Abenteurer meiner Traeume
Feuer.
Whip zügelte plötzlich sein Pferd an einer der vielen Wegkreuzungen. Sugarfoot kaute unzufrieden auf seiner Trense, blieb jedoch still stehen, während Whip horchte und sich aufmerksam umblickte.
Aber er sah und hörte nichts, was sein aus dem tiefen Inneren kommendes Unbehagen erklärte.
»Du bildest dir nur was ein«, murmelte er.
Trotzdem hörte er in jedem Rauschen des Windes Shannons Stimme nach ihm rufen.
Whip, ich habe wirklich nicht von dir verlangt, daß du mich liebst.
»Verdammt, Shannon, du bindest mich fest an dich.«
Ich liebe dich, Herumtreiber.
Whip schloß die Augen. Seine Finger umschlossen die Zügel so hart, daß sie sich durch die Handschuhe in seine Hände gruben.
»Ich will deine Liebe nicht«, sagte er verkrampft. »Ich will mich nicht verpflichtet fühlen. Ich kann nicht immer am selben Ort bleiben, Honigmädchen.«
Plötzlich stellte Sugarfoot die Ohren auf, drehte den Kopf und blickte mißtrauisch zurück auf den Weg, den sie gekommen waren.
Sein Reiter hörte die Geräusche ebenfalls.
Hinter ihnen, bei Shannons Hütte, hatte jemand aus einem sechsschüssigen Gewehr gefeuert. Shannon besaß keine solche Waffe.
Aber die Culpeppers.
Whip schwang Sugarfoot hastig herum und gab ihm die Sporen. Während das Pferd davongaloppierte, machte Whip sein Gewehr schußbereit. Es gab Gelegenheiten, da reichte eine Peitsche einfach nicht aus.
Er beugte sich tief über den Hals des Pferdes und trieb es zu noch größerem Tempo an. Felsen und Bäume flogen nur so vorüber, und doch schien es ihm, als bewegte er sich kaum von der Stelle, so langsam wie der Tagesanbruch am längsten Wintertag.
Er hätte seine Seele verkauft, um bei Shannon sein zu können, bevor die Culpeppers ihr etwas antaten.
Sugarfoot raste zurück den Avalanche Creek hinauf, sprang, ohne zu zögern, über Stämme und Felsbrocken. Kleine Rinnsale, Felsen, frisch gefallene Bäume, halb verrottete Stümpfe, all das sauste wie im Flug an ihnen vorüber.
Whip ritt auf Sugarfoot wie auf einer großen Katze, löste sich nie von seinem Rücken, egal, wie das Pferd sprang, war nach jedem schwierigen Sprung mit festen Händen an den Zügeln, bereit, dem Pferd zu helfen, sich wieder zu sammeln.
Inzwischen ertönten noch mehr Schüsse vor ihnen, jetzt schon viel näher. Es war ohne Zweifel ein sechsschüssiges Gewehr, nein, sogar mehr als eines.
Und kein anderer Gewehrschuß antwortete.
»Lauf, du großer grauer Hundesohn«, stieß Whip zwischen den Zähnen hervor. »Lauf.«
Sugarfoot setzte seine gesamte Kraft ein. Unter Mißachtung aller Gefahren donnerte das Tier mit fliegendem Schweif durch den Wald. Ein Fehltritt, und Mann und Pferd würden in einem Gewirr gebrochener Glieder zu Boden gehen.
Whip kümmerte sich nicht darum. Vor seinem geistigen Auge sah er nur ständig das Bild von Shannon, hilflos den Culpeppers ausgeliefert, deren Blicke noch obszöner waren als ihre Bemerkungen.
Die Bäume vor ihm wurden lichter, und Whip wußte, daß er die Wiese beinah erreicht hatte. Natürlich wäre er gern bis direkt zur Hütte galoppiert, doch das wäre dumm gewesen. Vom Kreuzfeuer der Culpeppers erwischt, würde er Shannon kaum helfen können.
Und er hatte keine Zweifel, daß es die Culpeppers waren.
Whip zügelte sein Pferd, worauf Sugarfoot die Hufe gegen den Boden stemmte und in einem Hagel von Erde zum Stehen kam. Die Wiese lag nur zehn Meter vor ihm. Mit dem Gewehr in der Hand und der Peitsche über der Schulter sprang Whip aus den Steigbügeln und rannte sofort los.
Noch bevor er den Waldrand erreichte, schoß ein Lasso aus dem Schatten und schlang sich um seine Füße. Er rollte sich im Fallen ab, befreite seine Füße aus dem Seil und kam mit einem katzengleichen Sprung wieder auf die Beine.
Doch es war schon zu spät.
Als Whip wieder sicher stand, schaute er direkt in den Lauf von Floyd Culpeppers Gewehr. Whip erkannte ihn als Floyd, weil er das Gewehr in der linken Hand hielt. Sein rechtes Handgelenk war fest mit Lumpen umwickelt, die vielleicht einmal sauber gewesen waren.
Blaßblaue Augen betrachteten Whip mit einer Mischung aus Bosheit und Schadenfreude.
»Na sieh mal einer an! Darcy hatte recht, daß der Bursche hier auf’m schnellsten Weg zurückkommen würde, wenn er Schüsse hört.«
Clim wandte sich zur Seite und spuckte eine ordentliche Portion Tabaksaft aus.
»Und du has’ gedacht, Darcy wollte mir nur die Tour vermasseln, wenn ich an der Reihe bin, die kleine Witwe zu
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