Aber dann kam der Sommer
daß du mich reiten lassen willst – aber im Augenblick habe ich nicht genug Geld dafür.“
„Das Kostüm und die sonstige Aussteuer gehören dazu“, unterbrach mich die Tante, „und das kannst du mir überlassen. Meine Nichte soll gut gekleidet auftreten.“
Na, bitte sehr! Eine Stunde später waren die Stoffe gekauft und die Maße genommen. Es sollte ein wunderbares, dunkelbraunes Kostüm werden, vom teuersten Stoff des Ladens und nach dem flottesten Modell im ganzen Modejournal.
Nachher im Auto fand ich nicht Worte genug, um der Tante meine ehrliche Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen.
„Es ist ja schön, daß du zufrieden bist“, erwiderte sie. „Nun müssen wir nur noch Ditlef sagen, daß er ein dunkelbraunes Pferd besorgen soll, das zum Kostüm paßt.“
Ich würde wohl nie aus Tante Agnete klug werden. Heute war sie geradezu die Liebenswürdigkeit in Person.
Zu Hause angekommen, holte ich ihren Madeira herbei, ich erbot mich, ihr aus dem Unterhaltungsteil der Zeitung vorzulesen, und ich wusch ihre weißen Waschlederhandschuhe. Und alles dies tat ich wirklich nur aus dem Bedürfnis, ihr eine Freude zu machen. Und da sie doch so gern Karten spielte, bat ich sie, ob sie mir ein Spiel zeigen könne, zu dem nicht mehr als zwei Personen gehörten, damit wir es zusammen spielen könnten.
Bald darauf waren wir vertieft in die Geheimnisse der Zankpatience, und ich muß gestehen: ich fand es sehr amüsant.
Wie nett und freundlich doch die Tante sein konnte, dachte ich, ohne mir dabei zu überlegen, daß sie es vielleicht deshalb war, weil ich mich selber netter und freundlicher gab.
Else
Ein paar Wochen später klingelte das Telefon in Tante Agnetes Schlafzimmer, als ich gerade Nipp bürstete. So nahm ich den Anruf entgegen. Es war Direktor Lindeng.
„Guten Tag, Fräulein Unni, wie steht’s? Ich rufe an, um zu berichten, daß meine Frau heute nacht ein Töchterchen bekommen hat. – Ja, danke, Mutter und Kind sind wohlauf. Ein großes, strammes Mädel, acht Pfund! – Ich soll schön grüßen von Else. – Wie bitte? – O ja, bitte!“
Die Tante hatte verstanden, um was es sich handelte, und kam selbst an den Apparat. Niemals, weder vor- noch hinterher, habe ich sie so redselig und so begeistert gesehen und so interessiert an etwas, das nicht direkt ihre Person anging.
„Wie soll die Kleine denn heißen? Hanna? – Ach so, ja! Tante Hanna würde sich gewiß sehr darüber freuen, aber ich gebe zu, daß es kein besonders hübscher Name ist. – Und wenn ihr nun den Namen deiner Mutter nehmen würdet – oder vielleicht beide? Hanna-Elise klingt doch nicht schlecht. – Ja, natürlich komme ich hin, um Else zu begrüßen. – Ach nein, heute ist es wohl besser, wenn sie ihre Ruhe hat, aber morgen vielleicht? – Ja, Unni will ihr auch gern gratulieren. Also vielen Dank für den Anruf, Ditlefmann – was sagst du? – Ach so, ja, darüber kannst du mit Unni selbst sprechen.“ Sie reichte mir den Hörer.
„Hallo, Fräulein Unni? Hören Sie, übermorgen kommen die Pferde. Sie wollen sie doch sicher so bald wie möglich sehen, nicht wahr? – Ja, das dachte ich mir. Also werde ich Sie übermorgen gegen zwölf Uhr abholen. Dann können Sie sich gleich das Pferd herauspicken, das Sie reiten wollen. – Oh, bitte sehr! Auf Wiedersehen Mittwoch um zwölf Uhr!“
„Ein lieber Junge, der Ditlefmann“, sagte die Tante, „nicht wahr, Unni?“
Ich nickte. „Er ist sehr liebenswürdig. Und er sieht so gut aus.“ Damit hatte ich nicht mehr gesagt, als ich meinte.
„Er ist immer so rührend aufmerksam mir gegenüber“, fuhr die Tante fort.
Das soll er wohl sein, dachte ich, wenn man von seiner Tante mit so leichter Hand das Geld für ein Unternehmen bekommt, an dem sie nicht das geringste persönliche Interesse haben kann.
„Und was für einen guten Geschmack er hat“, sagte ich.
„Was meinst du damit?“ Die Tante blickte mich fragend an.
„Ich denke an die reizende Frau, die er gewählt hat. Ich mag sie sehr gern.“
Tante Agnetes Mienenspiel war ein Studium wert. Es wechselte mehrmals, ehe sie murmelte:
„Ja – hm – Else gehört ja nun nicht gerade in unsere Kreise.“
„Das mag schon sein. Aber er wird schon gewußt haben, was er tat, als er sie heiratete.“
Tante Agnete öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Doch dann behielt sie es für sich und bat mich statt dessen, einen Blumenstrauß für Else zu besorgen. Auch ich ging vom Thema ab und erzählte, daß Herr Lindeng
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