Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika
Bechuanas ließ sich unter der dicken Lage Ocker, welche ihn vom Kopf bis zu den Füßen bedeckte, nicht erkennen. Einige unvertilgbar eingeätzte Zeichen am Schenkel zeigten die Zahl der von Mulibahan getödteten Feinde an.
Abschied der Europäer von den Missionären. (S. 42.)
Dieser Häuptling, der mindestens ebenso ernst als Mathieu Strux war, näherte sich den Europäern und faßte sie der Reihe nach bei der Nase. Die Russen ließen es sich ernsthaft gefallen, die Engländer mit etwas Widerstreben. Doch war dies, der afrikanischen Sitte nach, eine feierliche Verpflichtung, den Europäern gegenüber die Pflichten der Gastfreundschaft zu erfüllen.
Nach vollbrachter Ceremonie zog sich Mulibahan zurück, ohne ein einziges Wort gesprochen zu haben.
»Und jetzt, sagte der Oberst Everest, da wir naturalisirte Bechuanas geworden, wollen wir uns ohne einen Tag, ohne eine Stunde selbst zu verlieren, mit unseren Operationen beschäftigen.«
Man verlor keine Zeit noch Stunde, und dennoch – so große Sorgfalt und so viele Einzelheiten erfordert die Organisation einer derartigen Unternehmung – war die Commission erst in den ersten Tagen des März zum Aufbruch bereit. Dies war übrigens der vom Oberst Everest bestimmte Zeitpunkt. Zu dieser Jahreszeit hörten die Regengüsse auf, und das in dem Erdboden enthaltene Wasser mußte den in der Wüste Reisenden eine kostbare Hilfsquelle werden.
Die Abreise war also auf den 2. März festgesetzt, und war die ganze Karawane unter der Führung Mokum’s an diesem Tage bereit.
Die Europäer nahmen von den Missionären in Lattaku Abschied, und verließen um sieben Uhr Vormittags das Dorf.
»Wohin gehen wir, Herr Oberst? fragte William Emery, in dem Augenblick, als die Karawane beim letzten Hause der Stadt vorübergekommen.
– Gerade aus, Herr Emery, antwortete der Oberst, bis zu dem Augenblicke, wo wir eine Oase gefunden haben werden, die zum Lagern passend erscheint.«
Um acht Uhr hatte die Karawane die abgeflachten und mit Zwerggesträuch bedeckten Hügel, von denen Lattaku umgeben ist, passirt. Unmittelbar daneben lag die Wüste mit ihren Gefahren, Beschwerden und Wechselfällen vor ihnen.
Sechstes Capitel.
Man lernt sich näher kennen.
Die vom Buschmann commandirte Begleitung bestand aus hundert Mann. Alle waren eingeborene Buschmänner, arbeitsame, nicht leicht erregbare, wenig streitsüchtige Männer, fähig, die größten körperlichen Strapazen zu ertragen. Früher, vor der Ankunft der Missionäre, trachteten diese Buschmänner, lügnerisch und ungastfreundlich, nur nach Raub und Mord, und benutzten gewöhnlich den Schlaf ihrer Feinde, um sie niederzumetzeln. Die Missionäre haben theilweise diese barbarischen Sitten gemildert; doch sind die Eingeborenen stets mehr oder weniger darauf versessen, die Farmer zu plündern und Vieh zu rauben.
Zehn Wagen, ähnlich dem Gefährt, welches der Buschmann nach dem Morgheda-Fall gebracht hatte, bildeten das Fortschassungsgeräth der Expedition. Zwei der Wagen, die eine Art ambulanter Häuser waren, boten den Europäern eine gewisse Bequemlichkeit und sollten ihnen zu Lagerstätten dienen.
Für den Oberst Everest und seine Gefährten folgte also eine hölzerne Wohnung, aus trockenen Brettern verfertigt, mit wasserdichter Leinwandplane überdeckt und mit verschiedenen Schlafeinrichtungen sowie Toilettenbedürfnissen versehen. An den Lagerplätzen ersparte man dadurch die Zeit, ein Zelt zu errichten, da das Zelt bereits fertig war.
Einer ihrer Wagen war also für den Oberst Everest und seine zwei Landsleute, Sir John Murray und William Emery, bestimmt. Der andere diente den drei Russen, Mathieu Strux, Nicolaus Palander und Michael Zorn als Wohnung. Von zwei anderen, nach dem gleichen Muster eingerichteten Wagen gehörte der eine den fünf Engländern, der andere den fünf Russen, aus welchen die Mannschaft der »Königin und Czar« bestand.
Es versteht sich von selbst, daß auch der Rumpf und die Maschine des Dampfbootes, in Stücken auseinander genommen und auf einem Wagen verladen, den Reisenden durch die afrikanische Wüste folgte. Es giebt im Innern des Landes zahlreiche Seen, und man konnte auf dem Wege, den die wissenschaftliche Expedition einschlug, auf solche treffen, wo ihnen dann die Schaluppe große Dienste leisten mußte. Auf den andern Wagen befanden sich die Instrumente, Lebensmittel, das Gepäck der Reisenden, ihre Waffen, die Munition, die zur beabsichtigten Vermessung nöthigen Geräthe, endlich alle
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