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Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Titel: Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federico Baccomo
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Ich strecke eine Hand in Richtung seines Kopfes aus. »Es sind gar nicht so sehr die Schuppen. Es sind die Haare. Sie sind fettig.«
    Am Nachmittag gesellt sich Giuseppe an der Kaffeemaschine zu mir, setzt sich auf das Ablagebrett, wo, ohne dass er es merkt, ein CaffèPiùGusto -Pad an seinem Hintern kleben bleibt, und schält sich eine Banane.
    »Und, Endru, bist du bereit?«
    »Bereit für was, Giuseppe?«
    »Wie für was, Endru? Du treibst mich noch zur Verzweiflung. Für das Dreifürzwei-Project.«
    »Ich habe angefangen, in den Papieren zu lesen.«
    »Endru?«
    »Schieß los, Giuseppe.«
    »Kann ich mich auf dich verlassen?«
    »In Bezug auf was, Giuseppe?«
    »Herrgott noch mal. Was heißt, in Bezug auf was, Endru? Für das Dreifürzwei-Project.«
    »Ach so. Ich werde mein Bestes geben.«
    » Dein Bestes reicht nicht. Du musst das Beste geben. Ich weiß, dass diese Geschichte nicht ganz leicht für dich wird. Dir fehlt die Erfahrung und so weiter und so fort. Aber jetzt, da Achille geht, ist die Situation ein wenig schwierig. Wir sind unterbesetzt . Wir müssen alle unseren Teil beitragen. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich dir dieses Projekt nicht anvertraut.«
    »Danke, Giuseppe.«
    »Aber ich vertraue dir, Endru. I trust you .«
    »Danke, Giuseppe.«
    »Ich kann dir doch vertrauen, oder?«
    Ich trinke meinen Kaffee aus. Giuseppe steckt den letzten Bissen Banane in den Mund und trällert Somebody to love . Die Haare in seiner Nase scheinen im Rhythmus mitzuschwingen. Als die Banane aufgegessen ist, springt er schwungvoll zu Boden. Er mustert mich und schenkt mir dann ein breites Lächeln. Ich senke den Blick und starre auf einen Fleck im Teppichboden.
    »Wann geht dein Zug?«
    »Einundzwanzig Uhr zwanzig.«
    »Was mir übrigens noch in den Sinn kam: Wie kann man, bei allem Respekt, seine Firma nur im Friaul ansiedeln? Marktrecherchen? Standortfaktoren? Niedrige Mieten?«
    »Treviso ist in Venetien.«
    »Friaul, Venetien, wen kümmert’s? Die Idee allein ist schon provinziell.«
    »Ich bin es doch, der hinmuss, Giuseppe.«
    »Ich weiß, Endru, ich weiß. Ich spreche es einfach nur an deiner Stelle aus.«
    »Dann sag besser nichts.«

Auf einen Kaffee
    »Ich bin vollkommen fertig.«
    »Wem sagst du das. Die Arbeit schlaucht. Uns steht wirklich ein Scheißapril bevor.«
    »Hast du je daran gedacht, etwas ganz anderes zu machen?«
    »Oh Gott, werd jetzt bloß nicht melodramatisch. Was willst du denn anderes machen?«
    »Keine Ahnung, irgendetwas Erfüllendes. Innehalten. Gedichte schreiben oder so.«
    »Hahaha, ein Verrückter.«
    »Oder so, habe ich gesagt. Oder so.«
    »Hast du die Mail gesehen, die Coldani geschickt hat?«
    »Die mit der rülpsenden Möse? Herrlich.«

11
    Ich steige aus dem Zug und stehe mutterseelenalleine auf dem Bahnsteig in Treviso. Nur ein Westie-Welpe hinter einem Tor knurrt mich an. Ich spiele den Geisteskranken und zeige ihm die Zähne, und das Tier dreht fast durch vor Wut. Als ich weggehe, starre ich ihn weiter an und blecke die Zähne zu einem schwachsinnigen Grinsen.
    »Haben Sie nichts Besseres zu tun?«, fragt eine Frau, die halb von einer Laterne verdeckt war.
    Ich reiße mich zusammen und will schon etwas sagen, er hat angefangen oder so, verschwinde dann aber kommentarlos.
    Es ist fast ein Uhr nachts.
    Ich fühle mich erschöpft. Mein ursprünglicher Plan, während der Fahrt die Papiere für das morgige Treffen zu lesen, ist mir von einem runzligen Mann, der mir gegenübergesessen und von seiner Tochter erzählt hat, gründlich durchkreuzt worden.
    »Ein wirklich tüchtiges Mädchen, ein anerkannter Chirurg … Ich sage Chirurg, obwohl sie eine Frau ist, und was für eine Frau, schön, faszinierend. Wir haben uns schon vier Jahre nicht mehr gesehen, seit dem Tod ihrer Mutter. Sie will nichts mehr mit mir zu tun haben, keine Ahnung, warum. In der Vergangenheit herumzuwühlen, hat doch keinen Sinn. Bestimmte Dinge sind irgendwann passé, finden Sie nicht auch?«
    »Das tut mir wirklich leid«, sagte ich abwesend. Dann fügte ich in dem Versuch, das Gespräch an dieser Stelle zu beenden, hinzu: »Das Leben ist manchmal …«
    Was ist das Leben manchmal?
    »Es kann grausam sein«, vollendete der Alte meinen Satz und blickte mich im Spiegelbild des Fensters an.
    »Grausam, genau«, bestätigte ich und erwiderte den Blick.
    Plötzlich war ich unruhig, hielt mir die Papiere vor die Augen und vertiefte mich wieder in die Lektüre.
    »Aber tüchtig ist sie. Chirurg.

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