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Aber dann kam der Sommer

Aber dann kam der Sommer

Titel: Aber dann kam der Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Diamant. Seitdem ist bei jedem unserer Kinder einer hinzugekommen. Nun ist der Ring doch schön, mit dem großen Stein in der Mitte und je zwei kleinen Steinen an jeder Seite, nicht wahr?“
    „O ja, er ist wunderschön!“
    Ein Herr und eine junge Dame gingen vorbei und grüßten. Lindeng erhob sich und bot ihnen Plätze an unserem Tisch an. Dann stellte er vor: „Geschäftsführer Berger und seine Tochter Ellinor.“
    Fräulein Ellinor sollte auch übermorgen nachmittag mit dem Reiten beginnen. Nach kaum zwei Minuten waren wir in Pferdegespräche vertieft.
    „Wir waren eben bei Leutnant Thorne und haben uns die Pferde angesehen“, berichtete Ellinor, „ich werde eine kleine Stute reiten – Dyveke heißt sie.“
    „Ach?“ sagte ich und sah Lindeng fragend an.
    „Da kommen Sie zu spät, liebes Fräulein Ellinor“, erwiderte er lächelnd, „Dyveke ist bereits für Fräulein Björk reserviert.“
    „Ja, aber – du, Papa, Thorne hat doch gesagt…“
    Lindeng warf Herrn Berger blitzschnell einen scharfen Seitenblick zu. Das ganze dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, dann schien es mir, als schlüge Berger die Augen nieder. Er wandte sich seiner Tochter zu. „Ja, weißt du, mein Mädchen, wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Und wenn Fräulein Björk schon die Zusicherung hat…“
    Uff, die Sache begann unbehaglich zu werden!
    „Aber ich bitte Sie“, sagte ich, „wir können es doch beide reiten, nur eben nicht zur gleichen Zeit. Es werden außer uns noch viele kommen, die auch Dyveke reiten wollen. Wann wollen Sie denn reiten, Fräulein Berger?“
    „Jeden Tag zwischen fünf und sechs.“
    Das war genau die gleiche Zeit, an die ich auch gedacht hatte, denn dann hielt Tante Agnete ihre Mittagsruhe und würde mich nicht vermissen. Fräulein Berger mußte doch meinen Namen auf der Anschlagstafel im Stall gelesen haben? – Nun, ich wollte keine Scherereien machen.
    „Ich kann ebensogut morgens zwischen neun und zehn reiten. Damit wäre alles all right, nicht wahr?“
    So waren wir uns einig. Es wurden noch ein paar gleichgültige Worte gewechselt, die Herren sprachen von Geschäften, und bald darauf verabschiedeten sich Berger und Fräulein Ellinor von uns. Ihr Rücken war steif und abweisend, als sie verschwand.
    „Ein kleiner Satan von einem Mädel!“ murmelte Lindeng. Er beugte sich mir vertraulich entgegen. „Dieser Berger hat mir mal einen bösen Streich gespielt. Wir steckten damals in einem gemeinsamen Unternehmen. Ich hätte ihm den Hals brechen können, aber – na ja, ich ließ Gnade vor Recht ergehen. Verstehen Sie mich nicht falsch, Fräulein Unni! Ich habe die ganze Angelegenheit natürlich längst vergessen.“
    Na, aber ab und zu scheinst du doch noch mal Gebrauch davon zu machen, du Lurifax! dachte ich.
    „Nun ist er ja wirtschaftlich wieder auf den grünen Zweig gekommen – Gott sei Dank“, fuhr Lindeng fort, aber sein Tonfall paßte keineswegs zu dem, was er sagte. „Und er verhätschelt seine Tochter über alle Maßen. Nun ja, man merkt es ihr auch an! – Nein, wie die Zeit vergeht! Kommen Sie zum Essen mit zu uns und begrüßen Sie meine vier – oder vielmehr fünf, meine ich?“
    Daß ich ja dazu sagte, geschah nur, weil ich Else gern besuchen wollte.
    Ein Luxusheim kannte ich nun, das von Tante Agnete, und es interessierte mich, noch eines kennenzulernen.
    Das Haus von Direktor Lindeng war völlig anders als das der Tante, viel moderner, mit großen Fenstern, die sich um die Hausecken zogen, mit einem flachen Balkendach und einem riesigen Kachelofen im Rauchzimmer. Die Eingangshalle war mit allerlei Waffen geschmückt, mit Degen und den dazugehörigen Fechtmasken, mit Gewehren und Pistolen. Auch zwei große, ausgestopfte Elchköpfe hingen dort. Es gab einen großen Wohnraum mit einem Flügel und bequemen Sesseln am Kamin und einen kleineren mit rohen Ziegelwänden und originellen Teakholzmöbeln.
    Doch irgend etwas vermißte ich, und endlich fand ich auch heraus, was es war: Nirgends im ganzen Hause gab es auch nur die geringste Spur von der Anwesenheit einer Frau. Hier lagen ein paar Pfeifen in einem Aschenbecher, dort auf dem Tisch ein paar Wirtschafts-Fachblätter, daneben standen eine Zigarrenkiste und ein Feuerzeug – aber kein Nähkasten, kein Strick- oder Stopfkorb, keine rasch aus der Hand gelegte und vergessene Handarbeit, keine Frauenzeitschrift. Ja, das hatte ich schon gefühlt, daß hier etwas nicht stimmte!
    Lindeng läutete nach dem Stubenmädchen. „Decken

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