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Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Titel: Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federico Baccomo
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wärst du extrem zufrieden mit dem, was du machst. Eigentlich bist du sogar ziemlich unleidlich und benimmst dich, als hätte man dich in einen Käfig gesperrt.« Emily räkelt sich. »Im Londoner Zoo gab es mal ein Mufflon. Es hieß Jimmy. Du hast wirklich Ähnlichkeit mit ihm.«
    Dieses Mal bin ich es, der sie in den Arm zwickt.
    »So einfach ist das nicht.«
    »Wieso? Man muss sich doch nur fragen: Warum Pause mache Pause ich Pause das ?«
    Ich seufze und werde nachdenklich.
    »Dieses Gefühl, von dem du sprichst, dass ich mich nämlich wie in einem Käfig fühle, das stimmt schon. So geht es mir tatsächlich. Aber es war nicht immer so.« Ich rücke das Kissen unter meinem Kopf zurecht. »Vor ein paar Jahren war das anders, da hatte ich das Gefühl, dass mir noch tausend Möglichkeiten offenstanden. Dann hat sich alles geändert, und ich habe es nicht einmal gemerkt. Keine Ahnung …« Ich mache eine Pause. »Manchmal bin ich davon überzeugt, dass ich für etwas Größeres geschaffen bin, und manchmal würde es mir schon reichen, wenn ich für etwas Kleineres bestimmt wäre.«
    Emily scheint ein Gedanke in den Sinn zu kommen.
    »Hast du nie daran gedacht aufzuhören?«
    »Um dann was zu tun?«
    »Wie, um dann was zu tun? Um irgendetwas zu tun, das dir gefällt. Jimmy kann ich schon irgendwie verstehen. Aber du hast doch die Möglichkeit zu wechseln, wenn du unzufrieden bist.«
    »So einfach ist das nicht, das habe ich doch schon gesagt. In der Kanzlei – in meinem Zoo, wenn du so willst – zahlen sie gut. Ich genieße Anerkennung und komme beruflich weiter. Das ist immerhin etwas Konkretes. Und wechseln …« Ich atme tief ein. »Da wüsste ich nicht einmal, wo ich anfangen soll.«
    »Das Problem, was du hinterher tust, kannst du ja später lösen.« Emily richtet sich auf und schaut mich mit einem komischen und gleichzeitig weisen Gesichtsausdruck an. »Erst löst man das aktuelle Problem, dann denkt man an den Rest. Never trouble trouble Till trouble troubles you For if you trouble trouble You’ll only double trouble And trouble others too. «
    »Schön gesagt. Noch ein Mantra. Ich kenne nur Om namah Shivaya .«
    »Das ist ein Kinderreim oder ein Lied, keine Ahnung«, sagt sie und lässt sich aufs Bett fallen. »Man sollte sich keine Gedanken machen, bevor ein Problem nicht akut wird. Man würde seine Probleme nur verschlimmern.«
    »Mhm«, sage ich und denke nach. »Du hast Recht. Morgen sagst du den Reim aber noch einmal für mich auf, ja?«
    »Versprochen.«
    »Gute Nacht, Emily.«
    »Gute Nacht, Andrea.«
    Lange Pause.
    »Und Jimmy? Was ist aus dem geworden?«
    »Er ist durchgedreht. Man musste ihn einschläfern.«

40
    Ich schalte den Fernseher ein. Menü Music&Sound . Eine Liste von Kategorien zieht an meinen Augen vorbei, Rock , Rap , Blues , Adult Listening , New Wave , Instrumental , Techno , Speedcore , Gabber , Meeresrauschen , Waldesstimmung , arktische Stille und so weiter. Ich wähle den Titel und stelle den Ton lauter. Ta-tta-ta-ra-tà. Ta-tta-ta-ra-tà. Durchs Fenster dringt das Licht einer blanken, ultramodernen Sonne. In dem seidenen Morgenmantel, den ich im begehbaren Kleiderschrank gefunden habe und an dem ein eingeschweißtes Schild hängt – Take me with you. Just pay $ 450 –, gehe ich ins Bad. Meine Füße folgen dem Rhythmus der Blasinstrumente, die aus den großen Lautsprechern neben dem Fernsehbildschirm dröhnen.
    Start spreading the news
    I’m leaving today
    I want to be a part of it
    New York, New York …
    Noch einmal lese ich das Kärtchen, das mir Emily geschrieben hat, bevor sie verschwunden ist, um sich für die heutige Sitzung fertig zu machen: Ich wollte dich nicht wecken, wo du doch wie ein Kind schläfst. Und wie ein Walross schnarchst. ;-)
    Was denn für ein Walross? , denke ich. Sicher habe ich mich nur geräuspert. Die klimatisierte Luft schlägt mir auf die Stimme. Mit dem Walross hört die Nachricht auf. Als ich die Hand ausgestreckt und auf Emilys Seite eine leere Stelle ertastet hatte, war ich in Panik verfallen. Ich hatte mich umgedreht, mit vernebeltem Blick ins Zimmer gestarrt und mich sofort beruhigt. Emily hatte am Schreibtisch gesessen, einen Stift in der Hand und nur einen Slip am Leib. Wenige Sekunden später trug sie nicht einmal mehr den. Daran muss ich jetzt denken, als ich mich im Badezimmerspiegel betrachte, das Kinn mit Rasierschaum bedeckt, die Haare im Nacken abstehend, die Augen die eines gegrillten Fischs. Ich. Emily. Ist das wirklich

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