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Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika

Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika

Titel: Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jule Verne
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dahin, mit so Wenigem auszuhalten.
    Da machten sich denn Sir John und Mokum, so sehr sie vom Hunger gequält wurden, mit verstörtem Blicke daran, den Gipfel des Scorzef wieder zu durchstreifen. Ein gräßlicher Hunger marterte ihre Eingeweide.
    »Hätten wir doch die Magen von Wiederkäuern, dachte der arme Sir John, was könnten wir uns an diesem Futter zu Gute thun! Und nicht ein Stück Wild, nicht ein Vogel!«
    Bei diesen Worten wandte er seine Blicke nach dem großen See, der sich zu ihren Füßen ausbreitete. Die Matrosen der »Königin und Czar« hatten allerdings versucht, einige Fische zu fangen, doch vergebens. Die Wasservögel aber, die über der Oberfläche dieser ruhigen Fluthen schwebten, ließen Niemanden an sich herankommen.
    Sir John jedoch und sein Genosse, die so ermüdet waren, daß sie kaum noch fort konnten, lagerten sich auf das Gras, am Fuße eines fünf bis sechs Fuß hohen Erdhügels. Ein schwerer Schlaf oder vielmehr ein Zustand der Erstarrung befiel sie alsbald. Unwillkürlich schlossen sie ihre Augenlider und fielen dann nach und nach in einen Zustand der Betäubung.
    Die Leere, welche sie in sich fühlten, nahm ihnen jede Spur von Kraft. Die Betäubung aber ließ sie für den Augenblick die Schmerzen nicht fühlen, die sie so gepeinigt und so weit gebracht.
     

    Ueberfallen von Ameisen. (S. 201.)
     
    Wie lange dieser Zustand andauerte, würden weder der Buschmann noch Sir John im Stande gewesen sein zu sagen; aber nach Verlauf von einer Stunde wachte Sir John in Folge fortwährenden sehr unangenehmen Stechens auf. Er wandte sich um und versuchte wieder einzuschlafen; doch die Stiche dauerten fort, so daß er endlich ungeduldig die Augen öffnete.
    Legionen von weißen Ameisen liefen über seine Kleider hin, und sein Gesicht und seine Hände waren ganz davon bedeckt. So wie er diesen Ueberfall der Insecten bemerkte, sprang er auf, wie von einer Feder emporgeschnellt.
    Diese rasche Bewegung weckte auch den Buschmann, der ihm zur Seite gelegen. Mokum war gleichfalls vollständig mit diesen weißen Ameisen bedeckt; aber zur größten Ueberraschung Sir John’s nahm er statt die Insecten fortzujagen eine Hand voll nach der andern, führte sie zu seinem Munde und verzehrte sie gierig.
    »O pfui! Mokum! rief Sir John, den diese Gefräßigkeit anekelte.
    – Essen Sie, essen Sie! Machen Sie es wie ich, antwortete der Buschmann, ohne dabei seinen Mundvoll zu verlieren. Schmecken Sie nur, das ist der Reis der Buschmänner! …«
    Mokum bezeichnete wirklich die Insecten mit dem ihnen von den Eingeborenen gegebenen Namen. Die Buschmänner genießen gern diese Ameisen, deren es zwei Arten giebt, eine weiße und eine schwarze. Die weiße ist nach ihnen vorzüglicher. Der einzige Uebelstand bei diesem Insect, wenn man es vom Standpunkt der Ernährungsfähigkeit betrachtet, besteht darin, daß man zu beträchtliche Mengen davon verzehren muß. Deshalb vermengen auch die Afrikaner diese Ameisen gewöhnlich mit dem Gummi der Mimose, um so eine substantiellere Nahrung zu erhalten. Aber die Mimose wuchs nicht auf der Höhe des Scorzef, und Mokum mußte sich deshalb begnügen, seinen Reis »im Naturzustande« zu verzehren.
    Sir John, trotz seines Widerwillens doch, – da sein Hunger durch den Anblick des sich sättigenden Buschmannes nur zunahm – entschloß sich seinem Beispiele zu folgen. Die Ameisen kamen zu Milliarden aus ihrem großen Haufen, der übrigens nichts anderes war, als jener Erdhügel, an dem sich die beiden Schläfer hingelegt hätten. Sir John nahm also mehrere Hände davon auf und brachte sie an seine Lippen. In der That, es ging an! Er fand sogar, daß sie einen scharfen, aber sehr angenehmen Geschmack hatten, und merkte nach und nach, daß sich seine Leibschmerzen legten.
    Indessen erinnerte sich Mokum seiner Unglücksgenossen, lief nach dem Fort und brachte die ganze Garnison von dort mit. Während die Matrosen keine Schwierigkeit machten und sich sofort auf diese einzige Nahrung stürzten, zauderte der Oberst, Mathieu Strux und Palander eine kleine Weile. Doch wirkte das gute Beispiel Sir John Murray’s entscheidend für sie, und halbtodt schon vor Schwäche beschwichtigten die armen Gelehrten wenigstens ihren Hunger, indem sie zahllose Mengen dieser weißen Ameisen zu sich nahmen.
    Doch ein unerwarteter Zufall sollte dem Oberst Everest und seinen Gefährten eine solidere Nahrung zuwenden. Mokum kam nämlich auf den Gedanken, um einen gewissen Vorrath von diesen Insecten

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