Abenteurer meiner Traeume

mir auch einen Heiratsantrag machen?«
    Der Ausdruck auf Whips Gesicht sagte Shannon mehr, als sie hatte wissen wollen. Ihr kurzes Lachen war genauso bitterkalt wie der Regen.
    »Das dachte ich mir«, sagte sie. »Vielen Dank, aber nein, danke. Ich habe alles, was ich brauche, bis Silent John zurückkommt.«
    »Und wenn er nie mehr zurückkommt? Verdammt, was ist, Wenn er tot ist? Was geschieht dann?«
    Shannon legte den Finger fester um den doppelten Abzug des Gewehrs. Es verstärkte ihre Ängste nur noch mehr, als sie sie so unverblümt von Whips rauher, verärgerter Stimme ausgesprochen hörte.
    Und es ließ ihren Widerstand erlahmen.
    Leg dich nicht mit ihm an, warnte sie eine innere Stimme. Du wirst verlieren. Und dann endest du wie die traurigen Huren in Whiskey Flat, bei denen jeder Mann im Gebiet von Colorado weiß, welche Farbe ihre Brustwarzen haben.
    »Sie haben sich den Namen Whip, die Peitsche, verdient«, sagte Shannon rauh. »Aber auch Sie sind nicht schneller als die Kugel aus einem Gewehr. Also nehmen Sie Ihre Vorräte und Ihre hungrigen silbernen Augen und gehen Sie!«
    Shannon kam es vor, als dauerte es eine Ewigkeit, bis Whip sich schließlich umdrehte und die Vorräte wieder auf das dünne schwarze Packpferd zu laden begann.
    Ein Blitz schnitt durch das verregnete Zwielicht und verwandelte die Welt in brennendes Silber. Der Donner folgte direkt danach, so laut, daß kein anderes Geräusch mehr zu hören war. Der Regen fiel dichter und noch heftiger, ein Strom, der ausgereicht hätte, um alle Feuer der Hölle zu löschen.
    Obwohl Whip nur vier Meter entfernt war, hatte Shannon Mühe, ihn noch zu erkennen. Sie blinzelte mehrmals heftig in dem Versuch, durch den Schleier von Tränen und Regen hindurchzusehen.
    Als der nächste Blitz am Himmel zuckte und alles in grellweißes Licht tauchte, war die Lichtung leer.
    Whip war fort.
    Shannon biß sich auf die Lippen, um nicht Whips Namen in die Fänge des Regens hinauszuschreien, ihn zurückzurufen, ihm anzubieten, was immer er wollte, als Gegenleistung für Nahrung und Sicherheit.
    Und sie wußte genau, was er wollte.
    Die Culpeppers hatten Shannon mehr als einmal deutlich gemacht, worauf Männer aus waren. Männer wollten sie über einen Stuhl beugen und sich erniedrigend an ihr abreagieren, bis sie bettelte und blutete und sie anflehte aufzuhören.
    Bei dem Gedanken zog sich ihr Magen zusammen, und bittere Galle stieg in ihrer Kehle auf.
    Vielleicht würde Whip nicht so etwas von mir verlangen. Vielleicht wollte er mir tatsächlich nur helfen und hätte nicht mehr verlangt als ein Dankeschön und ein warmes Essen.
    Dann erinnerte sich Shannon an Whips Worte und die Hitze in seinem silbernen Blick. Und sie gab es auf, sich selbst etwas vorzumachen.
    Whip will mich ganz eindeutig. Ganz genau wie die Culpeppers.
    Shannon schauderte, und es wurde ihr kalt bis ins Innerste ihrer Seele. Ihrer Erfahrung nach war Frauen nur das eine Los beschieden: die brutalen Umarmungen der Männer zu ertragen, um im Austausch dafür Schutz und Nahrung und Sicherheit zu bekommen.
    Und Kinder. Süße kleine Menschlein, denen man etwas Vorsingen konnte, die man knuddeln und lieben konnte.
    Prettyface winselte und grub seine Zähne sanft in Shannons Hand, um sie an seine Anwesenheit zu erinnern. Es erinnerte Shannon auch wieder daran, daß sie nach wie vor im eisigen Abendregen stand und sich so leer fühlte, wie die Lichtung geworden war, als Whip sie verließ.
    Hör auf zu träumen, sagte sich Shannon heftig. Mutter hat auch immer geträumt, und was hat sie dafür bekommen? Einen unnützen Mann, der ständig unterwegs war und sie einfach sitzengelassen hat.
    Und sie hat mich bekommen. Ich habe sie geliebt, doch sie liebte nur ihr Laudanum.
    Cherokee hat recht. Liebe ist ein Märchen, das immer wieder erzählt wird, um Frauen davon abzuhalten, ihren eigenen Weg zu gehen und die Männer sich selbst zu überlassen.
    Langsam drehte sich Shannon um und ging zurück in die Hütte, die kaum wärmer war als der Regen.

3. KAPITEL
    Als Shannon noch vor Tagesanbruch aufwachte, hatte sich das Gewitter erschöpft. Die nächtliche Dunkelheit verblaßte langsam am Himmel und hinterließ ein transparentes Silber, das sie nur allzusehr an Whips hungrige Augen erinnerte.
    Prettyface ließ ein leises Grollen hören und stupste Shannons Wange an.
    »Brrr«, murmelte sie. »Deine Nase ist so kalt, so kalt ist bestimmt auch der Fußboden.«
    Aber Shannon strich trotzdem sanft durch Prettyfaces