Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)
Abstand zu dem Freund. Er hatte sie überfallen. In ihrem eigenen Heim.
Lore richtete das Gesteck auf der Fensterbank her. Marie schwor sich, dass der Staubfänger sofort im Müll verschwinden würde, wenn der Besuch weg war.
Robert streckte den Kopf herein. »Du kannst das Fleisch bringen!«
Marie öffnete den Kühlschrank und nahm die Glasschüssel heraus, in der das Grillgut lag. »Würdest du mir das abnehmen? Dann kann ich mich um das Brot kümmern.«
»Gern.« Lore stellte sich ungeschickt an, als Marie ihr die Schüssel übergab. Sollte sie das Fleisch fallen lassen – das war jetzt auch egal. Hauptsache, dieser Besuch ging schnell zu Ende.
Marie nahm das Weißbrot aus dem Küchenschrank und legte es in den Herd. Sie stellte den Backofen auf 100 Grad. Dann lehnte sie sich mit dem Rücken gegen den Kühlschrank und atmete durch.
Lore war sofort zurück. Sie glühte vor Begeisterung. »Robert sagt, er zeigt Kevin den Hundezwinger, sobald er das Fleisch aufgelegt hat. Es sind doch keine gefährlichen Kampfhunde?«
»Er hat zwei Dackel.«
Lores schaute ungläubig. »Dackel?« Dann lachte sie. »Und dafür braucht ihr einen Zwinger?«
»Frag Robert!« Marie musste aufpassen, dass sie nicht zu genervt klang. Lore konnte schließlich nichts dafür; sie war freundlich – und naiv.
»Soll ich schon mal den Tisch decken?«, fragte sie jetzt.
»Gute Idee.« Marie räumte Teller, Gläser und Besteck aus dem Küchenschrank und stellte alles auf den Tisch. Lore trug es dann auf die Terrasse.
Marie hörte die beiden Männer kehlig lachen. Jemand rülpste. Auch das noch. Wieder zischten Bierflaschen.
Lores Hosenanzug war zwar zu eng – aber ihre hübsche Figur kam darin gut zur Geltung. Marie fühlte sich fast schon schlampig in ihren Küchenklamotten. Sie überlegte, ob sie sich noch umziehen solle.
Lore nahm die große Salatschüssel. »Die auch?«
»Bitte«, sagte Marie und versuchte, dabei freundlich zu klingen.
Als sie in der Tür war, drehte Lore sich noch mal um. »Robert führt jetzt die Kampfdackel vor. Das lasse ich mir nicht entgehen.«
Als sie allein war, stützte Marie sich am Tisch ab. Sie schloss die Augen. Dann spürte sie, dass jemand im Raum war. Sie riss erschrocken die Augen auf.
Robert. Er stand in der Tür. »Alles in Ordnung?«
»Ja. Mir war nur gerade ein bisschen schwindlig. Ich glaube, ich muss einfach was essen.«
Robert musterte sie. Dann sagte er: »Das Fleisch braucht nicht lange. Ich gehe noch kurz mit ihnen zum Zwinger. Kevin ist ganz verrückt nach den Tieren. Wie …« Er machte eine kurze Pause, seufzte und fuhr dann lauter fort: »Kannst du das Fleisch umdrehen? So in zwei bis drei Minuten. Sonst verbrennt es.«
»Ja, geh nur!« Marie nickte ihm zu. Sie war Robert dankbar, dass er den Satz nicht zu Ende gesprochen hatte. Kevin war nicht wie Johann. Ganz bestimmt nicht.
Es roch verbrannt. Marie stellte den Herd ab und öffnete den Backofen. Ein Schwall heißer Luft schlug ihr ins Gesicht. Sie schloss die Augen und prustete.
Marie wartete, bis das Brot etwas abgekühlt war. Dann nahm sie es aus dem Herd, legte es auf den Tisch und schnitt es in Scheiben. Die Scheiben tat sie in den Brotkorb, den sie auf die Terrasse brachte.
Lore hatte den Tisch schon gedeckt, der Salat stand in der Sonne.
Marie nahm eine Gabel vom Tisch und beeilte sich, die dünnen Scheiben auf dem Grill zu drehen. Sie musste sich vorsehen, die Glut entwickelte eine beachtliche Hitze.
»Ich habe eine Hundehaarallergie.«
Marie richtete sich auf und drehte sich langsam um. Die Gabel hielt sie wie eine Waffe fest umklammert. Sie war davon ausgegangen, dass alle mit Robert zu den Hunden gegangen waren.
Der Freund hatte sich einen der Stühle an die Hauswand geschoben. Dort saß er im Schatten – deshalb hatte sie ihn nicht gleich gesehen, als sie aus dem Haus getreten war.
Marie war starr vor Schreck.
Sie konnte ihn auch jetzt nur in Umrissen ausmachen. Soweit sie erkennen konnte: die Beine weit gespreizt, eine offene Flasche Bier in der Rechten.
»Deshalb bin ich hiergeblieben. Soll ich dir irgendwas helfen, Marie?« Er lachte auf. »Ans Fleisch habe ich mich nicht getraut. Ich dachte, das will Robert selber machen.«
»Es wäre beinahe verbrannt«, sagte Marie tonlos.
Er bewegte die gespreizten Beine langsam nach außen und dann wieder zurück. Er setzte die Flasche an den Mund. Marie hörte ihn schlucken.
Sie schaute zum Zwinger hinüber. Die anderen waren nicht zu sehen. Sicher zeigte
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