Abgehauen
großen Weg hinter sich hat und in den 25 oder 30 Jahren mindestens genausoviel gekämpft hat, wie andere das für sich in Anspruch nehmen …
Becker:
Das glaube ich dir gern, bloß er schreibt heute scheußliche Artikel.
Sensberg:
Das ist ja möglich, das mag ja sein, das ist der Standpunkt, ja?
Lamberz:
Über den Artikel kann man streiten. Ein anderer hätte ihn anders geschrieben …
Sensberg:
Es ist was entstanden daraus, gut, ja? Ich sage, es ist etwas entstanden. Niemand hat die Möglichkeiten genutzt, auf andere Weise seinen Standpunkt mitzuteilen als durch eine Protesterklärung, die Öffentlichkeit genommen hat. Und selbst wenn wir heute hier erklären, ja?, diese Unterschriftensammlung ist beendet – ich weiß nicht, wer weiter Unterschriften sammeln wird. Es wird möglicherweise welche geben – schon längst über den Rahmen dieses Kreises heraus –, die weitermachen werden, ja?
Lamberz:
Sibylle Havemann sammelt Unterschriften. Ist Sibylle Havemann eine Künstlerin? Ist Thomas Brasch ein Künstler, der von euch legitimiert worden ist, Unterschriften zu sammeln?
Schlesinger:
Thomas Brasch ist ein Künstler.
Lamberz:
Der von euch legitimiert worden ist, frag’ ich.
Schlesinger:
Legitimiert ist keiner.
Wolf:
Keiner. Keiner.
Sensberg:
Gestern habe ich viele Anrufe aus Betrieben bekommen, die mir gesagt haben – Parteisekretäre, die ich kenne, zum Beispiel aus Schwedt –, die natürlich gehört haben, Krug ist auf der anderen Seite, ja ?
Lamberz:
Das haben die nicht von uns gehört! Aus dem West-Rundfunk. Die haben doch die ganze Sache gebracht!
Sensberg:
Die Diskussion schlägt hohe Wellen, ja ?
Domröse fragt,
warum die Politiker uns in der Lage nicht schützen.
Adameck:
Wie denn das?
Sensberg:
Krug hat ja unterschrieben.
Domröse sagt,
es wisse aber niemand, was unterschrieben worden sei.
Wolf:
Darf ich mal ‘n Vorschlag machen? Ich verstehe genau dein …
Sensberg:
… Wo ich hin will …
Wolf:
Ja, eben. Also, vielleicht ist es auch abwegig. Das kommt ganz von mir, und ich bin sogar unter anderem mit der Absicht hierhergekommen, so etwas zu sagen …
Lamberz:
Christa, du sagst was Produktives … Entschuldige, das ist etwas unfreundlich, ich muß das sagen: Wenn wir sagen, andere Menschen reagieren genauso, bloß in andere Richtung, wie ihr reagiert, so ist das doch keine Drohung. Ich will hier noch mal erklären: Gestern abend habe ich persönlich – und nicht nur ich persönlich – gesagt: »Nicht eine Zeile kommt.« Ja? ADN hat um 22.00 Uhr begonnen, Stellungnahmen anzunehmen. Das war unsere Meinung, und nichts anderes.
Sensberg:
Aber um fünf sind fünfzig neue gekommen …
Lamberz:
Und als wir die neue Liste kriegten, da hab ich gesagt: Was passiert hier? Ihr kennt sie doch alle, die große Liste der Fünfzig. Warum kommt das jetzt? Warum hört man nicht auf? Und als um 22.00 Uhr neue Namen kamen – zum Teu fel noch mal –, da sollte ich mit Kant und allen sprechen. Ich kann doch nicht die anderen Meinungen nicht bringen! Nicht nur sie. Die Partei hat angerufen und gesagt, was ist los mit euch? Was ist los? Warum verhindert ihr, daß auch andere Meinungen gesagt werden? Denn der Westen sagt diese Meinung.
Sensberg:
Wir wollten die Konfrontation nicht.
Lamberz:
Das geht nicht. Wir sind gewählt worden von Leuten. Wir haben uns nicht hineingeschoben in Funktionen. Wir sind nicht mit dem Fallschirm ins Politbüro gefallen. Wir sind jünger, aber wir haben gearbeitet, auch gearbeitet. Ich bitte zu sehen, daß es ganz normale Menschen gibt bei uns, die auch reagieren wollen und daß wir die Pflicht haben, auch das, was die sagen …
Heym:
Aber Sie sehen, wie Manfred Krug und Frank Beyer reagiert haben, die Erfahrungen haben mit dem organisierten Volkszorn.
Adameck:
Auf einmal ist Beyer so schweigsam, und das nehm ich ihm übel. Er ist ja auch bei mir beschäftigt. Ich nehm ihm eine Sache übel: daß ich ihn mit Hilfe von Genossen Lamberz aufgesucht habe und daß wir ihn wiedergeholt haben und haben ihm Arbeit gegeben. (Er meint, nachdem Frank Beyer auf »Spur der Steine« hin zwei Jahre in die Theaterverbannung nach Dresden mußte.) Das muß er dann auch sagen. Und ich nehm ihm auch übel: Er kommt mit allem zu mir, und er kam nicht in dieser Sache …
Beyer:
Moment …
Heym:
Genosse Adameck, Sie sind ein Nachbar von mir. Sie
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