Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika
aus mangelnder Eintracht in einem solchen Unternehmen zu scheitern. Gott gebe, daß sich Ihre Befürchtungen nicht als wahr ausweisen.
– Ich wünsche es, William, antwortete der junge russische Astronom; doch ich wiederhole Ihnen, während der Ueberfahrt habe ich gewissen Streitigkeiten über wissenschaftliche Methoden beigewohnt, welche einen unsäglichen Eigensinn bei dem Oberst Everest und seinem Nebenbuhler beweisen. Im Grunde merkte ich, daß eine erbärmliche Eifersucht dabei im Spiele ist.
– Aber diese beiden Herren gehen einander nicht von der Seite, bemerkte William Emery. Man sieht sie beständig beisammen, sie sind unzertrennlich, unzertrennlicher sogar als wir es sind.
– Ja, antwortete Michael Zorn, sie gehen einander nicht von der Seite, so lange der Tag dauert, aber sie wechseln nicht zehn Worte mit einander. Sie überwachen sich, sie spähen sich aus. Wenn nicht einer dahin gelangt, den andern auszustechen, werden wir unter wahrhaft beklagenswerthen Umständen operiren.
– Demzufolge, fragte William etwas zögernd, welchen von diesen zwei Gelehrten würden Sie wünschen …?
– Lieber William, erwiderte Michael Zorn mit großer Offenheit, ich würde den mir als Chef gefallen lassen, der sich als solcher zu benehmen weiß. In dieser wissenschaftlichen Frage habe ich kein Vorurtheil, keine nationale Befangenheit. Der Oberst Everest und Mathieu Strux sind zwei hervorragende Männer, die beide ihren Werth haben. England und Rußland müssen gleichen Vortheil aus ihren Arbeiten ziehen. Es kommt also wenig darauf an, ob diese Arbeiten von einem Engländer oder einem Russen geleitet werden. Sind Sie nicht meiner Ansicht?
Frei von jedem Zwange. (S. 46.)
– Ganz und gar, mein lieber Zorn, antwortete William Emery. Lassen wir uns also nicht durch thörichte Vorurtheile befangen machen, und wenden wir beide nach Maßgabe unserer Mittel unsere Kräfte dem gemeinsamen Wohle zu. Vielleicht wird es uns möglich sein, die Schläge, welche sich die beiden Gegner einander versetzen könnten, zu pariren. Außerdem ist da Ihr Landsmann, Nicolaus Palander …
»Hier ist die gewünschte Ebene, Herr Oberst.« (S. 51.)
– Der! versetzte lachend Michael Zorn, der wird Nichts sehen, Nichts hören, Nichts verstehen. Er würde für Theodorus rechnen, vorausgesetzt, daß er nur zu rechnen brauche. Er ist weder Russe, noch Engländer, noch Preuße, noch Chinese! Er lebt nicht einmal in der Welt unter dem Mond; er ist Nicolaus Palander, Alles in Allem.
– Ich habe von meinem Landsmann, Sir John Murray, nicht dasselbe zu sagen, erwiderte William Emery. Seiner Ehren ist ein durchaus englischer Charakter, doch auch ein entschlossener Jäger, und er wird leichter bei Verfolgung einer Giraffe oder eines Elephanten sich benehmen, als bei einer Streitfrage über wissenschaftliche Methoden. Wir wollen also nur auf uns selbst zählen, mein lieber Zorn, um die unaufhörliche Berührung unserer Chefs mit einander abzuschwächen. Ich brauche wohl nicht hinzuzufügen, daß, was auch geschehen möge, wir immer redlich und offen verbündet sein wollen.
– Stets, was auch geschehen mag«, erwiderte Michael Zorn, und reichte seinem Freunde die Hand.
Indessen setzte die Karawane unter Führung des Buschmanns ihren Weg in südwestlicher Richtung fort. Am 4. März gegen Mittag erreichte sie die Basis jener langen, bewaldeten Hügelkette, welcher sie von Lattaku an gefolgt war. Der Jäger hatte sich nicht getäuscht; er hatte die Expedition zur Ebene geführt. Doch konnte diese Ebene, die noch wellenförmig war, nicht zu den ersten Vermessungsarbeiten dienen. Deshalb setzte man auch die Reise ununterbrochen fort. Mokum stellte sich wieder an die Spitze der Reiter und Wagen, während Sir John Murray, William Emery und Michael Zorn etwas voraus ritten.
Gegen Abend erreichte die Truppe eine der Stationen, welche nomadisirenden Besitzern gehören, jenen sogenannten »Boërs«, die sich nur einige Monate an reichen Weideplätzen aufhalten und dann weiter ziehen.
Der Oberst Everest und seine Gefährten wurden gastfreundlich von dem Colonisten aufgenommen, der, ein Holländer und Haupt einer zahlreichen Familie, keine Entschädigung für seine geleisteten Dienste annehmen wollte. Dieser Gutsbesitzer war einer von den muthigen, arbeitsamen und mäßigen Männern, deren schwaches Capital, vortheilhaft zur Zucht von Ochsen, Kühen und Ziegen verwandt, sich bald in Reichthum verwandelt. Wenn die Weideplätze abgegrast,
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