Abenteurer meiner Traeume
Tür ging. Im Gehen stopfte sie sich noch ein paar Stücke Dörrfleisch in die Tasche.
Das ist der Rest vom Trockenfleisch, dachte sie unglücklich. Gott sei Dank kommen die Hirsche jetzt bald zurück ins Hochland.
Bevor Shannon den Riegel an der Hüttentür aufmachte, nahm sie die Flinte von dem Haken über der Tür. Sie öffnete die Munitionskammer, zog die beiden wertvollen Patronen heraus und machte sich daran, die Waffe mit einem weichen Tuch zu reinigen.
Selbst als Shannon noch nicht ganz fünfzehn war, hatte Silent John energisch darauf bestanden, daß sie lernte, seine Waffen zu reinigen und zu gebrauchen. Mit dem schweren Kaliber ,50-er Büffelgewehr, seiner Lieblingswaffe, war sie nie besonders gut gewesen, doch mit den leichteren Waffen konnte sie ohne Schwierigkeiten umgehen, um sich zu verteidigen.
Etwas zu essen auf den Tisch zu bekommen war allerdings eine ganz andere Sache. Sie hatte kein Geld übrig, um zusätzliche Munition für mehr Schießübungen zu kaufen, also mußte sie sehr nah an ihre Beute herankommen, bevor sie es wagen konnte zu schießen. Entsprechend verriet sie sich fast jedesmal, bevor sie sich zu feuern getraute.
»Aber ich werde besser«, versicherte sie sich selbst. »Bis zum Winter wird Cherokee nicht mehr für zwei jagen müssen.«
Mit schnellen, effektiven Bewegungen wischte Shannon das Gewehr ab, um sicherzugehen, daß sich in der Nacht kein Kondenswasser in den Munitionskammern gesammelt hatte. Als sie zufrieden feststellte, daß alles sauber und trocken war, schob sie wieder eine Patrone in jede Kammer und schloß die Flinte. Sie steckte vier zusätzliche Patronen in die Tasche, so daß nur noch drei in der Schachtel zurückblieben.
So wie das Trockenfleisch ging auch Shannons Vorrat an Munition schnell zu Ende.
»Wenn ich das nächste Mal nach Holler Creek gehe, werde ich Munition kaufen müssen. Und beim nächsten Mal kommst du mit, Prettyface. Ich weiß, daß du Siedlungen und Fremde nicht besonders magst, aber es geht nun mal nicht anders. Ich brauche dich, um mir den Rücken freizuhalten.«
Prettyface stand mit kaum gezügeltem Eifer da und sah abwechselnd die Tür und seine Herrin an.
»Aber bevor ich irgendwas in Holler Creek kaufen kann, muß ich einem von Silent Johns Claims ein bißchen Gold abringen«, fuhr Shannon mit ihren laut ausgesprochenen Gedanken fort, wie sie es sich angewöhnt hatte. »Mutters Ehering war der letzte Gegenstand von einigem Wert, den ich noch hatte außer dem kleinen Goldsäckchen, das ich für die Wintervorräte aufheben will, falls ich wirklich Pech habe beim Jagen.«
Im stillen hoffte Shannon, daß sie jenen letzten Rest von Silent Johns Gold nicht würde angreifen müssen. Es war das einzige, das noch zwischen ihr und jener Art von Schicksal stand, das Frauen dazu zwang, ihren Körper an Fremde zu verkaufen.
»Wenn du mir doch bloß beibringen könntest, besser Spuren zu lesen und mich anzuschleichen«, sagte Shannon zu Prettyface. »Dann könnte ich nah genug herankommen an die verdammten Hirsche, um sie zu Fleisch zu verarbeiten.«
Prettyface beobachtete Shannon mit dunklem, bewunderndem Blick, ohne ihr jedoch weiter behilflich zu sein. Wenn er mit seiner Herrin jagen ging, spürte er allem nach, was in den Bereich seiner Nase geriet - in einem Tempo, bei dem er Shannon weit hinter sich ließ. Manchmal erlegte Prettyface einen Hirsch und teilte ihn mit seiner Herrin. Meistens gab er sich mit weniger schmackhaftem Wild zufrieden.
Silent John hatte Shannon die Grundlagen der Jagd und des Ausnehmens der Beute beigebracht, doch es war nie genug Zeit geblieben, um zu lernen, wie man Wild für den Winter einlagerte. Wenn es gute Jagdmöglichkeiten gegeben hatte, war Silent John auf die Jagd gegangen, und zwar allein.
Den Rest der Zeit hatte er sich damit beschäftigt, in den Bergen nach Gold zu schürfen. Auch das war eine Überlebenstechnik, die er seine Großnichte aus Virginia, die er bei sich aufgenommen hatte, nicht gelehrt hatte.
»Aber ich lerne noch«, sagte Shannon fest. »Letzten Herbst habe ich einen Hirsch erlegt und ein paar dumme Rebhühner. Wenn das Wetter anhält, werde ich noch öfter auf die Jagd gehen, so lange bis ich genug zu essen habe, um den Ostarm des Avalanche Creek hochzugehen und dort nach Gold zu schürfen. Danach jage ich dann noch mehr Wild und trockne das Fleisch und nehme das Gold und kaufe mir Vorräte für den Winter und...«
Shannons Stimme verstummte. Der Sommer war nicht besonders lang
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