Abgehauen
haben es in all den Jahren nicht für notwendig befunden, einmal herumzukommen zu mir und zu sagen: Wie ist das, Herr Heym, wie ist das bei uns am Fernsehen, wollen Sie nicht dort sagen, was Sie sagen wollen?
Adameck:
Wir haben doch eine ganz andere produktive Strecke gehabt, da haben wir zwar viel Streit gehabt, aber …
Wolf:
Ich glaube, das ufert aus, ich glaube, wir müssen bei dieser Sache bleiben. Und ich will folgendes sagen. Ich wiederhole, daß von uns – soviel ich es weiß und soviel ich die Möglichkeit hatte, andere zu beeinflussen: ich meine die zwölf, die diese erste Erklärung unterschrieben hatten – jedem abgeraten wurde, sich dieser Erklärung anzuschließen, weil wir eine Eskalation vermeiden wollten. Was wir nicht verhindern konnten und können – konnten sagen wir mal –, ist, daß andere sich auch äußern wollten und zum Teil ebendiese Erklärung dazu verwendet haben. Ich will jetzt uns nicht von diesen distanzieren, das ist wieder ein anderer Punkt, ich sage nur, wie es gelaufen ist. Es ging also hier nicht um irgendeine »Plattform«, eine Gruppenbildung oder etwas Derartiges. Ich möchte das in solchen Worten hier mal aussprechen, um das auszuräumen. Das ist das eine. Das zweite ist: Wie die Sache jetzt nun mal gelaufen ist, frage ich – euch und besonders dich –, ob es eine Möglichkeit gibt, daß Unterzeichner dieser Erklärung, die also diesem Text folgen, sich äußern können, bei uns, und nicht das zurücknehmen, was sie dort gesagt haben. Sich aber ganz scharf distanzieren von dem Mißbrauch.
Thate sagt,
das sei gestern sein und Domröses Vorschlag gewesen.
Wolf:
Im In- und Ausland, also wo auch immer. Diesen Text können wir sicherlich so zusammenkriegen …
Heym:
Aber das steht schon in der Erklärung drin, die Distanzierung von dem Mißbrauch.
Wolf:
Es steht in der Erklärung, daß wir uns von dem Mißbrauch von Biermann, äh, äh distanzieren. Ich halte es in so einem Punkt auch für gut, wenn ich die Möglichkeit bekäme, mich auch davon zu distanzieren. Daß ich ganz klar sage, wo ich stehe. Natürlich hat mich zum Beispiel die Springer-Presse angerufen. Und was ich denen gesagt habe, das habe ich leider auch nicht auf Tonband, und das veröffentlichen sie auch nicht. Aber ich möchte es dann hier sagen können, wie ich von diesen Leuten denke und wie meine Haltung dazu ist. Nun will ich noch was sagen. Zufällig bin ich gestern in einer Runde mit einem Betriebsleiter zusammengekommen, der als erstes gesagt hat: Sag mal – um Gottes willen – stehst du auf dieser Liste? Ich sag, ja. Wie ist es dazu gekommen? Das kann doch nicht sein! Also wir haben angefangen zu diskutieren. Ich hab ihm gesagt, was wir für Probleme haben und was uns dazu gebracht hat. Und da hat er gesagt: na und? Das ist doch bei uns genau dasselbe. Und er hat mir seine Probleme erzählt, die auch hinauslaufen auf eine sehr, sehr ernste innere Auseinandersetzung, die er nicht öffentlich macht. Und ich sag: warum nicht? Er sagt: aus Disziplin, aus Zucht und Ordnung, aus Ruhe und Ordnung. Und wir sind auseinandergegangen und haben gesagt: Das war ein gutes Gespräch. Und weißt du warum? Nicht weil wir über den Beschluß über Biermann etwa einer Meinung waren, sondern weil er mit jemandem über seine Probleme gesprochen hatte; und ich glaube, daß das eine Funktion der Literatur ist.
Ich betrachte als meine Hauptarbeit das Schreiben und nicht das Verfassen von Resolutionen oder Briefen.
Lamberz:
Was du gesagt hast bei der letzten Dikussion – und ich habe nur das gelesen – das war doch so offen und so interessant.
Wolf:
Ja. Und ich habe immer und überall vertreten, daß ich offen reden kann. Ich hab’s im Westen überall gesagt. Die DKP-Leute haben mir gesagt: Mensch, bist du aber offen! Ich sag: ja, genau wie in der DDR. So offen sind wir nämlich. Und ich hab jetzt die Angst gehabt, daß das wieder in die andere Richtung geht. Wenn das nicht der Fall ist – beabsichtigt unterstelle ich sowieso nicht –, aber wenn auch diese Vorgänge jetzt nicht dazu führen – ich verstehe euch sehr genau, das ist zum Teil auch mein Denken, was da mitspielt –, dann wäre das natürlich eine ganz große Sache. Und ihr hättet uns alle wieder zu euren Verbündeten. Wir alle zusammen wären an diesem selben Zug, und das wollen wir auch. Und die Frage ist nun eben: Ist es in eurem Interesse, daß so etwas geschähe, daß eine Erklärung formuliert würde,
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