubte Mokum in diesen Bewegungen feindselige Absichten zu erkennen. Die Makololos richteten ihre Waffen zu. Jedenfalls verließen die Frauen und Kinder, welche zu ihnen gestoßen waren, das Lager, und verfügten sich unter Leitung einiger Führer nach einer östlicheren Gegend, wobei sie sich den Ufern des Ngami näherten. Es erschien demnach möglich, daß die Belagerer, bevor sie sich definitiv in der Richtung ihrer Hauptstadt, Maketo, zurückzogen, noch ein letztes Mal versuchen wollten, die kleine Veste wegzunehmen.
    Der Buschmann machte den Europäern von seinen Beobachtungen Mittheilung. Man beschloß, die Nacht über noch sorgfältiger Wache zu halten und alle Waffen in Stand zu setzen. Die Anzahl der Belagerer konnte wohl beträchtlich sein. Nichts hinderte sie, sich auf die Seiten des Scorzef zu Hunderten zu stürzen. Der an mehreren Stellen zerstörte Gürtel der Schanze gestattete bequem einer Gruppe Eingeborener einzudringen. Es schien also dem Oberst Everest gerathen, für den Fall, daß die Belagerten sich zurückziehen und ihre geodätische Station eine Zeit lang aufgeben müßten, einige Anordnungen zu treffen. Die Dampfschaluppe mußte auf das erste Signal segelfertig sein. Einer der Matrosen – der Maschinist von der »Königin und Czar« – erhielt den Befehl, den Dampfkessel zu feuern und gespannten Dampf zu halten, für den Fall, daß eine Flucht nothwendig würde. Er mußte aber bis nach Sonnenuntergang warten, um den Eingeborenen die Anwesenheit einer Dampfschaluppe auf dem Ngami nicht zu verrathen.
    Das Abendessen bestand aus weißen Ameisen und Gladioluswurzeln. Freilich, eine traurige Nahrung für Leute, die sich vielleicht schlagen sollten. Doch, sie waren entschlossen, über jede Schwäche erhaben, und erwarteten ohne Furcht die entscheidende Stunde.
    Am sechs Uhr Abends, zur Zeit, da es mit der den Tropenländern eigenthümlichen Schnelligkeit Nacht wird, stieg der Maschinist die Abhänge des Scorzef hinab, und heizte den Kessel der Schaluppe. Es bedarf keiner Erwähnung, daß der Oberst die Flucht nur als das äußerste Auskunftsmittel betrachtete, wenn man sich nicht in der Schanze zu halten vermöchte. Es ging ihm hart an, das Observatorium, vorzüglich in der Nacht, zu verlassen, denn jeden Augenblick konnte ja das Signal von Michael Zorn und William Emery auf dem Gipfel des Volquiria leuchten.
    Die andern Seeleute wurden am Fuße der Mauern vertheilt, mit dem Befehl, den Zugang zu den Breschen um jeden Preis zu vertheidigen. Die Waffen waren bereit. Die Mitrailleuse, geladen und mit einer großen Zahl Cartouchen versehen, streckte ihre furchtbaren Rohre durch die Schießscharte.
    Man wartete mehrere Stunden. Der Oberst Everest und der russische Astronom, die in dem engen Wartthurme abwechselnd Wache hielten, beobachteten unausgesetzt den Gipfel des Pics, den das Gesichtsfeld ihres Fernrohres umrahmte. Doch der Horizont blieb dunkel, während die prächtigsten Sternbilder des südlichen Firmamentes am Zenith erglänzten. Kein Hauch bewegte die Atmosphäre. Das tiefe Schweigen der Natur war überwältigend.
    Indessen horchte der Buschmann, der sich auf einem Felsenvorsprunge befand, auf das Geräusch, welches man von der Ebene her vernahm. Nach und nach wurde dieses deutlicher. Mokum hatte sich in seinen Vermuthungen nicht getäuscht; die Makololos rüsteten sich zu einem äußersten Angriff auf den Scorzef.
    Bis zehn Uhr rührten sich die Belagerer nicht. Ihre Feuer waren gelöscht. Das Lager und die Ebene verschmolzen in gleicher Dunkelheit. Plötzlich bemerkte der Buschmann Schattengestalten, die sich die Seiten des Berges herausschlichen. Die Belagerer waren nur noch hundert Schritte von der oberen Fläche entfernt, welche die Schanze bekrönte.
    »Achtung! Achtung!« rief der Buschmann.
    Sofort war die kleine Garnison außerhalb der Südfront und begann ein wohlgenährtes Feuer gegen die Angreifer. Die Makololos antworteten durch ihr Kriegsgeschrei und stürmten trotz des unausgesetzten Gewehrfeuers immer weiter hinan. Bei dem Aufblitzen der Schüsse gewahrte man einen großen Haufen Eingeborener, die sich in solcher Menge zeigten, daß jeder Widerstand unmöglich schien. Doch richteten die Kugeln, von welchen wohl keine ihr Ziel verfehlte, in dieser Masse ein fürchterliches Blutbad

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