Abgehauen
was macht. Das ist also eine echte Dummheit.
Heym:
Also keine Repressionen?
Lamberz:
Was heißt »keine Repressionen«? Sie denken in Kategorien, die keine sozialistischen sind. So denken Sie.
Heym:
Ich habe die Stalin-Zeit miterlebt, Genosse Lamberz. Sie müssen verzeihen, daß wir noch manchmal daran denken.
Lamberz:
Da muß man umlernen, einen Lernprozeß machen. Was heißt »Repressalien«? Wenn jemand solche Dummheiten macht, die nicht zu verantworten sind mit der Tätigkeit eines Staatsbürgers, dann wird es auch andere Dinge geben. Aber darunter verstehen wir nicht, was weiß ich, eine Resolution machen oder so etwas. Können Sie so etwas ausschließen? Ich kann so etwas nicht ausschließen. Die Dinge ändern sich manchmal. Am 15.10. beantragte Christine Biermann die Scheidung, und – was weiß ich – vor fünf Tagen sagt sie, sie wollen weiter zusammenleben. So ändern sich die Dinge.
Heym:
Das ist verständlich, daß sie sich unter diesem Druck nicht von ihrem Mann trennen möchte.
Lamberz:
Das kann gemacht werden über die Familienzusammenführung … Ich kenne nicht die persönlichen Verhältnisse, und ich denke, man sollte das nicht komplizieren. Wir mischen uns da auch nicht ein. Aber Repressalien gibt es überhaupt nicht. Es gibt nur Maßnahmen, die dann notwendig sind, wenn sich jemand so bewegt, daß er die Gesetze der DDR verletzt. Dann ist das etwas anderes.
Domröse sagt,
es sei ein Unglück, daß durch die Kampagne in den DDR-Zeitungen so viele Künstler eingeteilt würden in »gute« und »böse«, das könne Auswirkungen bei der Auswahl von Schauspielern haben. Die Zurücknahme seiner Unterschrift durch Ekkehard Schall sei schädlich für die Standhaften, es sei zu hoffen, daß das nicht Schule mache. Sie rechne mit einschüchternden Gesprächen in ihrem Theater und, obwohl sie nicht Parteimitglied sei, auch vor der dortigen Parteileitung.
Adameck:
Angelica, eine Sache kann man nicht verhindern: daß um euch herum Genossen und Kollegen leben, die euch angreifen werden.
Domröse sagt,
Adameck könne ruhig bleiben, verteidigen wolle sie sich schon selbst.
Heym:
Ich schlage vor: Im Hinblick auf dieses Gespräch, heute ist Montag, kann man am Samstag zusammenkommen, dieselben Kollegen, die die ursprüngliche Erklärung verfaßt haben – vielleicht unter Zuzug von Kollegen Krug, Frank Beyer und einigen anderen, die inzwischen unterschrieben haben –, um dann diese Erklärung, über die wir geredet haben, gegen den Mißbrauch, gemeinsam zu verfassen.
Lamberz:
Ich habe Zweifel, ob es richtig ist, wiederum eine Erklärung von Zwölfen zu machen oder was weiß ich …
Becker:
Das ist richtig.
Lamberz:
Oder dann wiederum die Unterschriften der anderen. Jeder der anderen siebzig fühlt sich doch bemüßigt, entweder etwas dazu zu sagen oder nichts zu sagen.
Heym:
Ich finde das eher eine prozedurale Frage.
Lamberz:
Das ist keine prozedurale Frage. Im Denken der Menschen erscheint es doch – ob man will oder nicht –, daß es hier eine Gruppe gibt. Mir wäre es, ehrlich gesagt, lieber …
Heym:
Jeder wird verstehen, daß es sich nicht um eine Gruppe handelt.
Lamberz:
Noch nicht. Aber jeder der anderen wird sich bemüßigt fühlen oder nicht bemüßigt fühlen zu unterschreiben. Wir haben wieder den gleichen Prozeß in Bewegung. Ich hielte es für besser, individuelle Erklärungen zu machen des gleichen Inhalts, nicht wörtlich natürlich, wo jeder das ausdrücken kann. Warum nicht?
Adameck:
Warum wollen wir hier mit den Mitteln des Gegners arbeiten? Plattform und so weiter …
Heym:
Der Gegner hat nicht mit »Plattform« gearbeitet.
Adameck:
Natürlich!
Lamberz:
Wenn wir die Form wegnehmen wollen, daß es Gruppen gibt. Und das ist ja unser Interesse auch, daß es keine Spaltung gibt, und es gibt ja keine Spaltung. Es gibt eine Meinungsverschiedenheit über Biermann.
Heym:
Es gibt eine Meinungsverschiedenheit über die Aktion der Regierung.
Lamberz:
Gut. Es gibt sicherlich viele Meinungsverschiedenheiten über das Wesen des Sozialismus. Ja? Wir zwei haben ganz bestimmt welche, das weiß ich aus der Diskussion, aber das macht nichts. Darüber kann ich ja diskutieren. Aber wenn wir das in dauernden kollektiven Beschlüssen oder Gruppenbeschlüssen machen, finde ich, wird es kompliziert. Auch das kann eine Fortsetzung der Bewegung geben.
Wolf:
Wenn wir zum Beispiel
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