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Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Titel: Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federico Baccomo
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Zeitpunkt gekommen, an dem man sich auch mal vom Acker machen könnte . Im Hintergrund singt Frank Sinatra eine herzzerreißende Liveversion von Strangers in the Night . Wir sitzen am Tisch in der Nähe der Toiletten. Ich will die drei Schnapsgläser nachfüllen und stelle fest, dass niemand von uns Grappa mag.
    »Aber der Mandant zahlt.«
    »Dann nehme ich noch einen Tropfen.«
    Giovannino wiederholt ernst, einhundertneunundachtzig Tage , und die Zahl hallt wie ein Schuss im stillen Raum wider.
    Ich lege eine Hand an die Stirn. Oh Gott, erspar mir deine intimen Bekenntnisse, so möge der Abend bitte nicht enden. Giovannino sagt aber auch gar nichts mehr. Die Krawatte über die Schulter gelegt, zupft er an seinem Hemd, um sich in der stickigen Hitze Luft zuzufächeln. Das Schweigen bekommt etwas Erwartungvolles, eine Spannung, die Nicola und ich zu brechen uns bemüßigt fühlen. Ernst schauen wir uns an. Nicola verdreht die Augen und misshandelt sein linkes Ohrläppchen. Ich ziehe das Blackberry aus der Tasche und studiere meinen Terminkalender. Die Zeit fließt rückwärts. Nebelhafte Erinnerungen umfangen mich, und plötzlich taucht in aller Schärfe Francescas Zimmer daraus hervor, totales Chaos, auf dem Boden überall Kleider und Schuhe.
    Francesca habe ich bei dem Essen eines Exkollegen kennen gelernt.
    »Aha, du bist also Anwalt?«
    »Wirtschaftsanwalt.«
    »Aha. Wirtschaftsanwalt.«
    »Genau.«
    »Was für eine Art Wirtschaft?«
    »Wirtschaft eben.«
    »Aha, Wirtschaft.«
    »Genau, Wirtschaft.«
    Zwischen einem Gang und einem Toast kamen wir uns allmählich näher, bis Francesca unvermittelt mit der Frage herausrückte, die den endgültigen Übergang von Gleichgültigkeit zu Interesse signalisierte: »Was für ein Sternzeichen bist du?«
    »Rat mal«, antwortete ich in der Pose des Verführers, der Ausgang hat.
    »Komm schon«, sagte sie kokett. »Wie soll ich das anstellen? Ich kenne dich doch gar nicht.«
    »Folge einfach deinem ersten Eindruck. Wenn du wirklich an so eine – wie soll ich sagen – Geschichte glaubst, kannst du es ja mal versuchen.«
    »Das ist keine Geschichte«, empörte sie sich. »Das ist etwas Ernsthaftes. In jedem Fall würde ich sagen … äh … Fische.«
    Ich riss die Augen auf und ließ das Glas in meiner Hand zittern.
    »Das ist ja unglaublich«, sagte ich erstaunt.
    »Wirklich? Du bist wirklich Fische?«
    »Fische, genau. Jetzt musst du mir aber erklären, wie du das gemacht hast.«
    »Hab ich doch gesagt. Es gibt bestimmte Charakterzüge, bestimmte Eindrücke, man muss nur aufmerksam sein. Ich hatte mal einen Freund, der Fische war.«
    Ich kippte das Glas in einem Zug hinunter. Der Weg schien frei. Die Vorstellung, dass ein Sternzeichen unsere Begegnung begünstigte und sie selbst mit einer ganz außergewöhnlichen Sensibilität gesegnet war, zudem die Zufriedenheit darüber, dass sie meine Sicherheiten zerstört hatte, ließen Francescas Züge in besänftigtem Stolz zerfließen. Meiner Sache sicher, fragte ich sie nach ihrer Telefonnummer.
    »Aber nein, ich werde dir doch nicht meine Nummer geben. Dir mit deinem schlauen Fischgesichtchen.«
    Ich hielt nach einer spiegelnden Oberfläche Ausschau und erblickte dort nur den üblichen Flunsch eines verirrten Koalas, vielleicht noch ein wenig finsterer als sonst wegen des vielen Rauchs, den Francesca mir ins Gesicht blies. Dessen ungeachtet ließ ich noch ein paar Kommentare über unsere von den Göttern gesegnete Leidenschaft fallen, versuchte es erneut und schrieb dann ein paar Zahlen auf eine Papierserviette, auf der ich mir, bevor ich das Essen verließ, auch noch eine Gedächtnisstütze notierte: Du hast ihr gesagt, dass du Fische bist . Als Schütze war ich zu dieser kleinen Lüge möglicherweise berechtigt. Armleuchter hingegen waren Schützen nicht.
    Vor ihrer Haustür am Abend danach, unter den Sternen mit all ihrer gasförmigen Gleichgültigkeit, war die Stimmung vergnügt. In der Spannung der ersten Kontaktaufnahme näherte ich mich Francescas Ohr und spürte ein wachsendes Verlangen. Ich spielte mit dem Gedanken, einen Aszendenten zu erfinden – oder auch zwei –, beschränkte mich aber auf ein schlichtes Säuseln, das sie, ohne in übertriebenen Romantizismus zu verfallen, mit einem »Okay« beantwortete. Alles verlief nach dem besten aller denkbaren Drehbücher, verlegenes Lachen im Hauseingang, leichte Berührungen im Innenhof, ein sich Lösen, ein sich Wiederfinden, bis ich, als ich den Leuchtsymbolen des langsam

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