Abenteurer meiner Traeume
holte einmal tief Atem und konzentrierte sich auf die lange Liste von Dingen, die getan werden mußten, wenn sie durch den Sommer oder gar den Winter kommen wollte.
Weinen stand ganz sicher nicht darauf.
Sie kraulte Prettyface, und sein kluger Wolfsblick verklärte sich vor Genuß. Shannon lächelte und schmiegte ihre Wangen einen Moment an seinen breiten Kopf.
»Wir werden’s schon schaffen, Prettyface«, sagte sie und richtete sich auf. »Geh und such dir was zum Abendessen, bis ich die Reittiere versorgt habe.«
Prettyface stand mit schräggelegtem Kopf da und sah Shannon an.
»Nun geh schon, Junge. Ich weiß, daß du hungrig bist.«
Sie deutete auf Wiese und Wald jenseits der Hütte und wiederholte ihre Aufforderung.
Da drehte sich Prettyface um und trottete, die Nase am Boden, auf die Jagd.
Als Shannon die Vorräte von den Packsätteln ablud, stiegen ihr wieder die Tränen in die Augen. Whips Hände waren es gewesen, die die ordentlichen Knoten geknüpft, den Packsattel und die Decke aufgelegt hatten.
»Denk nicht mehr darüber nach«, sagte sie sich flüsternd. »Es gibt zuviel zu tun. Und einem dickköpfigen Herumtreiber nachzuweinen, bringt ohnehin nichts ein.«
Shannon gab sich Mühe, an etwas anderes zu denken, aber immer wieder berührten ihre Hände alles das, was Whip berührt hatte, bis sie schließlich sämtliche Sachen aufgeräumt und die Tiere auf der Wiese zum Weiden angebunden hatte.
Gerade als sie den zweiten Pflock in den Boden schlug, hörte sie, wie Prettyface wild zu bellen anfing. Ihr Herz begann zu hämmern.
Prettyface schlug nur derart heftig an, wenn Fremde zu nahe kamen.
Reglos und im stillen fluchend, daß sie so intensiv an Whip gedacht hatte, daß sie ihr Gewehr mitzunehmen vergessen hatte, hielt Shannon Ausschau nach irgendwelchen Eindringlingen.
Plötzlich erschienen zwei langbeinige Maultiere auf ihrer Lichtung und trabten eilig auf Shannon zu. Sie sprang auf und wollte in Richtung Hütte rennen, doch dort standen zwei weitere Culpeppers und verstellten ihr den Weg.
Shannon verschwendete keine Energie damit, um Hilfe zu rufen. Sie wandte sich zur Seite und rannte in Richtung Wald in der Hoffnung, daß sie schneller war als die Maultiere.
Doch noch bevor sie die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte, hörte sie die Hufschläge hinter sich immer lauter werden und erkannte, daß sie das Rennen verlieren würde, sosehr sie sich auch bemühte.
Ein langer, drahtiger Arm packte Shannon direkt unter den Rippen. Darcy war nicht stark genug, sie zu sich auf den Sattel zu heben, aber er hielt sie mit eisernem Griff umschlungen, sosehr sie auch um sich schlug und kratzte und biß.
»Clim hatte recht«, krächzte Darcy und zügelte sein Maultier. »Die Tante ist ’ne echte Kratzbürste!«
Beau grunzte. Mehr hatte er kaum noch von sich gegeben, seit er erfahren hatte, wie schnell und treffsicher eine Peitsche sein konnte.
»Halt still, Süße«, sagte Darcy. »Ich bin ja auch ganz wild auf dich, aber Beau darf zuerst, der is’ schließlich der Älteste. Ich bin erst als dritter dran, also spar dir den Widerstand bis -
iiouuul«
Die Worte endeten in einem entsetzten Schrei, als Prettyface
ihn von der anderen Seite ansprang und auf seine Kehle losging. Darcy ließ Shannon los, um sich zu verteidigen, und einen Augenblick später trafen siebzig Kilo wilder Hund auf Darcys Schulter. Die Wucht des Aufpralls warf ihn aus dem Sattel.
Prettyface folgte knurrend und zähnefletschend.
Shannon landete auf Händen und Knien auf der anderen Seite des Maultiers, sprang hastig wieder auf und rannte davon. Im Laufen schrie sie Prettyface zu, er solle die Beute loslassen und fliehen, denn sie wußte, daß die Culpeppers keine Gnade kennen würden.
Als Shannon den Wald erreichte, warf sie einen Blick zurück. Auf dem Boden wälzte sich ein knurrendes, fluchendes Knäuel aus Mann und Hund. Beau saß noch im Sattel und hatte sein sechsschüssiges Gewehr gezogen. Der Lauf folgte dem Kampf in Erwartung einer Schußmöglichkeit.
Und die würde unweigerlich irgendwann kommen.
Mit tränenüberströmtem Gesicht und heftigem, schmerzendem Atem floh Shannon in den Wald. Sie hoffte inständig, daß ihr lange genug Zeit bleiben würde, um über den Hang zu dem Geheimgang zu gelangen, der durch die Höhle in die Hütte führte, um sich ihr Gewehr zu schnappen, bevor es zu spät war, um Prettyface zu helfen.
Sie hatte gerade erst die Hälfte des Hangs erklettert, da eröffnete Beau das
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