Abgebrezelt
zu sagen, renne ich aus der Küche und knalle, weil ich schon ziemlich betrunken bin, mit der Schulter gegen den Türrahmen. Ich stolpere weiter und schließe mich dann im Badezimmer ein. Ich ziehe mir gerade eine großzügige Ladung Klopapier für meinen sicher gleich folgenden Heulkrampf von der Rolle, da klingelt es an der Haustür. Mir ist das egal, ich werde diesen Raum sowieso nie wieder verlassen, und wenn ich auf dem Klo hier elendig verrecke. Wäre wahrscheinlich sowieso das Beste.
»Jessi, komm da raus!« Caro bollert an die Badtür. Es klingelt wieder. »Simone! Jetzt mach keinen Scheiß und die Tür auf. Du hörst doch, dass es klingelt!« Dann wendet sie sich wieder mir zu: »Jessi, bitte!«
Ich sitze auf dem Klo und starre auf meine gelben Post-its an der Waschmaschine. »Joggen«, »Abnehmen«, »Kosmetikerin«, »Solarium«. Das waren also bis gestern die wichtigsten Themen in meinem Leben. Ich reiße die dämlichen Zettel ab, zerfetze sie in tausend kleine Stücke und schmeiße sie ins Klo. Ich höre, wie jemand die Haustür öffnet, und dann die Stimme von Felix, den ich total vergessen habe. Auch das noch.
»Hallo, ich bin Felix, ein Arbeitskollege von Jessica. Wo ist denn die schönste Frau von Interpool?«
»Keine Ahnung. Hier wohnt jedenfalls Jessica Kronbach!«
»Die meinte ich ja auch. Sie weiß, dass ich komme.«
»Verstehe. Sie ist gerade im Bad. Kommen Sie doch rein. Wieso tragen Sie denn einen Mundschutz?«
»Na, wegen der Schweinegrippe!«, antwortet Felix.
»Schweinegrippe? Was’n für ’ne Schweinegrippe?« Das war Simone.
»Na, Jessica hat doch die Schweinegrippe. Deswegen isoliert sie sich doch! Hat sie mir zumindest am Telefon gesagt.« Felix ist hörbar verunsichert.
»Iiiih, echt?«, quiekt Simone, »ich dachte, sie hätte nur dieses Botoxauge und … «
Caro unterbricht sie Gott sei Dank: »Ja, richtig, Jessis Schweinegrippe! Ist aber eher ein Ferkelschnupfen! Nicht ansteckend. Sie können den Mundschutz also ausziehen und reinkommen.«
»Na gut, wenn Sie mir das sagen, dann glaub ich das natürlich.« Felix lacht gekünstelt. Ich höre, wie er eintritt und die Haustür geschlossen wird. Ich kann nicht fassen, dass Caro den jetzt auch noch in die Wohnung lässt.
»Komm doch mit in die Küche, Felix, Jessica kommt bestimmt gleich dazu.«
»Oh, ist das hier ’ne kleine Party? Ich dachte, Jessica ist krank?« Wahrscheinlich hat er gerade den Küchentisch mit den Sektflaschen gesehen.
»Ja, ja, ist sie ja auch irgendwie, aber da kann man doch trotzdem ein Gläschen Sekt trinken, oder?«, höre ich Caro.
»Na ja, bei einer Grippe ist das doch normalerweise nicht so gut, oder? Irgendwas stimmt doch hier nicht. Wo ist denn jetzt die Jessica? Ich wollte die Krankmeldung abholen, aber … sie ist gar nicht krank, oder?«
Mist, ich muss mir schnell was einfallen lassen, bevor Felix wieder geht und morgen im Büro rumerzählt, dass ich blaumache und anstatt zu arbeiten mit Freundinnen Sekt saufe.
»Die Krankmeldung liegt auf dem Stuhl im Flur,« rufe ich durch die Tür
»Jessica?«
»Ja, auf dem Stuhuuhl!« Ich merke, dass meine Stimme ein bisschen leiert. Hoffentlich merkt Felix das nicht.
»Bist du betrunken?« Er hat es gemerkt.
»Nein, nur müde und wegen der Schweinegrippe.«
»Willst du nicht mal da rauskommen?«
Anstatt zu antworten, täusche ich einen schrecklichen Hustenanfall vor.
»Jessica? Wirklich alles in Ordnung? Komm doch bitte mal da raus!« Felix klingt jetzt besorgt.
»Ich kann nicht, Felix, ich hab schrecklichen Durchfall von den Medikamenten, die ich nehmen muss. Bitte, nimm doch einfach den gelben Schein mit, hm?«
»Ach so … Aber ich kann auch noch ein bisschen warten, Jessi, zumal das hier ja zwei so nette Damen sind, die dir einen Krankenbesuch abstatten. Gibt’s noch Sekt?«
»Felix! Bitte!«, rufe ich verzweifelt aus dem Bad.
»Nur ein kleines Schlückchen mit den beiden reizenden Krankenschwestern.«
»Nein!«, schreie ich, »ich möchte, dass du jetzt gehst! Sofort!«
»Tut mir leid, Herr … äh … Felix. Sie haben ja gehört, was Jessica gesagt hat. Sie sollten jetzt vielleicht wirklich besser gehen. Ich glaube, es geht ihr gerade nicht gut.«
War ja klar, dass Caro keinen Bock hat, mit Felix Sekt zu trinken. Wenn er besser aussehen würde, hätte sie ihn bestimmt nicht rausgeworfen.
»Also gut, aber wirklich sehr ungern, bei so zwei hübschen Krankenschwestern! Aber merkwürdig finde ich das hier schon ein bisschen, das
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