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Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Titel: Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federico Baccomo
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Eleonoras Schnauben an mein Ohr.
    »Leo«, fing ich wieder an. »Das war nur ein kurzes Gespräch. Grüße zum Fest. Genau, er wollte mir nur frohe Weihnachten wünschen. Sollen mir die Mandanten nicht frohe Weihnachten wünschen dürfen? Und jetzt sag doch bitte, Puderzucker oder Zitronenbaiser ? Oder auch Himbeer , wenn du magst. Aber Himbeer ist wohl ein bisschen banal.«
    »Andrea, so können wir nicht weitermachen.«
    »Okay, Kokos , dann ist die Sache gegessen.«
    »Ich mache keinen Spaß.«
    »Kein Interesse. Danke.«
    »Wie bitte?«
    »Nein, ich habe jemanden gemeint, der mir Rosen andrehen wollte. Nein, kein Interesse, ich telefoniere gerade . Leo, ich weiß, es ist eine schwierige Phase.« Ich seufzte und klemmte die Schachtel zwischen die Beine. »Vor Weihnachten ist es immer so. Jetzt bekomme ich allmählich wieder Luft. Gib mir ein wenig Zeit, und du wirst sehen, dass ich Ordnung in mein Leben bringe. Versprochen.«
    »Ich habe es satt, dieses es ist eine schwierige Phase .«
    »Das ist es aber«, protestierte ich schwach.
    »Und was hast du im Sommer gesagt? Es ist eine schwierige Phase . Dann hast du mich auf Santorini sitzen gelassen, bist für drei Tage nach Mailand zurück, bist wieder nach Santorini gekommen, hast mich an den Strand abgeschoben und dich im Bungalow verbarrikadiert, um – wie hast du es noch genannt? – einen draft zu machen. Und wardst nie wieder gesehen.«
    »Du weißt doch, dass mir so viel Sonne nicht bekommt.«
    »Andrea.« Eleonora resignierte. »So läuft das nicht.«
    »Jetzt reicht es aber, verdammt.«
    »Wie bitte?«
    »Schon wieder der Typ mit den Rosen.« Ich holte tief Luft. »Leo, heute ist Heiligabend. Freu dich auf das schöne Geschenk, das du von mir bekommst. Ich hatte es dir doch versprochen, erinnerst du dich? Eine riesige Schachtel. In einer halben Stunde bin ich bei dir. Eingepackt habe ich es allerdings nicht. Soll ich es einpacken? Ich denke aber, dass es auch so geht. Alles Natur.«
    »Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist, Andrea.«
    »Dann packe ich es halt ein.«
    »Andrea.«
    »Leo, ich verstehe dich nicht.« Ich lehnte mich ans Schaufenster. »Was willst du mir mitteilen?«
    »Ich will dir mitteilen, dass irgendwann der Tag kommt, an dem man begreifen sollte, dass es vorbei ist«, sagte sie seufzend.
    »Hä?« Ich wankte ein wenig.
    »Es ist vorbei«, wiederholte Eleonora, und ihre Stimme erstarb.
    »Aber Heiligabend ist kein Tag für so etwas.«
    »Es tut mir leid. Wirklich.«
    »Lass mich in Ruhe damit, verdammt noch mal.«
    »Kannst du ihn nicht verscheuchen, diesen Typen mit seinen dämlichen Rosen?«
    »Diesmal habe ich dich gemeint. Das kannst du nicht machen. Was soll das heißen, irgendwann kommt der Tag ? Und was, wenn dann irgendwann ein anderer Tag kommt und du feststellst, dass es nicht vorbei ist? Du bist meine Freundin, wir werden uns sehen, wir werden darüber reden, wir sind zusammen, denk mal einen Moment nach. Was soll denn diese ganze Negativität? Das läuft so nicht … Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist … Dies nicht, das nicht . Du bist gereizt, Leo. Sag mir einfach nur eines: Puderzucker oder Zitronenbaiser ?«
    »Bist du betrunken?«
    »Betrunken? Ich habe einen Saft getrunken, bevor ich aus der Kanzlei raus bin.«
    Ich stockte, dachte kurz nach und merkte, dass mir die Idee gefiel. Das war vielleicht eine Wendung – Andrea betrunken –, die mir noch nützlich sein konnte. Ein völlig neues Auftreten. Mühselig und beladen, verführerisch, siegreich.
    »Ja.« Ich begann zu lallen und kratzte am Kunstschnee am Schaufenster herum. »Ich bin betrunken. Ich habe getrunken, um nicht mehr nachdenken zu müssen, um mich nicht zu verlieren. Dieses Leben ist nicht …«
    In der Leitung erklang das Besetztzeichen.
    »Leo, hallo?«
    Tu-tu-tu-tu .
    »Hallo? Ich liebe dich.«
    Tu-tu-tu-tu .
    »Ich liebe dich …«
    Der Mann mit den Rosen schwang die Hüften und schaute mich an.
    »Sie hat mich verlassen«, teilte ich ihm ungläubig mit.
    Der Mann hielt seine Rosen und seinen Fotoapparat in den Händen, schaute mich unentwegt an und lachte.
    »Endgültig«, fügte ich hinzu.
    »Foto knipsen?«

    »Darf man mal erfahren, wo du abbleibst?«
    Achilles Stimme rüttelt mich wach. »Das ist nun schon das zweite Mal heute Abend, dass ich dir diese Frage stelle.«
    »Eleonora«, sage ich, fahre mir mit der Hand über die Stirn und merke, dass ich schwitze. »Sie ist …« Ich kichere, ohne zu wissen, warum.

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