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Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition)

Titel: Abgekanzelt: Ein Büro-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federico Baccomo
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lächelnden Blick seiner kleinen Schwester den Ball in die dafür vorgesehene Sandgrube. Der Papa lächelt wohlwollend und lässt den Kleinen nicht spüren, dass er mehr erwartet hätte, während die Mama im Hintergrund eine Reihe von Wohltaten genießt, die nicht näher gezeigt werden.
    Ich gehe um eine Gruppe von Japanern herum, die sich vorbeugen, um ein Taxi anzuhalten. Ein großer, hagerer Schwarzer in einem blauen Zweireiher mit Goldknöpfen kommt mir entgegen. Er stützt sich auf einen Stock, den er vermutlich gar nicht bräuchte. Mit kräftiger Stimme rezitiert er Bibelstellen, und als er näher kommt, spricht er noch lauter und deutlicher. Mein Gott ist der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Das Ende der Welt ist nahe. Freitag. Freitag wird für uns alle der Tag der Abrechnung gekommen sein. Freitag. Seine riesigen Glupschaugen richten sich auf mich.
    Ich zucke mit den Achseln.
    »Ich bereue«, sage ich und stecke ein Lakritz in den Mund. »Wirklich.«
    »Nein!«, ruft er. »Bereue nicht, Bruder. Do not repent. Gott kennt keine Barmherzigkeit mit dem, der bereut. Gott kennt überhaupt keine Barmherzigkeit. Gott dürstet nach Rache.«
    Er macht einen Linksschwenk und verschwindet hinter einer Hecke. Eine Weile sehe ich noch seine Arme in der Luft herumfuchteln und höre zusammenhanglose Sätze. Do not repent. Do not repent. Das Ende der Welt. Freitag. Was haben wir überhaupt für einen Tag heute?
    Ich hatte mir den Abend anders vorgestellt.
    Am Ende der Sitzung, nachdem ich mein Bestes gegeben hatte, um Cardellinis Angriffe zu parieren, hatte ich Emily beiseitegenommen und ihr einen Vorschlag unterbreitet. Wir würden uns mit irgendeiner Ausrede von der Gruppe entfernen, würden schnell irgendwo etwas essen und dann in ein Etablissement am Meer gehen, wo laut Plakat das weltgrößte Spektakel der Parapsychologie, der Entfesselungskunst und der arabischen Magie stattfinden sollte.
    »Arabische Magie«, hatte ich wiederholt. »Weißt du, was das ist, arabische Magie? Sägen sie da ein Kamel entzwei? Das wird bestimmt lustig.«
    Emily hatte irgendetwas genuschelt. Das geht nicht, Meyon & Tolsen, tut mir leid, mach dir die Situation klar. Dann hatte sie sich mit einem Kuss verabschiedet, hatte mich gebeten, das zu verstehen, und versprochen, den ganzen morgigen Abend mir zu widmen. Ich hatte nicht lockergelassen und die Nacht gefordert. Sie hatte gelacht, hatte versucht, etwas zu sagen, war dann verstummt und hatte mich noch einmal geküsst.
    Mir war unbehaglich zumute gewesen. Den Abend auf meinem Zimmer zu verbringen, während draußen das Herz der Zukunft schlug – das hatte ich, glaube ich, in einem Hotelprospekt gelesen –, kam nicht in Frage. Was sollte ich daheim erzählen? Ich war in Dubai und habe geschlafen. Nicola würde das vielleicht noch verstehen, aber Giovannino nicht. Der würde mir das nie verzeihen.
    Ich ging zu Tiziano, der im Sitzungssaal saß und damit beschäftigt war, Papiere in Plastikhüllen zu stecken und Zettel mit dem Hinweis DO NOT TOUCH daraufzukleben. Erneut trug ich meine Pläne vor: schnell etwas essen, danach arabische Magie. Tiziano bedankte sich überschwänglich, gestand mir dann aber mit einer Miene, die zwischen Bedauern und Begeisterung schwankte, dass er seinen Abend bereits verplant habe. Er habe der Saalchefin vom Golden Breakfast Room , einer schönen Mulattin, die auch von Donato schon intensivst in Augenschein genommen worden war, ein Kärtchen zukommen lassen und sie für neun Uhr ins thailändische Restaurant des Hotels eingeladen.
    »Ich werde alles tun, um die Ehre der italienischen Flagge hochzuhalten« sagte er und legte eine Hand aufs Herz.
    Giuseppe und Donato hörten sich meinen Vorschlag gar nicht erst an.
    »Wir sind in der Wüste«, sagte Donato. »Wir haben eine nächtliche Quad-Tour gebucht. Was, Giuseppe? Ich wette, dass du dich bei der ersten oder spätestens bei der zweiten Düne überschlägst.«
    »Träum schön weiter, Donato. Ich werde dir so viel Sand zu fressen geben, dass du hinterher in der Kloschüssel Burgen bauen kannst.«
    Boraletti, Nathan oder den Ingenieur Carugato zu fragen, stand nicht zur Debatte. Donato hatte erklärt, dass wir uns ohne sein Beisein nicht mit der Gegenseite treffen dürften. Und während Emily das Risiko einer Zuwiderhandlung wert war, konnte man das von den anderen drei nicht behaupten.
    Letzter möglicher Begleiter: Cardellini.
    Ich erstickte jede Verachtung im Keim und sondierte, auch von Neugier getrieben,

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